Ort: Düsseldorf - Philipshalle
Datum: 25.10.2006
Die “Unholy Alliance”-Tour, sozusagen das Gipfeltreffen der internationalen Metal-Elite, machte an diesem Mittwoch Abend in der Düsseldorfer Phillipshalle Station. Und die Massen strömten… Das Publikum an diesem Abend war bunt gemischt, vom 15jährigen Nachwuchs-Metaller bis hin zum 40jährigen Headbanger der ersten Stunde war so ziemlich jeder vertreten, der etwas auf härtere Klänge hielt. Vielleicht war das auch ein Grund dafür, daß die Vorbands – die traditionell bei SLAYER-Fans einen eher schwierigen Stand haben – aufs Wärmste vom Publikum aufgenommen und abgefeiert wurden.
Das galt auch für den Opener dieses Abends, THINE EYES BLEED aus Ontario, Kanada. Geboten wurde moderner Death/ Thrash Metal. Sänger Justin Wolfe ging mit einer Menge Energie zu Werke und hatte offensichtlich seinen Spaß bei der Sache. Mit Johnny Araya am Bass (ja genau, der kleine Bruder von Tom Araya) und Jeff Phillips, dem Ex-Gitarristen von KITTIE hatten die Kanadier auch zwei etwas bekanntere Namen im Line-up. Nach gut zwanzig Minuten gingen auch schon wieder die Lichter an. Solider Gig von einer spielfreudigen Band, wobei das Song-Material für meinen Geschmack stellenweise etwas zu vertrackt war. Ein wenig mehr Eingängigkeit könnte dieser Band nicht schaden. Abzüge in der B-Note gab es lediglich für den Sound, der Gesang war stellenweise unerträglich laut. Und Sänger Justin Wolfe war es auch, der erstmals den Begriff einführte, den wir die folgenden zwei Stunden gefühlte 376 Mal hören sollten: „Motherfucker!“
LAMB OF GOD hatten den zweiten Platz im Billing. Die Band aus Richmond, Virginia spielt einen Stil, der in den Medien gerne als „Nu Thrash“ bezeichnet wird. Interessanterweise ist das Major-Debüt „Sacrament“ in den eigentlich nicht besonders Metal-freundlichen U.S. of A. direkt in die Top Ten eingestiegen. Bemerkenswert für eine Band, die man nicht mal ansatzweise als Mainstream bezeichnen kann. Hier in Deutschland sind sie noch einige Stufen von diesem Mega-Erfolg entfernt, trotzdem versammelten sich vor der Bühne deutlich mehr Fans als bei THINE EYES BLEED. Daß die Jungs offensichtlich mit SLAYER als Haupteinfluß aufgewachsen sind, konnte man deutlich heraushören. Songs wie „Walk with me in hell“ oder „Blacken the cursed sun“ vom neuen Album lassen erahnen, was man von dieser Band in Zukunft noch zu erwarten hat. Ansonsten gab es auch hier die gleichen Kritikpunkte wie bei THINE EYES BLEED: der Gesang zu laut und die „Motherfucker!“ zu nervig…
Aber wer CHILDREN OF BODOM schon mal live gesehen hat – und wer Alexi Laihos Bühnenpräsenz kennt – weiß, daß zumindest die Anzahl der „Mf“ noch zu toppen war. Standard-Ansage: „Hey, you motherfuckers, we got this motherfuckin’ song from this motherfuckin’ album and I wanna see all of you motherfuckers move, you motherfuckin’ motherfuckers!” Musikalisch dagegen waren CHILDREN OF BODOM wie immer brillant, alleine die Soli vom Alexi Laiho und Keyboarder Janne Warman sorgten des öfteren für eine Maulsperre. Wobei man sich von Janne ein wenig mehr Emotionen gewünscht hätte, zuweilen wirkte der Gute doch etwas arg gelangweilt auf der Bühne. Geboten wurden in den knapp 45 Minuten Spielzeit hauptsächlich Songs der letzten beiden Alben, wobei besonders „Angels don’t kill“ hervorzuheben wäre, aber auch Titel wie „Hate me“ verfehlten ihr Ziel nicht, die Menge zum Moshen zu bringen. Die Massen gingen zu diesem Zeitpunkt sowohl in der Halle, als auch auf den Rängen gut ab. Geiler Gig, nur leider viel zu früh zu Ende!
Zum Ärgern blieb allerdings nicht viel Zeit: nach kurzer Umbaupause enterten IN FLAMES die Bühne. Die Schweden sind ohne Zweifel eine der momentan wichtigsten Metal-Bands. Nicht nur die hohen Chart-Platzierungen, sondern auch die Hingabe der Fans durch alle Altersgruppen hinweg bewiesen, daß IN FLAMES die Band der Stunde sind. Frontmann Anders Friden kann man mittlerweile auch guten Gewissens als „Frontmann“ bezeichnen. Vorbei sind die Zeiten, in denen er eher schüchtern am Bühnenrand stand und, wie es schien, eher für sich selbst als für die Fans gesungen hat. Es ist unglaublich, wie viele Hits die Skandinavier mittlerweile verzapft haben: „Cloud connected“, „Pinball map“, „Trigger“ und allen voran „Only for the weak“. Aber auch ältere Titel wie „Behind space“ vom 1994er Album „Lunar Strain“ kamen zum Zuge. Aber DER Song für die Rezensentin war wohl „Come clarity“, der Titelsong des aktuellen Albums. Wenn ich nicht soooo hart wäre, hätte ich um ein Haar losgeheult, weil es so dermaßen an’s Herz ging… 😉 Auch Anders Friden zeigte sich sichtlich berührt von den Reaktionen, die ihm entgegen gebracht wurden: „You don’t have a clue what this means to us!“ Oh doch, Anders, anhand deiner Mimik konnte man in etwa vermuten, was dieser Gig und diese Tour für euch bedeuten. Was die Bühnenshow anbelangte, mußte die Band ohne die für sie typischen Pyros auskommen. Aber wen interessiert’s, wenn die Musik stimmt?! Und die paßte jeden Song, jeden Takt, jede Sekunde! Einziges Manko: Der Gesang war häufig zu leise. Dafür war es sehr erholsam, nach gut 3 Stunden endlich mal keine „motherfucker“ mehr um die Ohren gehauen zu bekommen.
Und obwohl die Menge zu diesem Zeitpunkt schon (fast) alles gegeben hatte, war immer noch eine Steigerung möglich: SLAYER sorgten dann auch erwartungsgemäß für den Höhepunkt des Abends. Das Schlagzeug war leicht erhöht auf einem Podest postiert, so daß man Drum-Gott Dave Lombardo bei seinem Tun auch ausreichend bewundern konnte. Ich habe SLAYER zwar in den letzten Jahren schon häufiger gesehen, aber ohne Lombardo hat definitiv was gefehlt. Dies dürfte so ziemlich jedem Fan an diesem Abend klar geworden sein. Losgelegt wurde mit „Disciple“ vom „God hates us all“-Album. Was darauf folgte, war ein guter Querschnitt durch die letzten 20 Jahre Slayer-Historie. Bedauerlicherweise spielte die Band von den ersten beiden Alben nicht einen Song, dafür wurde das neue Album „Christ Illusion“ mit gleich drei Songs gefeatured. Kracher wie „War ensemble“, „Dead skin mask“, „Hell awaits“, „South of heaven“, „Angel of death“ und “Raining blood” werden aber auch in 20 Jahren noch zum absolute Besten gehören, was der Metal jemals hervorgebracht hat. If you don’t like Slayer, you don’t like metal! So einfach ist das! Der Sound war, wie auch schon bei den vorherigen Bands, glasklar und gut ausgesteuert. Allein der Gesang hätte etwas lauter sein dürfen. Und was den Gitarrensound anbelangte: Je nachdem, an welcher Seite man stand, konnte man ENTWEDER Jeff Hannemann ODER Kerry King hören… Tom Araya zeigte sich für seine Verhältnisse extrem gesprächig, so gab er an diesem Abend ca. 5-6 Sätze zum Besten. Aber SLAYER gehen auch nicht auf die Bühne, um Witze zu erzählen. Und wer erwartet hier schon Interaktion zwischen den Band-Mitgliedern oder gar mit dem Publikum?? Eine Band wie SLAYER hat auf der Bühne zu stehen, die Hits rauszuhauen und böse auszusehen. Etwas böse sah allerdings auch ein Großteil der Fans aus, nachdem sich die Band nach nur 68 Minuten ohne Zugabe verabschiedete…
Insgesamt dennoch ein großartiger Abend mit Bands, bei denen jede einzelne es wert gewesen wäre, sie als Headliner zu sehen – womit auch der Ticket-Preis von 47,- Euro gerechtfertigt wäre.
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