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SERENGETI FESTIVAL 2013 – TAG 3

Ort: Schloss Holte-Stukenbrock – Am Safaripark

Datum: 21.07.2013

Für mich sollte das diesjährige Serengeti-Abenteuer erst am Sonntag beginnen und als Einstieg hatte ich die Belgier TRIGGERFINGER gewählt, die letztes Jahr mit ihrem „I follow rivers“ Cover zeitgleich zum Original von LYKKE LI ungeahnten Erfolg hatten. Die Jungs ließen zum Start ihres Gigs aber mit „I’m coming for you“, „On my knee“ und „Let it ride“ erstmal die Gitarren krachen und konnten so eine große Schar Zuhörer vor die Mainstage locken. Denen erklärte Sänger Ruben Block dann gerne den Zusammenhang zwischen Blues und Schwitzen, dabei hatten die Musiker um diese Zeit noch das Glück, im Schatten performen zu können. Das folgende „Attitude for darkness“ und das nahtlos drangehängte „My baby’s got a gun“ passte für meinen Geschmack nicht unbedingt in den Nachmittag, so etwas höre ich lieber im Club zu später Stunde. „All this dancin‘ around“ ging tausend Mal besser ins Ohr und die Zuhörerschaft ging trotz prallster Sonne gut mit. Darauf schwang sich Drummer Mario Goossens zu einem Solo auf, im Gegensatz zu seinen kollektiv schwarz gekleideten Kollegen dargeboten im pinken Anzug. Der Mann schonte nicht sein Material und praktizierte am Schluss noch einige Schreiübungen mit dem Publikum. Da kann man nur ahnen, wie ein abendfüllendes Konzert der Truppe enden könnte. Doch nach dem an ZZ TOP erinnernden Groover „First taste“ war die Spielzeit schon beinahe abgelaufen, so dass es nun Zeit wurde für „I follow rivers“, das dann von der Menge begeistert mitgesungen wurde. Mit „Is it“ verabschiedeten sich TRIGGERFINGER, die sicherlich in der Kürze der Zeit nicht ihre volle Stärke ausspielen konnten.

Setlist TRIGGERFINGER
I’m coming for you
On my knees
Let it ride
Attitude for darkness
My baby’s got a gun
All this dancin’ around
Drum solo
First taste
I follow rivers (LYKKE LI Cover)
Is it

Im Zelt ging es weiter mit der Post-Hardcore-Truppe ADEPT. Die Schweden waren nach 2011 erneut auf dem Serengeti vertreten und ihnen folgte ein überwiegend männliches und vor allen Dingen zappelwilliges Jungvolk vor die Zeltbühne, derweil Altvordere wie ich gut daran taten, dem Geschehen lieber vom Rand aus zu folgen. Ich muss gestehen, dass in dieser Mischung aus unverständlichem Rumgegrowle und melodischen Parts für mich ein Song klingt wie der andere, aber die Jungs wussten ihre Fans bei Laune zu halten. Los ging’s mit „Forever and a day“, gefolgt von „Secrets“ aus ihrem aktuellen Album „Silence the world“. Nach „The ivory tower“ aus 2011 konstatierte Sänger Robert schon reichlich kaputt zu sein, aber beim alten Song „Sound the alarm“ noch mal alles geben zu wollen. Während die Crowd lautstark eine Wall of death forderte, wechselte ich wieder meinen Standort Richtung Mainstage.

Denn dort erklangen schon die ersten Töne von KETTCAR. Die Jungs sind ja nun bereits Jahre fest im Geschäft, hatten aber jüngst eine kreative Pause angekündigt. Also nutzten viele die Gelegenheit, noch einmal KETTCARs Alltagsgeschichten live zu lauschen. Mittlerweile hatte die Sonne die Bühne erreicht, so dass sich nach dem Start mit „Deiche“ und „Kein Außen mehr“ Sänger Marcus Wiebusch erstmal eine Sonnenbrille aus dem Publikum lieh, um eben dieses überhaupt einmal vernünftig sehen zu können. Da die Sonne nun nicht mehr ganz so hoch am Himmel stand, wurde das Publikum direkt vor der Bühne auch zahlreicher und wer doch lieber im Schatten blieb, zeigte sich in jedem Fall textsicher. So wurden vor allem das festivalerprobte und von Marcus als Highlight des Sets angekündigte „Balu“ ebenso wie „Money left to burn“ von der Anhängerschaft abgefeiert. Das Set konnte man als „Best of“ bezeichnen, mit nahezu allen Singles von heute bis zurück in die Anfangstage wie am Ende mit „Ich danke der Academy“ und „Landungsbrücken“. Einmal mehr nahmen die Hamburger ihr Publikum gefühlsgeladen ans Händchen, um sie zum Sinnieren über das Leben und seine Tücken einzuladen.

Setlist KETTCAR
Deiche
Kein Außen mehr
Graceland
Balkon gegenüber
48 Stunden
Rettung
Balu
Money left to burn
Im Club
Ich danke der Academy
Landungsbrücken raus

Und wieder ging es ohne Unterbrechung im Zelt mit der Beschallung weiter. Jetzt an der Reihe: Die Finnen DISCO ENSEMBLE, quasi Serengeti-Veteranen, waren sie doch 2007 bereits mit an Bord und haben seitdem jeden Sommer Deutschlands Festivalbühnen zum Beben gebracht. Was im Wesentlichen an Sänger Miikka liegt, der den rüde runtergerotzten Punkrock jedes Mal wie ein ADHS-Zappelphilipp auf Retalinentzug zelebriert. Das war auch heuer nicht anders und bescherte DISCO ENSEMBLE ein ordentlich gefülltes Zelt. Zu Songs wie „Second soul“, „We might fall apart“, „Eartha Kitt“ oder „Headphones” ließ sich einfach super Party machen und die Müdigkeit des sonnenerfüllten Tages abschütteln. Ein Gig, der nicht nur mir riesig Spaß machte.

Wieder an der frischen Luft angekommen hatten bereits BOSSE auf der Hauptbühne ihr Set begonnen mit der Ansage, Bock auf Tanzen und Sonnenbrand zu haben. Die Gefahr war durchaus noch gegeben, denn die Sonne knallte nun gnadenlos auf die Bühne. Also begab sich Aki Bosse erst einmal für ein Tänzchen ins Publikum. Mit launigen Ansagen gespickt spielten er und seine Band sich durch die kleinen Geschichten über das Leben im Allgemeinen und die Liebe im Besonderen, wobei „Schönste Zeit“ erwartungsgemäß am Besten ankam und entsprechend lang ausgedehnt wurde. Ich gab alsbald der Verlockung eines kühlen Bieres abseits des Trubels nach und genoss den Rest des Sets als luftig-lockere Hintergrundbeschallung.

Setlist BOSSE
Kraniche
So oder so
3 Millionen
Roboterbeine
Sophie
Yipi
Schönste Zeit
Istanbul
?
Alter Strand
?

Im Zelt standen nun noch DIE ORSONS auf dem Programm und obgleich die Combo hier und da als Rettung für den deutschen Hip-Hop gehandelt wird, musste sie doch ohne meine Aufmerksamkeit auskommen. Denn vor dem Headliner wurde es Zeit, den Ausgleich des Wasserhaushalts und eine Abendmahlzeit ins Visier zu nehmen. In dem Zusammenhang ein dickes Lob an die Veranstalter, denn als Frau und mit zunehmendem Alter weiß man einen halbwegs gescheiten Toilettenwagen als Dixi-Alternative mehr als zu schätzen. In der Schlange anstehend schallte mir dann aus dem Zelt doch noch in ohrenbetäubender Lautstärke Zeilen aus „100K“, „Was labersch du?“ und „Zambo Cristall Merkaba“ sowie ein kleines Gedicht entgegen. Vielleicht schon eine Generationenfrage, aber definitiv not my cup of tea.
Gegen Hälfte der Spielzeit leerte sich dann auch das Zelt merklich, das Gros der Anwesenden wollten sich dann doch für den Headliner SEEED ein gescheites Plätzchen vor der Mainstage sichern.

Dort fiel dann auch pünktlich nach der Tagesschau der schwarze Vorhang und gab den Blick auf die Bühne frei, auf denen nun auf drei verschiedenen Ebenen die Bläser- und Percussionfraktion von SEEED Aufstellung genommen hatte. Zu einem Intro liefen dann Peter Fox, Boundsound und Dellé am vorderen Bühnenrand auf, um den Abend traditionell mit „Dancehall Caballeros“ zu eröffnen. Die Festivalgemeinde hatte sich für die Berliner noch mal so richtig angehübscht und begrüßte sie frenetisch. Die hauten mit „Molotov“, „Wonderful life“ und „Schwinger“ gleich weitere Kracher raus. Inzwischen ließ es sich in der Abendsonne prächtig aushalten und Peter Fox wurde glatt poetisch, als er die Ostwestfalen mit den Worten „Es fällt ja goldenes Licht auf Eure Häupter“ begrüßte. Weiter ging es Schlag auf Schlag ohne große Ansagen, viele Songs wurden nur kurz angespielt und nahtlos mit dem nächsten verwoben, darunter „Grosshirn“, „Release“ mit CURE-Gedenk-Hookline und „Deine Zeit“. Peter Fox, Boundsound und Dellé (inzwischen ohne Jacket) gaben dabei stimmlich wie tänzerisch alles und das Publikum konterte mit Textsicherheit, Pustefix-Orgien, in die Höhe gereckten Armen und aufblasbaren Äffchen. Die Party war also in vollem Gange als Peter Fox verkündete, jetzt ginge es aber mal so richtig los. Es folgte lang und breit „Dickes B“ zum Teil als JUSTIN TIMBERLAKEs „Sexy back“ – Remix und die Serengeti brannte. Nachdem mit dem chilligen „She got me twisted“ die Betriebstemperatur wieder etwas runtergefahren wurde, schnellte sie spätestens wieder hoch, als Peter Fox nun die SEEED-Version von „Alles neu“ ankündigte und als Special Guest dafür seine Cold-Steel Truppe die Bühne enterte. Von nun ab bekam das Publikum quasi 2 Konzerte auf einmal, denn es sollten noch weiter Fox-Titel folgen. Doch zunächst stand mit „Augenblink“ eine weitere SEEED-Hitsingle auf dem Programm, wonach zu „Goosebumps“ die Abteilung Partyspielchen auf dem Programm stand. Begeistert folgten die Fans den Anweisung nach rechts und links zu gehen, Kleidungsstücke auszuziehen und auf Kommando über dem Kopf zu kreisen, ein herrliches Bild einer vollkommen ausgelassen Meute. Danach hieß es erneut ein wenig runterkommen und die Feuerzeuge gezückt für „Walk upright“ ehe nach „Seeeds Haus“ mit „Schwarz zu blau“ ein weiterer Stadtaffenerfolg in der Interpretation von SEEED die Crowd ein weiteres Mal zum Toben brachte. Danach ging es ohne Cold-Steel mit „King Rodriguez“ und „Aufstehn!“ in die Zielgerade und was passt an einem solchen Tag besser als wenn die ganze Festivalgemeinde singt: „Heute ist es heiß, Sonne macht geil und weil das so ist scheint sie heute zum Beweis“.

Durchgeschwitzt, aber sichtlich zufrieden verließen die Berliner die Bühne, aber ohne Zugabe sollte dieser Abend natürlich nicht enden. Und während SEEED noch zum fulminanten Finale aufspielten mit „Beautiful“, „Schüttel Deinen Speck“ und schließlich auch noch „Ding“, ging hinter der Bühne der Vollmond auf. Ein wunderschönes letztes Bild als ich den Heimweg antrat, froh darüber, mir in Kürze den Staub abduschen und nach einem kurzweiligen Festivaltag in mein eigenes Bettchen fallen zu können.

Setlist Seeed
Dancehall Caballeros
Molotov
Wonderful Life
Schwinger
Waterpumpee
Grosshirn
Release
Deine Zeit
Shake baby shake
Dickes B
Music Monks
Alles neu (PETER FOX Cover)
Augenbling
Goosebumps
Walk upright
Seeeds Haus
Schwarz zu blau (PETER FOX Cover)
King Rodriguez
Aufstehn!

Beautiful
Schüttel deinen Speck (PETER FOX Cover)
Ding

So fällt unser Wochenendfazit durchweg positiv aus. Ein friedliches, ausgelassenes Festival, bei dem die allermeisten der über 30.000 Besucher sich gut auf die Hitze einzustellen wussten und vor allen die Jüngeren das erste Ferienwochenende zur großen Schoolsout-Party machten.
Einzig die Tatsache, dass wer sein Bettchen zu Hause um die Ecke hatte, pro Tag mit 5 Euro Parkgebühr zur Kasse gebeten wurde führt zu Punktabzügen, und warum gab es auf dem Gelände kein Eis zu kaufen? Aber wenn die angebotene Musikpalette 2014 stimmt, dann wird die Serengeti nicht sterben.

Copyright Fotos: Jörg Rambow

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