Ort: Dinkelsbühl
Datum: 18.08.2006
Aus dem Schwedenlande kommt der Tages Opener APOSTASY. Und weil sie aus dem Nordischen stammen, haben auch sie sich ganz dem Schwarzmetall verschrieben. Sie erinnerten an DIMMU BORGIR, wobei sie aber eine ordentliche Portion eigene Inspiration in ihre Songs packten! Das zog nun auch die ersten Zuhörer aus dem Zelt vor die Mainstage und hier und dort bangte schon ein Kopf. Eine gelungene Deutschlandpremiere für diese jungen schwedischen Musiker.
Göttlicher Schwachsinn vom Leinestrand! Die Hannoveraner EXCREMENTORY GRINDFUCKERS ziehen so ziemlich alles durch den Kakao, was in den letzten Jahrzehnten an deutschem und internationalem Pop-Hochs, -Tiefs und -Schwachsinn unters Volk gebracht wurde. So wurden Titel wie „Weine nicht wenn Dein Köter stirbt“, „Ein bisschen Grind muss sein“ oder „Im Graben vor mir“ zum Besten gegeben. Dies alles im Style von KNORKATOR oder vielleicht ONKEL TOM, aber mit einer gehörigen Portion „Grind“. Vor der Bühne feierten ihre Fans und die Grabensecurity musste sogar schon die ersten Crowdsurfer von den Köpfen der Zuschauer fischen.
Die nächste Ladung Grind gab’s mit den explosiven LENG TCH’E. LENG TCH’E prügelten ihren satten Grindcore ebenso brutal wie präzise in die Gehörgänge. Rein optisch waren die Belgier ein wahres Durcheinander. Sänger Boris war kahlgeschoren, trug ein weißes Muscle-Shirt und eine fette Goldkette und der Gitarrist zum stylishen MASTODON-Shirt ausladende Baggypants, Skatersneaker und Käppi. Aus diesem musikalischen und optischen Vielerlei schaffte es die Band aber auf fesselnde Weise, ein faszinierendes und vor allem mächtig fettes Ganzes zu schmieden.
Die aus Berlin stammenden THE OCEAN setzten auf klassischen Metal und erzeugten einen mächtigen, fast bombastischen Sound. Mit zwei Schlagzeugern schufen sie ein fettes Rhythmus-Grundgerüst. Dem Programmheft konnte man entnehmen, dass normalerweise sogar drei Gitarristen live für den nötigen Druck sorgen. Zum Summer Breeze sind THE OCEAN jedoch nur mit zweien angereist. Trotzdem gaben die sechs Jungs ordentlich Vollgas und begeisterten das nun immer munterer werdende Publikum.
Die sympathischen Norweger von TRAIL OF TEARS enterten nun die Bretter der Mainstage. Erstmals ohne weibliche Stimme gaben sich nun zwei männliche Sänger die Ehre: Ronny Thorsen war fürs „Grobe“ zuständig, während die melodische Stimme von Kjetil Nordhus für Gänsehaut sorgte. Perfekt untermalt wurde der Gesang von Kjetil Nordhus durch sehr gut arrangierte, atmosphärische Syntie-Samples. Trotz der schlechten Witterungsbedingungen – es wurde windig und vor allem sank das Thermometer auf 12°C – war eine recht beachtliche Zuhörerschar vor der Bühne versammelt. Mit Ihrem Hit „Cold Hand of Retribution“ beendeten TRAIL OF TEARS ihren insgesamt sehr ansprechenden Auftritt.
Nun waren FRAGMENTS OF UNBECOMING an der Reihe. Es gab mal eine Zeit, zu der die Band als absoluter Geheimtipp gehandelt wurde. Von Geheimtipp konnte allerdings heute keine Rede mehr sein. Das Quartett heizte den Anwesenden auch gleich mit ihrer Mixtur aus melodischem Schweden-Death Metal und brutalstem Florida-Geballer mächtig ein. Aber auch schleppende Midtempo-Passagen und filigrane Melodien waren in ihren Songs auszumachen. Bei den Zuhörern kamen sie sehr gut an und in den ersten Reihen sangen etliche alle Texte lauthals mit.
Einst begab es sich, dass ein vom jahrzehntelangen Rock ’n‘ Roll-Lifestyle gelangweilter Schlagwerker beschloss, seine äußerst erfolgreiche Bandinstitution THE INCHTABOKATABLES pausieren zu lassen, um in der Abgeschiedenheit eines halb verfallenen Klosters zu neuer schöpferischer Potenz und frischer Lebensfreude zu gelangen. Die Bruderschaft nahm ihn mit offenen Armen auf, denn auch ihnen stand die Einführung der Musik in den Orden bestens zu Gesicht. So spielten sich Titus Jany, der sich fortan Bruder Liebe nannte und die geliebte braune Kutte nie mehr ablegte, und seine Mit-Mönche in einen wahren Wahn, um mit betörend klingenden, musikalischen Bildern und subtil humorvollen, mitunter herrlich zotigen Traktaten den Menschen ein Feld aus purer Freude und moralischer Erbauung zu bereiten. Die Gruppe POTENTIA AMINI ward geboren! Keiner, der ihren Auftritt beim diesjährigen Breeze erlebt hat, wird die Band so schnell vergessen. Die vier Herren mit der “Kraft der Seele“ (was der Bandname wörtlich übersetzt bedeutet) kamen als Glaubensbrüder im Auftrag des „Herrn“ aufs Festival und schmetterten nach jedem Song ein „Halleluja“ in die Meute. Mit ihrer fröhlichen Natur und allerlei treffenden Scherzen unter der Gürtellinie hatten sie das Publikum schnell auf ihrer Seite. Ein Song wurde auf dem bekannten Riff von AC/DCs „Thunderstruck“ aufgebaut und nachdem sie zum ersten Mal von der Bühne gingen, gab’s so massive Zugaberufe, dass sie dem Volk mit „Ewigkeit“ noch einen Nachschlag gaben.
Die Melodic Death Metal-Band SCAR SYMMETRY war nun an der Reihe, ihren Fans so richtig einzuheizen. Das gelang ihnen auch ziemlich gut. Durch atemberaubendes Gekreische, aber auch durch melodischen Gesang machte der charismatische Sänger Christian Älvestam gleich auf sich aufmerksam. Bei der Songauswahl konzentrierte sich die Band hauptsächlich auf Songs von ihrem aktuellen „Pitch Black Progress“-Album und baute nur zwei Songs des 2005er Debüts „Symmetric In Design“ ein.
Nun wurde es mit REBELLION Zeit für guten deutschen Metal. Erstaunlicherweise fanden sich nicht viele Zuhörer vor der Bühne ein – und das, obwohl mit Uwe Lulis und Tomi Göttlich zwei Urgesteine der deutschen Metal-Szene auf der Bühne standen, die beide aus der Power Metal Band GRAVE DIGGER bekannt sind. Wie schon bei GRAVE DIGGER ließ sich auch bei REBELLION ein Konzept heraushören, welches die Geschichte der Wikinger erzählte. Saubere Riffs wechselten mit einprägsamen Gesangslinien. Einzig das Outfit von Sänger Michael Seifert passte nicht so recht ins Gesamtbild.
Die nächste Band war die Death Metal Truppe ONE MAN ARMY & THE UNDEAD QUARTET aus Schweden. Gewaltig und mit mächtigem Druck schmetterten sie Ihre Songs ins Publikum. Sie randalierten, tobten, rebellierten und rissen alles mit, was nicht schnell genug auf die Bäume kam. Äußert bewegungsfreudig bretterten sie die Songs ihres Debütalbums „21st Century Killing Machine“ herunter. Genauso bewegungsfreudig waren auch die Zuhörer und so haben die Skandinavier bestimmt den einen oder anderen Fan dazu gewonnen!
Mit EXILIA enterte nun eine Band die Mainstage, die nicht so recht zum übrigen Line Up passte. Das ist aber gerade auch das, was das Summer Breeze ausmacht: Bands, die man zunächst nicht im Line Up des Breeze vermuten würde, haben hier eine lange Tradition. Mit ihrem Mix aus Nu-Metal und Crossover rockten die gebürtigen Italiener um Sängerin Masha was das Zeug hielt und hatten so leichtes Spiel mit dem Publikum. Energiegeladen rannte Masha über die Bühne und brüllte sich die Seele aus dem Leib. Natürlich fehlten weder die bekannten Hits wie „Stop Playing God“ noch die aktuellen Tracks von ihrem Ende Juli erschienen „Nobody Excluded“-Album. Beim letzten Song „Kill Me“ gab es im Publikum kein Halten mehr und mehrere hundert Zuhörer sprangen mit Masha um die Wette.
Verrückte Folk-Metaller, die in Pelzen auf der Bühne herumspringen? Das kann es nur in Finnland geben. Richtig! Daher stammen auch TURISAS, die nun die Painstage unsicher machten. Verpackt in Felle und beschmiert mit blutroter Farbe sah die Truppe aus, als käme sie gerade aus einer saftigen urzeitlichen Schlacht zurück. Auch die Instrumente waren etwas anders als man das von einer Metal Band gewöhnt ist. Mit Keyboard, Violine und Akkordeon entstand so aber der TURISAS typische Sound. Eine Mischung aus Metal mit finnischen Folklore-Einflüssen plus ein wenig Humpta ist wohl ganz zutreffend. Und so legten die Jungs auch gleich richtig los und Frontmann Warlord Nygård hatte leichtes Spiel mit dem Publikum, welches ihre Helden euphorisch feierten.
Mit dem Song „Leaves Scar“ von ihrem neuen Album „Eclipse“ starteten die Finnen ARMORHIS ihr Summer Breeze Set. Weiter ging es mit altem sowie neuem Material. Unter anderem wurden „Against Windows“ und „Into Hiding“ sowie das ruhigere Stück „Divinity“, zum Besten gegeben. Tomi Joutsen, neuer Frontmann bei AMORPHIS, konnte dann auch gleich seine Live-Qualitäten unter Beweis stellen. Überzeugend war seine Gesangsleistung sowohl bei den ruhigen Stücken als auch bei den schnellen Krachern. Auch die Setlist unterstrich die Vielseitigkeit von AMORPHIS, die von Folk-, Death- und Prog-Metal bis hin zu klassischem Midtempo-Heavy Metal reichte. Das wurde auch von den Fans mit heftigem Applaus belohnt und so gab es zum Abschied den Hit „Black Winter Day“, auf den alle gehofft hatten. Ein rundum überzeugender Auftritt, der leider wieder mal viel zu kurz war.
Man darf die Thüringer Metalcore Band HEAVEN SHALL BURN nicht mehr nur zu den Hopefuls aus dem eigenen Land zählen, denn wer ein solches Feuerwerk an derben und heftigen Songs abliefert, wie es dieses Quintett live tut, der muss einfach in die Erste Klasse eingeordnet werden. Man stelle sich vor, ein schwedischer LKW, ein Schlitten aus der Bronx und der MACHINE HEAD-Tourbus stoßen an einer Straßenkreuzung in einem Winkel von 6,66 Grad zusammen (Zitat Pressetext) – das Ergebnis? Ein extrem dicker Haufen Metal! So auch beim Summer Breeze Gig. Schon der Opener „The Weapon They Fear“ schlug beim Publikum direkt wie eine Bombe ein. Sofort bildeten sich gleich mehrere Moshpits, die das komplette Set über bestehen blieben. Völlig aus dem Häuschen gerieten sowohl Band als auch Publikum bei dem brandneuen Track „Counterweigth“ vom bald erscheinenden neuen Album „Deaf To Our Prayers“.
Es dämmerte schon, als MORBID ANGEL in klassischer Besetzung mit Fronter David Vincent auf der Mainstage erschienen. Eine nebelverhangene, in orange-rotes Licht getauchte Bühne sorgte für die perfekte Stimmung der Todesmetaller, die Songs ihrer ersten vier Alben zum Besten gaben und ein ganz besonderes Feeling in das riesig angewachsene Headbanger-Volk brachten. Denn auch nach über 20 Jahren im Geschäft haben sie kein bisschen von ihrer Power verloren. Klassiker wie „Rapture“, „Maze Of Torment“ oder „Fall From Grace“ wurden heftig vom Publikum gefeiert. Der Höhepunkt ihrer Show war sicherlich der Hit „Where The Slime Live“ und das beklemmende „God of Emptiness“. Zurecht wurden MORBID ANGEL zum heimlichen Headliner erklärt!
LIV KRISTINE, die charismatische Sängerin mit der einzigartig verführerischen Stimme, kündigte für 2005 das Comeback ihres Pop-Projektes an. Gemeinsam mit LEAVES’ EYES feierte sie weltweit große Erfolge, bei ihrer ehemaligen Band THEATRE OF TRAGEDY stand ihr Sopran-Gesang stets im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, und als Solo-Künstlerin verzaubert LIV KRISTINE mit Pop-Musik ihrer eigenen Marke. So auch beim diesjährigem Summer Breeze Festival. Es war schon dunkel geworden, als die Painstage in strahlend rotes Licht getaucht wurde und die hübsche Sängerin die Bühne betrat. Mit ihrem gefühlvollen Mix aus Pop und Rock verzauberte sie schon mit den ersten Tönen ihr Publikum. Extra für das Summer Breeze hatte sich Liv ein vierköpfiges Streicher-Quartett eingeladen und einen weiteren Gitarristen auf die Bühne geholt. So war es ein sehr gelungener Auftritt der norwegischen Ausnahme-Frau.
LACRIMOSA dürfte wohl die umstrittenste Band des diesjährigem Summer Breeze Line Ups gewesen sein. Gothic-Bands sind seit jeher Teil dieses Festivals, eine derartige Dark Wave-Kultband hatte man seither aber nicht im Line Up und schon gar nicht auf dieser prominenten Position. Die Band um Gothic-Lichtgestalt Thilo Wolff und seine Partnerin Anne Nurmi trat in kompletter Rockbesetzung an und hatte folglich auch viele Songs ihres recht metallastigen „Inferno“-Albums von 1995 auf der Setlist. Der komplette Auftritt wurde von einer imposanten Lightshow begleitet und auch das riesige Backdrop mit Bandlogo war nicht zu verachten. Sicherlich ist die Musik von LACIMOSA nicht unbedingt der Geschmack der Metal Gemeinde, dennoch fand sich eine sehr große Zuschauerzahl vor der Bühne ein. Dies lag wohl auch daran, dass Hunderte Fans der Band mit Tageskarten den Auftritt nicht verpassen wollten. Und diese kamen auch voll auf ihre Kosten. Insgesamt waren LACRIMOSA ein würdiger Headliner für den zweiten Summer Breeze Tag.
Die DEATHSTARS, Headliner der Painstage, wurden von der Menge, die nach dem Auftritt von LACRIMOSA wieder nach heftigeren Klängen dürstete, frenetisch begrüßt. „When the dark does what The dark does best – it’s Darkness! Let the dark do what the dark does best – let it be darkness!“ Düsterer Industrial Rock irgendwo zwischen MANSON und RAMMSTEIN, sehr eingängig und extrem tanzbar, schmetterte den Zuhörern entgegen. Genau der richtige Sound zu dieser späten Stunde, um die Meute noch mal zu mobilisieren. Besonders anstrengen musste sich die Band jedoch nicht, um dieses Ziel zu erreichen, von Anfang bis Ende konnten sich die DEATHSTARS über die heftigsten Publikumsreaktionen des Tages freuen. Auch optisch machten die DEATHSTARS was her! Besonders die weiblichen Fans waren von den Jungs aus Stockholm sehr angetan. Eine eher tragische Fußnote: Ungefähr zu der Zeit, als Gitarrist Emil Nödveidt das Breeze rockte, verließ sein bekannterer Bruder Jon gerade freiwillig unsere Welt… Wir aber verließen nur den Platz vor der Bühne, um auch für den abschließenden Sonntag wieder fit zu sein.
Setlist APOSTASY
Beneath The Lies of Prophecy
Malignant
Sulphur Injection
Virus
Suicide Breeze
Setlist TRAIL OF TEARS
Ecstatic
A Fate Sealed In Red
Splendid Coma Visions
Watch You Fall
Carrier of The Scars of Life
Cold Hand of Retribution
Setlist SCAR SYMMETRY
Intro
Calculate The Apocalypse
Slaves To The Subliminal
Chaosweaver
Abstracted
Mind Machine
Reborn
The Illusionist
Setlist EXILIA
Nobody Excluded
Underdog
Destroy My Eyes
In A Coma
Day In Hell
Coincidence
Stop Playing God
Where I Broke
Kill Me
Setlist TURISAS
Victoriae & Triumphi Dominus (Intro)
As Torches Rise
The Land of Hope And Glory
Sahti-Waari
One More
Violin Solo
Rex Regi Rebellis
Battle Metal
Setlist LACRIMOSA
Ich bin der brennende Komet
Letzte Ausfahrt: Leben
Flamme im Wind
Alles Lüge
Not Every Pain Hurts
Kelch der Liebe
Lichtgestalt
Siehst Du mich im Licht
Vermächtnis der Sonne
Stolzes Herz
Copycat
Copyright Fotos: Thomas Nattermann
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