Ort: Dinkelsbühl
Datum: 19.08.2006
Opener der Mainstage am Samstag war die Horror-Punk Band THE OTHER. Einst waren die vier Jungs aus Köln eine MISFITS-Cover-Band, heute jedoch spielen sie fast ausschließlich eigene Songs. Sowohl optisch als auch musikalisch sind aber noch Parallelen zu ihren Vorbildern zu erkennen: Schmücken sich die Jungs doch mit ähnlichen Accessoires und vor allem ähnlicher Bemalung wie Jerry Only und Co… Mit viel Elan gaben sie ihre hymnischen Songs zum Besten. Ihrem erfrischenden Sound war es zu verdanken, dass sich schon so früh am Morgen etliche Besucher auf den Weg zur Mainstage machten. Sichtlich begeistert, durch ihr zahlreiches Publikum noch angespornt, gaben die Jungs ihr Bestes und energiegeladen steuerten sie durch ihre Setlist. Insbesondere der letzte Song „We Are The Other Ones“ blieb als Ohrwurm im Gedächtnis. Gerne hätte man noch mehr gehört, als sie nach 30 Minuten die Bühne verließen.
Nach den eher punklastigen THE OTHER enterte mit PERZONAL WAR die erste Metalband des Tages die Painstage. Mit ihrem modernen Metal weckten sie das ein oder andere verschlafene Gesicht auf und ließen nichts anbrennen. Insbesondere Basser Sven strafte mit seinen Grimassen die unchristliche Zeit Lügen – wie kann man um diese Zeit schon eine so agile Gesichtsmuskulatur haben? Stilistisch sind PERZONAL WAR zwar recht schwer einzuordnen, aber auf jeden Fall mal ein Hin- bzw. Reinhören wert.
Norwegische Folklore, schwermütiger, elfenhafter Gesang, Trompeten, samtweiche Streicher und stahlharte Gitarren – LUMSK kreieren faszinierende Songs, zauberhafte Melodien und märchenhaften Gesang. Was sollte dies alles auf einem Metalfestival? Das fragten sich wohl auch einige der Besucher. Andere wiederum waren froh über etwas Abwechslung im Programm und so sammelten sich reichlich Zuhörer vor der Mainstage, um der Saga von mystischen Kreaturen und elfengleichen Geschöpfen interessiert zu folgen.
Von wegen die Franzosen können nur rappen – mit GOJIRA haben unsere Nachbarn einen Export am Start, der durch hochkomplizierte Arrangements, technische Bravourstückchen, brachiale Industial-Sounds und groovenden Rock auf sich aufmerksam machte. Irgendwo grob im Death-Trash-Industrial beheimatet, lieferte das blau-weiß-rote Quartett ein mehr als amtliches Brett (insbesondere in technischer Hinsicht) ab. Die erst 2000 gegründeten GOJIRA sollte man unbedingt schon mal vormerken, es ist anzunehmen, dass hier noch etwas großes heranwächst.
Nun war die österreichische Combo VISIONS OF ATLANTIS an der Reihe. Eine Mischung aus Power und Symphonic Metal drang aus den Boxen. Sehr gut in ihre Arrangements passte der abwechselnde Gesang von Sängerin Nicole und Sänger Mario. Durch die Mischung von Power, Eleganz und Sinnlichkeit sprachen sie eine breite Masse von Zuhörern an und ernteten für jeden Titel gebührenden Applaus. Vergleiche mit WITHIN TEMPTATION oder auch NIGHTWISH blieben da nicht aus. Jedoch haben VISIONS OF ATLANTIS eignen eigenen Sound und vor allem einen eigenen Stil.
Wo LEGION OF THE DAMNED draufsteht, ist OCCULT drin. Warum die Mannen aus dem Land der Wohnwagenfetischisten erst mit dieser Namensänderung der Durchbruch gelang, wird wohl ewig ein Geheimnis des Musikzirkus bleiben. Wie dem auch sei – unabhängig vom Namen wurde eine Trashgranate nach der anderen abgefeuert und wem LEGION OF THE DAMNED bisher unbekannt waren, musste nicht lange hinhören, um den Rhythmus zum Bangen zu finden.
Nachdem die – noch anwesende – Sonne den Zenith nun deutlich überschritten hatte, war das Publikum bereit für etwas schwerverdauliche Kost. Die Karlsruher Band NECROPHAGIST prügelte ihren technischen Deathmetal mit aller Gewallt ins Publikum. Die vielen Besetzungswechsel haben der Band offensichtlich nichts ausgemacht, der Meinung war wohl auch dass nordamerikanische Label Relapse Records, bei dem die Brutalo-Deather seit kurzem zu Hause sind.
„Sinnliche Schmiede“ wirft der Onlineübersetzer aus, wenn man den Bandnamen der Schweden CARNAL FORGE eingibt. Ok, Schmiede vielleicht, aber sinnlich ist was anderes… Nach den vom Stageacting her etwas unbeweglichen NECROPHAGIST konnte man bei CARNAL FORGE in einen Geschwindigkeitsrausch verfallen. Sänger Jens schmiss seine langen Rastas, dass es eine wahre Pracht war und auch der Rest der Band ließ sich nicht lumpen. Und was lernen wir daraus? Nicht alles was aus Schweden kommt, ist melodischer Death Metal, kann aber genauso gut keulen und dass sich hinter dem skandinavischen Namen „Jens C. Mortensen“ auch ein sehr dunkelhäutiger Rastaträger verbergen kann.
Mit TOTENMOND trat eine der dienstältesten Combos des Tages an, die zudem wohl nicht allzu viel Lust auf ihren Auftritt hatte. Mit ihrer kruden Mischung aus allem was Krach macht und einer etwas großkotzigen Attitüde haben sie ihre Fans wohl nicht vor den Kopf gestoßen, aber mit Sicherheit auch keine dazu gewonnen. Der Meinung war wohl auch der Himmel, der schon mal testweise ein paar Tropfen auf das Festivalgelände fallen ließ.
Die zweite Punkrock nach THE OTHER waren die sympathischen Schweden PSYCHOPUNCH, die nun die Painstage rocken sollten. Und das machten sie in der Tat. Auch das Publikum begrüßte diese Abwechslung und obwohl es nun zu regnen begann, fanden sich immer mehr Zuhörer vor der Painstage ein, die ein Teil der Punkrock-Party sein wollten.
CORVUS CORAX – fahrende Spielleute mit Geschichtsbewusstsein. Leider hatten sie das Pech, dass ihr Konzert kurz nach einem heftigen Regenguss startete. Obwohl die Band ein musikalischer Außenseiter auf dem Summer Breeze war, wurden sie trotz des schlechten Wetters bejubelt und gefeiert. Mit einer deutlichen Ausrichtung auf ihr aktuelles Album „Venus Vina Musica“ versuchten sie, ein wenig mittelalterliche Stimmung auf der Wiese zu verbreiten. Leider fehlte hierzu der entsprechende Background eines Mittelalter-Marktes, dennoch fand dieser Auftritt reichlich Zuspruch. Sowohl in der Anzahl der Musiker sowie in der Größe Ihrer Instrumente dürften die Spielleute außerdem die einzige Band gewesen sein, die den vollen Umfang der großen Hauptbühne ausgenutzt hat.
Mit Dreck beschmiert boten THYRFING aus Schweden Black Metal der etwas anderen Art. Die Songs bewegten sich meist im groovigen Midtempo. Ihre Texte berichteten von der nordischen Mythologie und dem Wikinger-Zeitalter. Gleich zwei Sänger erzählten mal melodisch, mal aggressiv von alten Legenden und Helden Taten.
Verdächtig viele weibliche Besucher in den ersten Reihen ließen erahnen, dass nun die Finnen von NEGATIVE die Bühne betreten sollten. Als die smarten Jungs endlich die Bühne enterten, flogen erste Stofftiere und BHs Richtung Stage. (Kleine persönliche Anmerkung am Rande: Nicht alle BHs fanden den Weg zur Bühne und so mancher „Stofffetzen“ landete im Fotograben! Ich dachte erst, ich hätte den Objektivdeckel nicht entfernt als ich beim Abdrücken nur schwarz sah… Na ja, die Eigentümerin des Flugobjekts war mindestens genauso perplex wie ich.) Dass NEGATIVE rocken, war ja bereits bekannt und so blieben auch die Mehrzahl der Fans vor der Bühne stehen als irgendjemand den großen Wolkenbruch ankündigte und es sintflutartig anfing zu regnen! Die Band litt mit ihren Fans und um ein wenig vom Regen abzulenken, feuerten NEGATIVE Hit um Hit in die Menge.
Trotz des immer noch heftigen Regens hielten im Anschluss an NEGATIVE auch vor der Pain Stage eine Menge tapferer und anscheinend wasserfester Fans dem Wetter stand und bereiteten den BLOODFLOWERZ einen herzlichen Empfang. Sängerin Kirsten, die im deutlich schwangeren Zustand eine gewohnt charismatische Performance bot, wurde von den Fans stürmisch begrüßt und gefeiert. Mit „Sajida’s Song“, der Bandhymne „Diabolic Angel“, „Ablaze“ und „Black Snake Sister“ gelang es, auch die letzten Reihen zu überzeugen. Zufrieden und von lautem Beifall begleitet verließen die BLOODFLOWERZ schließlich die Bühne.
Zur fortgeschrittenen Stunde präsentierte sich die Mainstage in bester Dekoration und Lichtpracht. Unter heulenden Sirenen betraten die Jungs von GAMMA RAY die Bühne und begannen mit dem schon etwas älteren „Gardens of The Sinner“ dem Publikum einzuheizen. Dem gutgelaunten Kai Hansen und dem zu Späßen aufgelegten Gitarristen Oliver Richter schien die Show sichtlich zu gefallen. Mit „Fight“ und dem allen anwesenden Vampiren gewidmeten „Blood Religion“ zeigten sie einen Ausschnitt aus dem wirklich guten neuen Album. Der absolute Höhepunkt war aber sicherlich der Bandausflug zu HALLOWEEN. Bei den ersten Tönen des überraschend gespielten „I Want Out“ tobte die Menge. Der ganze Auftritt war ein Fest für Augen und Ohren. Mit GAMMA RAY stand eine Band mit jahrzehntelanger Erfahrung auf der Bühne, die man in jedem Riff bemerkte. Man kann hier mit Sicherheit ohne Übertreibung vom besten Act des Tages sprechen.
Mit UNLEASHED betraten die Mitbegründer der Viking Metal-Bewegung als Co-Headliner die Painstage und knallten nach einem stimmungsvollen Intro dem hungrigen Publikum direkt den Kracher „Never Ending Hate“ um die Ohren. Es folgte ein Streifzug durch ihre Bandgeschichte und so wurden alte Knaller genauso wie neueres Material gespielt. Bei Ihrem Hit „Death Metal Victory“, gab es für die Fans kein Halten mehr und ein wildes Headbangen ging durch die Menge. Als Belohnung ihres treuen Publikums gab’s zum Abschluss dann einen neuen Song, der auf dem nächsten Album vertreten sein wird.
Mit FEAR FACTORY war eine Band angekündigt, auf die sicher der Großteil der Festival-Besucher gewartet hatte. Die Band läutete ihren Auftritt mit IRON MAIDENs „Number of The Beast“ ein. So eingestimmt, hüpften alle bei den ersten zwei Songs des neuen Albums „540.000 Degrees Fahrenheit“ und „Transgression“ wild vor der Bühne. Leider war der Sound verhältnismäßig lange ziemlich schlecht und auch für FEAR FACTORY-Verhältnisse zu blechern. Der Gitarrist hatte während des ganzen Auftritts Probleme mit dem Sender und verschwand auffällig oft hinter die Bühne – auch während der Songs. Frontmann Burton C. Bell hatte aber trotzdem gute Laune und belustigte sich noch ausgedehnt an den bereits am Nachmittag aufgetretenen CORVUS CORAX. Die Setlist war weiterhin ausgewogen und gipfelte nach dem Klassiker „Linchpin“ in einem absolut klasse gespielten „Replica“. FEAR FACTORY waren gut, kompakt, schnell und in ihrer Rolle als Headliner durchaus gerechtfertigt.
Die aus dem englischem West Yorkshire kommende Band MY DYING BRIDE sollte nun die letzte Band auf der Painstage und ebenso die letzte Band des Summer Breeze Festivals sein. Ursprünglich mal als Death Metal-Band angefangen, entwickelten MY DYING BRIDE aber einen ganz eigenen Stil. Nach einer Live-Pause von 2001 bis 2004 veröffentlichten sie das beste ihrer Alben mit „Songs of Darkness, Words of Light“ (sicherlich Geschmackssache, Anm. der Red.). 2006 wollten sie sich nun auch wieder live präsentieren und reisten zum Summer Breeze. Eine passendere Band, um dieses dreitägige Fest angemessener ausklingen zu lassen, wäre wohl kaum zu finden gewesen. MY DYING BRIDE wurden seit Jahr und Tag sehnlichst von den Fans auf dieses Festival gewünscht und jetzt wurde es nun endlich wahr. Und so wurde den Besuchern auch richtig was geboten: Der Lichttechniker zauberte eine klasse Lichtstimmung auf die Painstage und auch soundtechnisch waren sie eine der besten Formationen. Besonderst Sänger Aaron Stainthorpe lebte seine Musik aus. Er gab sich völlig der Musik hin, gestikulierte mit seinen, mit blutroten Ornamenten bedeckten, Händen, warf sich auf die Knie und wälzte sich gar auf dem Boden. Ein perfekter Abschluss für diese drei tollen Tage!
Setlist LUMSK
Intro
Nøkken
Dunker
Åsgårdsreia
Trolltind
I trollehender
Fremad
Langt Nord I Trollebotten
Setlist VISIONS OF ATLANTIS
Pharaoh Repentance
Send Me A Light
Cost Away
State of Suspense
Lemurion
Lost
Last Shut of Your Eyes
Setlist LEGION OF THE DAMNED
Intro
Werewolf Corpse
Death’s Head March
Demonfist
Taste of The Whip
Into The Eye of The Storm
Killing For Recreation
Malevolent Rapture
Bleed For Me
Legion of The Damned
Setlist PSYCHOPUNCH
Poison Alley Groove
Fingerlickin´ Good
I Want Out
On The Stereo
Nothing Ever Dies
Everlasting
Pleasure Kill
Overrated
Black River Song
Back In The Days
Setlist CORVUS CORAX
Suam elle ires
Oro se vie
Skudrinka
Ballade de mercy
Venus Vina Musica
Douce dame
Albanischer Tanz
In taberna
Ductia
Saltarello
Shou Shou Sheng
Zugabe: Platerspiel
Setlist THYRFING
Intro
The Voyager
Mjölner
Migerdöden
Far åt helvete
Jag spår fördärv
Höst
From Wilderness Came Death
Kaos återkomst
Setlist UNLEASHED
Never Ending Hate
To Asgaard We Fly
Don’t Want To Be Born
Death Metal Victory
The Longships Are Coming
New Dawn Rising
Winterland
Defender
Into Glory Ride
Before The Creation of Time
Copyright Fotos: Thomas Nattermann
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