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SCHNEEWITTCHEN

Ort: Berlin - K17

Datum: 09.10.2004

Nachdem Marianne Iser und Thomas Duda aka SCHNEEWITTCHEN in diesem Jahr schon mehrfach im Berliner BKA Theater gastierten, präsentierten sie dieses Mal ihr Programm „Messer in der Brust“ in der kleinsten Etage des K17. Ein ausverkauftes Haus hätte anders ausgesehen, aber die Stimmung war gut, und die geringe Besucherzahl von ca. 50 Leuten fiel durch die beschränkte Fläche gar nicht so sehr auf.

Der Beginn war perfekt inszeniert: Während der nur leicht bekleidete Thomas mit Makeup à la Klaus Nomi den normalen Weg aus dem Backstage hinter seine Keyboards nahm, trugen vier halbnackte kräftige Kerle einen weißen Sarg durch den Zuschauerraum auf die Bühne, dem dann Marianne in gewohnt verruchtem Styling entstieg. In Netzstrümpfen, Lackstiefeln, Petticoat, Corsage und Tiara auf dem zerzausten Haar bot sie dem Auge eine Mischung aus Lolita und Rinnsteinprinzessin. Das Ohr dagegen wurde mit einer ungeheuren Stimmvielfalt beglückt, welche von ihrem Timbre ein wenig an Nina Hagen erinnerte. Bitterböser Chansonpop vom Feinsten: da mischten sich Stücke der aktuellen Platte wie „Der Tod hat sich verliebt“, „Loch im Kopf“ oder „Ich bereue alles“ mit mir unbekannten Stücken („Das Messer in der Brust“). Weiterhin präsentierte man ein Lied namens „Linden Love“, das man extra für ein Hannoversches Tanzlokal gleichen Namens geschrieben habe und eine emotionsgeladene balladeske Fassung des Beatles-Hits „Help“.

Thomas’ virtuoses Pianospiel untermalte Mariannes Kreischen, Schreien, Stöhnen, Flüstern und ja, auch Singen. Die Ansagen grenzten teilweise fast an kleine theatralische Monologe, andererseits schaute man auch den Kontakt zum Publikum nicht. So stieg Marianne auch von der Bühne hinunter, mitten in die Besuchermenge, intonierte dabei zärtlich YVONNE CATTERFELDS „Für dich“, nur um im direkten Anschluss eine röchelnde Kotzattacke zu simulieren und so ihre Meinung zu gewisser Popmusik zum Ausdruck zu bringen. Überhaupt nahmen SCHNEEWITTCHEN auch textlich kein Blatt vor den Mund, was Textzeilen wie „Mein Geschlecht ist eine wütende Katze!“ eindrucksvoll unterstrichen. Humorvolle Hemmungslosigkeiten, die gut ankamen, aus dem Zuschauerraum ebenso humorvoll kommentiert und teilweise auch zaghaft betanzt wurden. Kaum gingen Marianne und Thomas von der Bühne wurden sie auch schon lautstark wieder zurückgeholt. Das Procedere wiederholte sich, man gab mit „Von Küssen und Bitternissen“ sowie „Du musst an dich glauben“ zwei etwas ruhigere Songs des aktuellen Albums mit auf den Heimweg und ließ ein großartig unterhaltenes und überzeugtes Publikum zurück. Schräg, schrill, SCHNEEWITTCHEN!

Copyright Fotos: Antje Wagler

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