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STONEROCK FESTIVAL 2007

Ort: Bad Bentheim - Am Freibad

Datum: 14.07.2007

Die Grafschafter scheinen einen guten Draht zum Wettergott zu haben: Passend zum Festivalwochenende am Bentheimer Freibad, stellte sich der Sommer ein, so dass bereits am Freitag der Schlagerabend mit BERNHARD BRINK, einem ANDREA-BERG-Double (!) und einer Party-Band bei lauen Temperaturen gefeiert werden konnte. Ungleich heißer wurde der StoneRock-Samstag, der uns mit so illustren Namen wie BLACKMAIL, FIDDLER’S GREEN, FOTOS und LOST ALONE in die Nähe der holländischen Grenze gelockt hatte. Komplettiert wurde das Line Up mit regionalen Bands, dem Gewinner eines Schülerband Contests und den aus Köln angereisten HELICOPTER.

Beim Festivalstart am frühen Nachmittag waren wir leider noch nicht mit dabei, doch durften wir kurz vor Fünf Zeuge werden, wie die Lokalmatadoren OLISBOS die Bühne in blau-gelben Trainingsanzügen und passenden Schutzhelmen die Bühne zu einem „Viva la Revolucion-Intro“ enterten. Offensichtlich verfügt das Quintett, das bereits beim ersten StoneRock 2005 dabei war, über eine ganz stattliche Fanbase, welche zu den kraftvollen Rocksongs mit leichtem Punk-Einschlag gleich gut abging. Möglicherweise trugen auch die Abbildungen von blanken Busen, die die Drums von Hen-R Horny zierten, dazu bei, dass die Stimmung recht ausgelassen war. Sänger El Pruben sprach während des Gigs gern dem Jägermeister zu und konstatierte allerlei wirres Zeug, was in direktem Zusammenhang zum Hörnerwiskey stehen könnte. Wer den Plan verfolgt, die Weltherrschaft an sich zu reißen, Delfinen, die auf der Flucht vor Haien sind, Unterschlupf gewährt und HEINO zum Vorbild erwählt hat, von dem erwartet man allerdings auch nichts anderes. Zwischendurch wurde der Fünfer noch von einem sechsten Mann unterstützt, der wahlweise zu den Drumsticks einer zweiten Schießbude griff oder Gitarrensaiten bearbeitete. Zu Soundtrackklängen des Films „Amelie“ verabschiedeten sich die selbsternannten OLISBOS-Soldiers, nachdem sie uns eine temperamentvolle halbe Stunde geschenkt hatten.

Ein weniger auffälliges Outfit als ihre Vorgänger nannten die HELICOPTER ihr eigen. Das Quartett war komplett in schwarz gekleidet, zeigte sich aber keineswegs in Trauerstimmung. Stattdessen wurde deutschsprachiger Indie-Rock mit starken Gitarren geboten. Anfangs war es vor der Stage noch ziemlich übersichtlich, was sich jedoch bald änderte. Schon der Opener „Wo wir die Ersten waren“ lockte zum Tanzen und Zuhören, so dass nach „Silberrücken“ beim folgenden „Kilometer“ schon ein 5-Personen-Mini-Moshpit gebildet wurde. „Die Welten“ gab Gelegenheit, kurz durchzuatmen, dann durfte zu „Du läufst los“ wieder mitgesungen werden. Der Song schien hier und dort auch bekannt zu sein, waren HELICOPTER doch in der Vergangenheit auch schon in Bad Bentheim zu Gast und hatten den Merksatz “Wenn Holland nicht wär, wär Bad Bentheim am Meer“ gelernt. Noch unbekannt, weil neu, war das letzte Stück mit dem möglicherweise bei KETTCAR ausgeliehenen Titel „Mit euren Katzen die Tauben von den Dächern“. Eine musikalische Verwandtschaft zu den Hamburgern ist jedenfalls nicht von der Hand zu weisen und der frische, knackige Gitarren-Sound der Wahl-Domstädter absolut hörenswert.

Die folgende Umbaupause nutzten wir zur Nahrungsaufnahme, die ebenso wie der Ausgleich von Flüssigkeitsverlusten zu fairen Preisen durchgezogen werden konnte. Auch der Eintrittspreis von EUR 12 im VVK bzw. EUR 15 an der Tageskasse bot keinen Grund zum Meckern. Möglich gemacht haben dies die Konzertalternative „Alternation“ und das unabhängige Jugendhaus Bad Bentheim, die für einen reibungslosen und sehr professionellen Ablauf sorgten und fleißig Spenden und das Wohlwollen der Stadtverwaltung gesammelt hatten. Eine reife Leistung, wenn man bedenkt, dass ein Großteil der Organisation von Schülern gestemmt wurde. Nachdem wir gut gestärkt zur Bühne zurückgekehrt waren, beschlich uns kurz das schlechte Gewissen, ob wir den Jungs von LOST ALONE womöglich was weggegessen haben könnten. Die drei Briten aus Osnabrücks Partnerstadt Derby wirkten mal wieder so verhungert, dass man ihnen am liebsten schnell ne Pommes holen wollte, damit sie beim Gig nicht umkippten. Zumal die Herrschaften, die offensichtlich mehr Kohle für schwarze Haarfarbe als fürs Essen ausgeben, auf der Bühne wie Derwische agierten. Auch am Bentheimer Freibad sollte dies nicht anders sein, so dass sich Sänger und Gitarrist Steven Battelle gleich zu Beginn mit „Genevieve“ die Lunge aus dem mageren Leib schrie. Belohnt wurde sein Einsatz mit heftigem Klatschen und vielen Zuhörern, das sehr geile „Unleash The Sands of All Time“ wurde ebenso wild abgetanzt wie „Elysium“. Doch nicht nur Songs vom aktuellen Debütalbum „Say No To The World“ hatten LOST ALONE dabei, zwischenzeitlich sind auch neue Songs wie das flotte „Escape“ und „History“ fertig geworden, die ebenfalls zu Gehör gebracht wurden. „Music And Warm Bodies“ bescherte uns den ersten Crowd Surfer des Tages, bevor mit „Ethereal“ einen Gang runtergeschaltet wurde. „Our Bodies Will Never Be Found“ widmete Steven QUEEN-Mitbegründer Brian May, der am 19. Juli 60 Jahre alt wird und mit QUEEN neben den BEACH BOYS, WEEZER, PINK FLOYD, LED ZEPPELIN, den PIXIES und IRON MAIDEN zu den wichtigsten musikalischen Einflüssen des Trios zählt. Die Singleauskopplung „Blood Is Sharp“ schien den Bentheimern bereits einigermaßen bekannt und wurde kräftig mitgesungen, bevor es mit „Standing In The Ruins of A Beautiful Empire“ in der letzten Runde noch mal richtig zur Sache ging. Ein Gitarren-Inferno beendete den regulären Part, die Engländer wurden jedoch lautstark zu einer Zugabe aufgefordert, ließen sich auch nicht lang bitten und legten mit „Silence“ noch einmal nach. Ich denke, von LOST ALONE könnten wir auch in Zukunft noch ne Menge hören, insofern sie nicht vorher verhungert sind, aber sieben Biere ersetzen ja auch eine Mahlzeit.

Mit ihrer Debütscheibe sind auch FOTOS unterwegs, allerdings scheinen die Hamburger und Kölner noch nicht den gleichen Bekanntheitsgrad wie LOST ALONE erreicht zu haben. Die Lücken vor der Bühne schlossen sich aber schnell und zu „Glücklich eigentlich“ wurden FOTOS schon von den Zuschauern durch rhythmisches Klatschen unterstützt, während „Viele“ ein Massenhüpfen am Freibad verursachte, gefolgt von „Komm zurück“ und „Du löst Dich auf“, die ebenfalls eifrig betanzt wurden. „So fremd“ gab’s diesmal mit Bass-Solo in einer Punk-Version und „Giganten“ wurde erstmals in der Bandgeschichte von einem zufällig vorbeiziehenden Heißluftballon begleitet. Das Publikum belohnte den wirklich fantastischen Song mit frenetischem Beifall und feierte ihn ebenso ab wie die FOTOS-Version des DEICHKIND-Sommerhits „Remmidemmi (Yippie Yippie Yeah), mit dem nach einer guten Stunde Schluss war. Schade eigentlich, denn die junge, wilde und leidenschaftliche Musik macht einfach Spaß und kommt besonders live voller Energie und Spielfreude rüber.

Als nächstes stand mit BLACKMAIL der Headliner des heutigen Abends auf dem Billing. Wie sich herausstellen sollte, war es eine schlaue Entscheidung der Koblenzer, nicht als letzte zu spielen, doch dazu später mehr. Erst einmal mussten wir eine längere Umbaupause abwarten, an der technische Probleme Schuld waren. Langsam senkte sich die Dämmerung über das Festivalgelände und nach der Verkündigung der Gewinner einer Verlosung, die anlässlich des Festivals stattfand, startete der Fünfer gegen 22.25 Uhr durch. Mitgebracht hatten sie zwölf Songs ihrer letzten drei Alben, denen gute eintausend Zuschauer gelauscht haben dürften. Zu einem Bläserintro und in Nebelschwaden getaucht betraten Sänger Aydo Abay uns seine Mannen den Ort des Geschehens und ließen es ordentlich krachen. Die Indie-Rocker bedienten sich auch Stoner- und Prog-Rock-Elemente, so dass ein wirklich fetter Sound entstand, der alle Anwesenden in ihren Bann zog. Egal, ob das eher ruhige Evon“ oder das sehr druckvolle „Same Sane“, es wurde von Beginn an auch in den hinteren Reihen eifrig gegangen und jeder Song abgefeiert. Beim angenehm jauligen „Away With The Fairies“ versprach Aydo Brötchen für alle, da der Titel zum 1000. Mal gespielt worden sein sollte. Bier für alle wäre dem Auditorium wahrscheinlich lieber gewesen… Allerdings war für Backwaren eh keine Zeit, stattdessen gab’s noch ein Lob für das DEICHKIND-Cover von FOTOS und den Hinweis, dass BLACKMAIL bereits zum dritten Mal in Bad Bentheim gastierten, dann wechselten sich bei „Amelia“ ruhige und sehr rockende Passagen unter der Herrschaft von Keys und Gitarren ab. Weite Teile wurden sehr gelungen instrumental vorgetragen, wir wollen hoffen, dass dies nicht daran lag, dass Herrn Abay die Texte nicht mehr einfielen. Immerhin musste er gestehen, bereits total besoffen zu sein, möglicherweise hat er aus diesem Grund auch den für den Ausschank des Gerstensaftes verantwortliche Bierverkäufern vor Ort den Titel „Ken I Die“ gewidmet. Auch die Tatsache, dass er auf der gleichen Bühne wie BERNHARD BRINK stand, scheint den BLACKMAIL-Fronter stark beeindruckt zu haben, der im Anschluss einen Organisator auf die Stage holte und ein Erinnerungsfoto von Band und Publikum machen ließ. Zu „Soulblind“ erfüllte sich dann noch der Bierwunsch eines Gastes, nachdem sich alle etwas wünschen durften, weil Aydo einer Sternschnuppe ansichtig geworden war. „It Could Be Yours“ wurde mit allerlei Singspielchen mit den Anwesenden garniert, dann rückte mit „Friend“ bereits der letzte Song näher, der jedoch ausgiebig zelebriert wurde. Bis 23.40 Uhr wurde im Stil von PINK FLOYD, LED ZEPPELIN und JIMI HENDRIX gerockt und improvisiert, es war wirklich eine Freude den Koblenzern zuzuhören. Sind die Songs als Konserve schon absolut hörenswert, legen BLACKMAIL live noch ne Schippe drauf und geben dem Ganzen noch einen Tacken mehr Drive.

Nun war allerdings Eile geboten, denn um 1.00 Uhr musste am Freibad Ruhe herrschen, damit die Nachbarn nicht in ihrem Schlaf gestört wurden. Dabei sind FIDDLER’S GREEN doch dafür bekannt, dass ihre Konzerte gern mal die zwei Stunden-Grenze knacken. Also zügig das Schottenkaro-Backdrop angebracht, die Instrumente gestimmt und ab ging die Post. Wie üblich, kam zuerst der „Widdermann“, bevor das sympathische Sextett aus Franken, mit dem wir uns in Teilen ungezwungen beim Essen unterhalten konnten, das Zepter übernahm. Inzwischen war es bereits nach Mitternacht und deutlich leerer, was wohl daran lag, dass die Minderjährigen nach Hause geschickt worden waren. Schade eigentlich, aber es ist natürlich klar, dass gerade eine Jugendeinrichtung als Veranstalter auf die Einhaltung der diesbezüglich Bestimmungen achten muss. Die verbliebenen Grafschafter wurden umgehend mit dem FIDDLER’S-Virus infiziert und eine schweißtreibende Speed-Folk-Party nahm ihren Lauf. Auch wenn „Haughs of Cromdale“ zu den ruhigeren Titeln der Erlanger zählt, wurde trotzdem wild gehüpft und getanzt. Es folgte ein Track der aktuellen Scheibe „Drive Me Mad“ aus der Feder von Teufelsgeiger Tobias Heindl namens „Rollin’“, zu dem Tobias auch sang und ein flottes Fidelsolo hinlegte. Auch „Lukey“ stammte von diesem zwölften Silberling. Sänger Ralf „Albi“ Albers nahm hierzu eine Bouzouki zur Hand, um gleich mit einem weiteren neuen Titel weiterzumachen. Die sonst üblichen Ansagen und Erklärungen mussten aufgrund des Zeitproblems leider extrem reduziert werden, das schmeckte auch der Band unübersehbar nicht, entsprechend Albis Empfehlung, am Merch-Stand eine FIDDLER’S GREEN-Live-DVD zu kaufen, wenn man ein komplettes Konzert sehen wolle. Für den Klassiker „Rocky Road To Dublin“, der seit 17 Jahren zum Repertoire gehört, fiel die Einführung in die Aufgaben des Publikums deshalb sehr minimalistisch aus, das Mitsingen klappte aber auch so hervorragend und das vom Widdermann auf die Bühne getragene Deko-Schaf erregte derart die Aufmerksamkeit des LOST ALONE-Drummers Mark Gibson, das dieser mit einem entspannten Lächeln auf dem Gesicht noch drei Schritte näher an den Bühnenrand trat und aufmerksam der deutschen Antwort auf den Irish Folk lauschte. Für das folgende „Long Gone“ zeichnete Akkordeonist Stefan Klug verantwortlich. Was sich wie ein Liebeslied anhörte, war zwar gar keins, dieser Umstand machte es aber nicht weniger gefühlvoll. Mit „All These Feelings“ drückten die FIDDLERs in zweifacher Hinsicht noch mal auf die Tube, da die Zeiger der Uhr unerbittlich Richtung Deadline vorrückten. Hastig wurde entschieden, das extrem irische „Paddy Murphy“ und „Girls Along the Road“ als letztes zu spielen, da war’s auch schon 1.05 Uhr und sichtlich ungern verabschiedeten sich FIDDLER’S GREEN von ihrem Publikum, das ebenfalls lange noch nicht genug hatte. Trotz Polizei vor der Tür entschied Organisator Holger Berg, der auch das Jugendhaus leitet, dass eine Zugabe noch drin war, schließlich fehlte noch DIE FG-Hymne „Blarney Roses“, zu der sechs Fans auf die Stage geholt wurden, die eifrig mittanzen und –singen durften, bevor das dritte StoneRock-Festival der Neuzeit (in ferner Vergangenheit gab es das Festival wohl schon einmal in Bad Bentheim) zumindest für uns Gäste Geschichte war.

Für die vielen fleißigen Helfer stand naturgemäß noch jede Menge Aufräumarbeit an, aber mit der schönen Gewissheit, ein wirklich rundum gelungenes Musikereignis auf die Beine gestellt zu haben. Auch den Musikern selbst schien die Atmosphäre vor Ort gefallen zu haben. Immer wieder sah man sie ebenfalls den Kollegen lauschend auf dem Gelände und auch für Autogramme und gemeinsame Fotos mit ihren Fans nahmen sich die Künstler Zeit. Die von Jahr zu Jahr gestiegenen Zuschauerzahlen zeigen zusätzlich den verdienten Zuspruch und nicht zuletzt bei der Bandauswahl haben die Verantwortlichen ein glückliches Händchen bewiesen. Jetzt sind allerdings die grünen Daumen der Mitarbeiter des städtischen Bauhofes gefragt, die den Rasen, der sich im Laufe des Tages mehr und mehr in einen Acker verwandelte, wieder aufpäppeln müssen. Aber das wird schon – bis zum nächsten Jahr beim StoneRock 2008!

Setlist OLISBOS
Intro
Western
Lady
I Am 11/2
UN
Outronoo
Earth
Outro

Setlist LOST ALONE
Genevieve
Lost Alone
Unleash The Sands of All Time
Elysium
Escape
Music And Warm Bodies
Ethereal
Our Bodies Will Never Be Found
History
Blood Is Sharp
Standing In The Ruins of A Beautiful Empire

Silence

Setlist FOTOS
Wiederhole deinen Rhythmus
Glücklich eigentlich
Komm zurück
Ich bin für dich da
Es reißt uns auseinander
Viele
Du löst dich auf
So fremd
Giganten
Remmidemmi (Yippie Yippie Yeah)-Cover

Setlist BLACKMAIL
Couldn’t Care Less
Evon
Same Sane
Away With The Fairies
Today
Amelia
Moonpigs
Everyone Safe
Ken I Die
Soulblind
It Could Be Yours
Friend

Setlist FIDDLER’S GREEN
Irish Air
Folk’S Not Dead
Market Day
Haughs of Cromdale
Rollin
Lukey
Salonika
Rocky Road To Dublin
Long Gone
All These Feelings
Paddy Murphy
Girls Along the Road

Blarney Roses

Copyright Fotos: Karsten Thurau

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