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SUMMERJAM 2007

Ort: Köln - Fühlinger See

Datum: 06.07.2007 - 08.07.2007

So überraschend wie kurzfristig erreichte mich am Mittwoch Mittag eine E-Mail, deren Inhalt eine Akkreditierung zum SUMMERJAM in Köln war. Die Freude war natürlich riesengroß, die kurzfristige Arbeit entsprechend. Leider konnte ich nicht so kurzfristig am Freitag noch Urlaub bekommen, so dass dieser Festivaltag für mich komplett ausfiel. Das war umso bedauerlicher, da GENTLEMAN diesen Tag als Headliner abschloss und ich bereits mehrere grandiose Konzerte von ihm gesehen hatte und nun gerne auch einmal als Fotograf tätig geworden wäre.

Samstag

Also hieß es am Samstag früh aufstehen und auf nach Köln, dort meine Sachen abgeliefert und den Kai eingepackt und gleich weiter zum Fühlinger See. Zunächst freuten wir uns noch über die gute Ausschilderung, die bestens funktionierte, fanden den Pressecontainer und konnten uns problemlos akkreditieren. Doch dann begannen die Probleme mit etwas so profanen wie dem Suchen eines Parkplatzes für unser Auto. Grundsätzlich sollte sich dieser natürlich möglichst nah am Festivalgelände befinden. Doch das war beim Summerjam einfacher gesagt als getan, denn alle Parkflächen waren bereits hoffnungslos überfüllt und im Vorfeld wurde angekündigt, dass sämtliche wild geparkten Fahrzeuge konsequent abgeschleppt würden. Irgendwann war dann endlich ein Parkplatz gefunden, der nur ca. 1 Std. gemütlichen Fußweges vom Gelände entfernt, dafür aber ganz legal war.

Durch diese zeitliche Verzögerung unserer Ankunft wurde mir dankenswerterweise eine Entscheidung abgenommen, konnte ich mich doch im Vorfeld nicht entscheiden, ob ich lieber die LOS SKALAMEROS oder SEBASTIAN STURM hätte sehen wollen (beide Bands eröffneten den Festival-Samstag zeitgleich um 12.30 Uhr). Auf dem Weg zum eigentlichen Festivalgelände, das auf einer Insel mitten im Fühlinger See lag und durch 2 Brücken betreten werden konnte, ging es über die verschiedenen Zeltplätze. Diese schienen genauso rar wie die Parkplätze, darum standen die Zelten und Pavillons dicht an dicht gedrängt rund um den gesamten See und bis direkt ans Wasser sowie in jeder noch so kleinen Lücke zwischen Bäumen. Das Festival, das eine Rekordbesucherzahl von 27.000 Zuschauern melden konnte und damit ausverkauft war, war platzmäßig an seine Grenzen gestoßen. Kommt man aber zum Fühlinger See und geht über die Zeltplätze, so erschließt sich leicht, dass das SUMMERJAM allein durch die Lage bereits zum wiederholten Male beim RIDDIM Leserpoll zum beliebtesten deutschen Reggae-Festival gewählt wurde. Wo sonst hat man die Möglichkeit unter Bäumen zu zelten und bei gutem Wetter direkt in den See zu springen. Und das Wetter war in der Tat gut. Hatte es am Donnerstag und Freitag noch geregnet (einige große Pfützen zeugten noch davon) so war es am Samstag jederzeit trocken und teilweise kam sogar die Sonne hervor.

Das diesjährige Motto „Meeting Cultures and Styles“ wurde beim Blick auf das Publikum schon mal bestens umgesetzt. Bunter gemischt kann ein Festival-Publikum wahrscheinlich gar nicht sein. Menschen verschiedenster Länder, Hautfarben und Altersklassen. Viele verschiedene Sprachen waren in diesen Tagen auf und rund ums Gelände zu hören. Neben den üblichen Altersklassen waren erstaunlich viele ältere Semester vertreten. Alle zusammen feierten aber ein friedliches und harmonisches Festivals miteinander.

Auf der Insel selbst versuchten wir uns erst einmal zu orientieren, was gar nicht so einfach war für Summerjam Neulinge. Also fragten wir Ordner nach dem Pressebereich und wurden zu einem Steg geschickt, auf dem ein ca. 4 x 4 Meter großes weißes Zelt stand, in dem außer ein paar Reihen Sitzbänken rein gar nichts war. Später sollte sich herausstellen, dass dies nur für die Pressekonferenzen genutzt wurde. Nach einer weiteren Nachfrage war herausgefunden, welches die grüne und welches die rote Bühne war, und schon galt es keine Zeit zu verlieren, um nicht noch einen Künstler zu verpassen.

Zunächst hatte ich die Qual der Wahl und es galt sich zu entscheiden, zum einen zwischen INTESIFIED, einer Ska und Rocksteady Band aus England und Reggae/ Dancehall von PERFECT. Ich votierte spontan und eher aus optisch-fotografischen Gründen für PERFECT und kam pünktlich zur Show bei der roten Bühne an. Die Rasenfläche war bereits gut gefüllt, für den zweiten Act auf einem Festival nicht unbedingt immer selbstverständlich. Verständlicher wurde es jedoch, als PERFECT die Bühne betrat und sein Set begann. Geboten wurde feinster Reggae mit Dancehall Anleihen. Den Song „Nu badda me“ kannte ich bereits von einem Sampler und wie mir ging es auch einem Großteil des Publikums, das mitsang und tanzte und sprang und PERFECT mit ordentlichem Applaus bedachte.

Ein ebenfalls bereits zu dieser frühen Tageszeit fleißiger Fotograf konnte mir dann auch tatsächlich mitteilen, wo der Pressebereich zu finden war. Wenn man es wusste: kein Problem. Ein mit Bastmatten abgetrennter Bereich mit einer kleine Theke, Toiletten, Sitzgelegenheiten und sogar Liegestühlen lud zwischen den Gigs dazu ein etwas zu relaxen, sich mit anderen Fotografen auszutauschen und in Ruhe ein paar Notizen zu machen. Schnell war auch die Ansprechpartnerin für die Presse, Jutta, gefunden, die mir nett und ausführlich alles Mögliche zum Ablauf erklären konnte.

Mit neuem Wissen und Übersicht fand ich dann schnell wieder den Weg zurück zur Bühne, wo bereits bei gleichbleibender Backing-Band ein Wechsel stattgefunden hatte und PERFECT das Feld geräumt hatte für FANTAN MOJAH. Der Jamaikaner sprang bereits wie ein Irrer über die Stage und konnte das Publikum, das so langsam noch zahlreicher geworden war, mit seinem mitreißenden Dancehall begeistern. Zu einem Tune kletterte er auf einen seitlichen Bühnenträger und motivierte die Menge Stück für Stück immer etwas mehr. Auf sein Kommando gingen dann die Arme in die Höhe und schwangen rhythmisch von rechts nach links.

Das wirklich Schöne am Summerjam war ja auch, dass das Motto nicht nur eine hohle Floskel ist, sondern wirklich viele verschiedene Musikstile Beachtung finden. So gab es dann mit den SLACKERS aus New York eine willkommene Abwechslung und feinsten Ska im Stile der alten jamaikanischen Art. Bekannt ist die Band nicht nur für ihre sozialkritischen und politischen Texte, sondern ebenso für ihre mitreißenden Live-Shows, was sie wieder einmal unter Beweis stellten. Optisch sehr schön der Basser, der im weißen Anzug und mit weißem Hut seinen normalen Bass hochkant auf einen Hocker gestellt spielte. Für die Fans angenehm auch die Fläche vor der Bühne, die aus feinem Sand bestand und auf der hervorragend und weich getanzt werden konnte, was nun gerade bei den SLACKERS zur Genüge getan wurde.

Leider musste ich nach bereits 15 Minuten weiter, um nicht den Auftritt von WARRIOR KING und anschließend TONY REBEL auf der roten Bühne zu verpassen. Der Zeitplan war leider sehr eng und es kam oftmals, gerade an diesem Samstag zu parallelen und sich überschneidenden Spielzeiten, was auch dadurch resultierte, dass 2 Künstler sich eine Backing-Band teilten und direkt ohne Umbaupause hintereinander auftraten. Los ging es mit WARRIOR KING, der mit weißen Anzug und einem in Jamaikas Landesfarben bunten Kragen auftrat und dem Publikum Roots Reggae bot. Mittlerweile war es sonnig geworden und das Wetter und die Musik harmonierten hervorragend miteinander. Als man sich langsam warmgewippt hatte kam dann mit TONY REBEL, einer der unumstrittenen Dancehall-Könige, der etwas dezenter im graukarierten Anzug und mit knallrotem Hemd auf die Bühne stürmte und die Menge feierte begeistert mit. Von der guten Stimmung angespornt tanzt auch TONY REBEL auf der Bühne hin und her, dreht sich im Kreis, wirft seinen Hut fort. Dann stimmt er „Superior“ von GENTLEMAN an und alle singen lauthals mit. Ein wirklich mitreißender Auftritt, den ich leider ebenso vorzeitig verlassen musste.

Jedoch aus gutem Grund, denn ich komme gerade noch rechtzeitig zu NOSLIW zur grünen Bühne. Diesen hatte ich vor ca. 2 Jahren als Support von GENTLEMAN gesehen und war schon damals recht angetan von seinen Live-Qualitäten. Doch kein Vergleich zu diesem Auftritt. Mittlerweile hat der deutscher Reggae noch einen weiteren großen Schritt nach vorn gemacht, zudem hat sich der Bekanntheitsgrad von NOSLIW in den letzten Jahren durch unzählige Konzerte und die gerade erschienende zweite CD „Mehr davon“ noch einmal erhöht und so herrschte großes Gedränge vor der Bühne. Ab dem ersten Ton wurden dann auch alle Texte lauthals mitgesungen und ausgelassen gefeiert. NOSLIW stimmte den Song „Alarm“ vom ersten Album an und wiederholte die Textzeile „gebt mir Lärm“ gleich dreimal und konnte bei jedem Mal den ohrenbetäubenden Lärm der Menge um einige Dezibel steigern. Dann durfte auch MAXIM, der die ganze Zeit dezent im Background von NOSLIW gesungen hatte noch 2 eigene Songs zum besten geben und wurde auch mit ordentlichem Applaus bedacht. Als er „es sieht so gut aus“ intonierte und dazu alle Arme schwangen und winkten, schwebten Sponge-Bob und Patrick in Form vom Luftballons gen Himmel, und der Song ging im allgemeinen Gejohle etwas unter. Ein wirklich starker Auftritt, mittlerweile scheint NOSLIW ein Garant für gute Live-Stimmung.

Ich hingegen mochte nun lieber wieder etwas ruhigere und zum Wetter passende chillige Musik und wechselte erneut die Bühne, um mir den Auftritt von TANYA STEPHENS anzuschauen, sehe auf der Bühne aber nur ANDREW MURPHY, der als Moderator auf der roten Bühne alle Tage durch Programm führte und gerade souverän die Zeit bis zum sich verzögernden Auftritt von TANYA STEPHENS überbrückte. Als sich die gute Dame auch nach längerer Zeit noch nicht sehen ließ, stimmte MURPHY kurzerhand den „Redemption Song“ von Bob Marley an und hatte spontan einen riesigen Background-Chor mehrerer Tausend Menschen vor sich. TANYA STEPHENS ist eine der wenigen Frauen, die sich im doch eher von Männern dominierten Genre richtig behaupten kann, und sie bewies dann auch gleich beim Auftritt Power und Durchsetzungsvermögen. Mich festzuhalten, war sie dann aber doch zu schwach, denn ich musste wieder zur nächsten Bühne und dort zu COLLIE BUDDZ wechseln.

Mittlerweile artete die Fotografiererei fast noch in Arbeit aus. Ein bisschen ärgerlich war dabei die Security, die zwar nett und bemüht war, aber leider so manches Mal etwas planlos. Konnte man zu NOSLIW noch durch einen bestimmten Eingang in den Backstage- und Fotobereich gelangen, so war dies nun nicht mehr möglich, man musste dazu nun einen ca. 20 Meter entfernteren Eingang nehmen, um dann direkt an dem Menschen vorbei zur Bühne zu gehen, der einen 2 Minuten vorher abgewiesen hatte, nun aber keine Bedenken hat, dass man sich an ihm vorbei zur Bühne begab. Bei COLLIE BUDDZ ärgerte ich mich ein bisschen, dass ich dafür den Auftritt von TANYA STEPHENS hatte sausen lassen, denn dieser konnte mich nicht wirklich überzeugen, trat auch lediglich mit Soundsystem und nicht mit eigener Band auf und wurde mir daher nach kurzer Zeit zu langweilig.

Da nutzte ich die Zeit lieber für einen Spaziergang über das Gelände, das auch noch allerlei zu bieten hatte. Da gab es noch ein Zelt des Dortmunder U-Clubs und eine riesige Sir Benni Miles Dancehall Arena, bei beiden war jedoch noch nichts los, dafür wurde dort ab abends bis spät in die Nacht zu unzähligen Soundsystems getanzt, getrunken und gefeiert. Ein großes Areal mit verschiedensten Merch Ständen gab es ebenso wie unzählige verschiedene und auch völlig exotische Essenstände. Freunde der ganz profanen Currywurst kamen ebenso auf ihre Kosten wie diejenigen, die einmal bislang unbekanntes und unaussprechliches afrikanisches Essen kosten wollten. In vielen Zelten gab es alles, was das Rasta Herz höher schlagen ließ, bevorzugt natürlich in grün/ gelb/ rot. Dann gab es einen Drogen-Infobus, der mit lustigen Spielchen über die Gefahren von Drogenkonsum aufmerksam zu machen versuchte, ein Thema, das ja nun nicht völlig fehl am Orte war, lag doch allenthalben ein süßlicher Geruch in der Luft. Allerdings muss ich auch sagen, dass das Thema Drogen einigermaßen liberal gehandhabt wurde. Es fanden am Eingang Kontrollen seitens der Security statt, die auch sporadisch in den einen oder anderen Tabakbeutel schnupperte, allerdings (so wie ich es mitbekommen habe) auch nicht wirklich gründlich dabei war. Direkt am Wasser gab es noch einen Reggaezirkus, wo angehende Jongleure usw. sich austoben konnten. Also jede Menge Möglichkeiten, seine Zeit mehr oder weniger sinnvoll zu vertrödeln, so dass ich mich erschrak, dass ich dadurch fast den nächsten Auftritt verpasst zu haben.

Auf dem Programm standen nun TURBULENCE und SIZZLA, doch zunächst kam ein Newcomer, dessen Namen ich leider nicht verstanden habe (schade, denn er macht seine Sache sehr gut) auf die Bühne, um die Menge auf TURBULENCE vorzubereiten. Dieser kam dann nach wenigen Songs auf die Bühne gesprintet, im Schlepptau jemanden, der den ganzen Auftritt die jamaikanische Flagge schwenkte. Sah zwar lustig aus, war aber irgendwie auf Dauer etwas merkwürdig. TURBULENCE gab dann knappe 25 Minuten Vollgas, heizte dem Publikum richtig ein, verschwand dann so schnell wie er gekommen war und machte die Bühne frei für SIZZLA, auf den man scheinbar nur gewartet hatte, denn es brach ein unglaublicher Applaus los und die dicht gedrängte Masse feierte jeden einzelnen Songs. Mittlerweile hatte die bisher eher pro forma herumstehende Security auch gut zu tun und musste die ersten Personen auffangen und einige blass aussehende Mädels aus dem Gedränge ziehen. Auf jeden Fall ein großartiger Auftritt. Sicherlich auch mit die beste Stimmung an diesem Tage, und für viele war SIZZLA dann wohl auch der heimliche Headliner.

Ich gönnte mir danach eine kleine Pause und schaute bei den Auftritten von CLUESO und BLUMENTOPF jeweils nur ganz kurz für ein paar Fotos bei der grünen Bühne vorbei, um mir lieber BEENIE MAN anzuschauen. Der selbsternannte KING OF DANCEHALL schoss auf die Bühne und sollte fortan kaum eine Sekunde mehr stillstehen. In weißen Mantel und weißem Hut, beide mit schwarzem Muster geschmückt, ein optischer Leckerbissen, den ich mit der Kamera kaum einfangen konnte. Beachtlich, welche Energie BEENIE MAN an den Tag legte und nach diesem langen Tag auch noch beim Publikum freizusetzen vermochte.

Dann kam bzw. kam erst mal nicht der HEADLINER des Samstags, SEAN PAUL. Zunächst allerdings nur 2 DJs, die versuchten Stimmung zu machen, was ziemlich misslang und sogar in Pfiffen endete. SEAN PAUL kam dann gleich mit 4 Tänzerinnen auf die Bühne. Die komplette Show wirkte mir persönlich etwas zu steril und durchgeplant. Natürlich wurde ein Superstar wie er kräftig abgefeiert und hatte den größten Publikumszuspruch, mir fehlte aber das gewissen Etwas, die Ausstrahlung z.B. eines SIZZLAs. Natürlich war der einzige Festivalauftritt des jamaikaischen Dancehall Stars auf dem Summerjam schon etwas besonderes und natürlich zündeten seine allseits bekannten Hits, gerade des älteren Album „Dutty Rock“ beim Publikum. Vielleicht lag es auch ein bisschen an meiner Müdigkeit, dass ich mich nicht mehr wirklich begeistern konnte, so ging ich dann auch nach einer Dreiviertel Stunde todmüde ca. eine Stunde zurück zu meinem Auto und fuhr in mein Nachtquartier nach Köln.

Sonntag

Nach einem ausgiebigen Frühstück und einem extra großen Cappuccino machte ich mich von Köln erneut auf den Weg zum Fühlinger See, hatte aus der ewig langen Parkplatzsuche am Vortag gelernt und fand tatsächlich auf Anhieb einen legalen Parkplatz, wenn auch recht weit vom Gelände entfernt. Dafür keine 20 Meter von einer Bushaltestelle entfernt, an der prompt im richtigen Moment ein Bus hielt, der mich komfortabel zum Kurzstreckenpreis direkt zum Gelände brachte. Warum nicht auch mal Glück haben, taten mir doch die Füße noch gehörig weh vom Rückweg des Vortages. So hatte ich, da ich einen längeren Fußweg diesmal zeitlich eingeplant hatte, noch Zeit ein wenig über die Campinggelände zu schlendern. Hier wurde dann auch klar, dass die Kapazitäten des Festivals ziemlich erschöpft sind, die Zelte standen dich an dicht und ohne nennenswerte Lücke nebeneinander. Zwischen den Zelten standen Pavillons, in denen verschiedenste Speisen zubereitet wurden, von deren Verzehr ich jedoch Abstand nahm, denn wenn man bedachte, dass dies der dritte oder für manche schon der vierte Festivaltag war, möchte man gar nicht weiter über die Unbedenklichkeit von rohem Fleisch oder Fisch nachdenken.

Da das Wetter an diesem Sonntag herrlich war, war das Freibad komplett gefüllt und viele nutzten den musikfreien Vormittag für ein Bad im See. Darüber zog ein Boot des DLRG einen Steg, auf dem eine Percussion Gruppe ihr Können zum besten gab. Es bot sich also ein Bild herrlichster Hippie-Romantik. Schon fast unerträglich 😉 also beschloss ich schnell auf das Festivalgelände zu gehen und mir die PEPPER POTS anzuschauen, von denen ich noch nie auch nur irgendetwas gehört hatte.

Mein Entschluss war jedoch goldrichtig. Die PEPPER POTS, eine spanische SKA Band mit zugegeben recht bescheuertem Namen machte jedoch richtig klasse Musik. Ska im jamaikanische Sinne wurde geschickt mit dem Swing der 60er Jahre kombiniert und heraus kam eine Mixtur, die einfach nur Spaß machte und zum mitwippen und tanzen einlud. Eine Einladung, der jedoch zu dieser frühen Uhrzeit nur wenige folgten und nur allmählich und mühsam füllte sich die Tanzfläche. Dabei wurden auch Hits wie „Be my little baby“ oder „Baby love“, die ein jeder von den Oldie Samplern aus der Nachtwerbung des Privatfernsehens kennt, so arrangiert, dass sie auf einmal richtig Spaß machten und von den 3 in gleichen im 60er Stil designten Kleidchen choreographisch tanzenden und singenden Frontfrauen perfekt rübergebracht wurden. Als diese dann die Bühne verließen, wurden sie von den noch wenigen dafür umso lautstarker zu einer Zugabe aufgefordert und kamen dieser Bitte gern nach. Als letzten Song gab’s dann ein Instrumental-Medley bekannter Melodien, das geschickt in einen Song der PEPPER POTS überging, zu dem dann auch die drei Damen wieder zurück auf die Bühne kamen. Eine absolut positive Überraschung und perfekt, um in den Festivaltag zu starten. Da war es auch zu verkraften, dass ich den zeitgleich auftretenden BANTU & AFROBEAT ACADEMY BAND verpasst habe.

Zu SEYNI und seiner Band YELIBA war ich dann aber wieder pünktlich an der roten Bühne, um mir allerfeinsten afrikanischen Reggae zu Gemüte zu führen. So besonders wie großartig an der Band YELIBA ist der im bunten Gewand spielende Xylophonist, der den Songs ihren unverwechselbaren Klang gibt (auf der Homepage der Band wird das Ding Balafola genannt). Einzigartig, zumindest an diesem Wochenende, waren die Songs auch dadurch, dass sie in der Landessprache Malinke gesungen wurden, teilweise auch in französisch und nur selten in englisch.

Nach 10 Minuten ging ich kurz fremd, um ein paar Bilder der OTENTIKK STREET BROTHERS zu machen, einer jungen von Mauritius stammenden Band, die mit gleich 4 MCs Reggae mit Hip Hop vermischen und dort dann noch traditionelle musikalische Elemente einfließen lassen. Ich verweilte allerdings nicht lange, schlenderte zurück zu SEYNI, um mich dort in die Sonne zu setzen und von der Musik fesseln zu lassen. Mit immer wiederkehrenden Rhythmus entfalteten die Songs irgendwie eine fast schon hypnotische Wirkung, die mich zwang faul auf dem Rasen sitzen zu bleiben. Es sprach ja auch nichts dagegen…

Gut 1.5 Stunden später schaffte ich es doch, meine bleischweren Beine vom Boden zu lösen und dazu zu bewegen, Richtung grüne Bühne zu laufen und zu schauen, was die OHRBOOTEN aus Berlin dort so fabrizieren würden. Ich hatte die Band letztes Jahr bereits bei der Bersenbrücker Reggaejam gesehen und konnte damals den ganzen Hype um die Jungs nicht wirklich nachvollziehen. Aber der Erfolg scheint ihnen Recht zu geben, denn der Platz vor der Bühne war proppenvoll und die Menge konnte, ähnlich wie bei NOSLIW am Vortag, alle Songs mitsingen. Gerade der Opener „Babylon bei Boot“ von der gleichnamigen zweiten CD wurde als erster Song des Auftritts bereits abgefeiert. Die ersten Reihen waren gefüllt mit jungen Mädels, die dann auch gerne mal Papierherzen in die Luft Richtung Bühne warfen. Unterhaltsam war der Gig allemal und die witzigen Texte machten dann auch richtig Spaß.

Mich zog es dann aber recht schnell wieder zur anderen Bühne, um einer Empfehlung von ANDREW MURPHY zu folgen, der am Samstag gesagt hatte, man müsse unbedingt ASWAD anschauen und dürfe sich die nicht entgehen lassen. Er selbst stand dann auch das komplette Konzert mit einem extrem fetten Grinsen am Bühnenrand und hatte sichtlich seine Freude. Und das völlig zu Recht, denn die seit mehr als 20 Jahren existierende Band aus England konnte vom ersten Augenblick an mit ihrem Roots Reggae begeistern und wurde mit frenetischem Jubel begrüßt. Der Sänger schlenderte betont lässig im grauen Anzug wie ein Gentleman über die Bühne und konnte dann seine Freude doch nicht ganz hinter seiner coolen Fassade verbergen. Nach einigen Songs flätzte ich mich wieder faul auf den Rasen und genoss den Auftritt. So macht Reggae wirklich Spaß.

Die Neugierde zog dann nicht nur mich, sondern auch Tausende anderer zurück zur grünen Bühne, denn dort trat BOUNDZOUND, das neue Projekt des SEEED Sängers Demba auf und allein seine musikalische Herkunft zog natürlich schon Publikum ohne Ende. Optisch blieb er dem Stile von SEEED treu und hatte für das Bühnenoutfit, das ein bisschen spacig wirkte, wohl den gleichen Schneider in Anspruch genommen. Zu seiner rechten und linken hübsche tanzende Background-Sängerinnen und vom Applaus des Publikums getragen fühlte sich Demba sichtlich wohl und performte routiniert seine Mixtur aus HipHop, Soul und R´n´B.

Wem das alles zu neumodisch war, und diese Leute gab es trotz des auch in großer Zahl erschienenden überwiegend jungen Publikums, der ging dann genau wie ich zu GROUNDATION und bekam wieder Roots Reggae mit starken Dub und sogar Jazz-Einflüssen. Und mit positiver Botschaft, denn GROUNDATION wollen mit ihrer Musik die Welt verbessern und alle Menschen gleich und glücklich machen. Letzteres schafften sie mit ihrem Auftritt an diesem Nachmittag bestimmt.

Durch eine Zugabe der OHRBOOTEN hatte sich der Zeitplan an der grünen Bühne um ca. 15 Minuten verzögert und so standen nun viele Fotografen seitlich der Bühne, denn bei den nun folgenden BAUCHKLANG aus Österreich gab es tatsächlich Einschränkungen beim Knipsen. Da ich die Band nicht kannte, teilte mir ein Kollege mit wir hätten A Capella Reggae zu erwarten. Da ich den ersten Song dann nur hören, die Bühne aber nicht einsehen konnte, wollte ich den Kerl kurzzeitig für bescheuert erklären, denn das, was da aus den Boxen kam, hörte sich dann eher nach Tekkno denn nach A Capella an. Aber als ich dann in den Fotograben ging, suchten meine Augen die Bühne vergeblich nach elektronischem Equipment ab. Da standen wirklich nur 6 Typen mit Mikros und ansonsten gar nichts. Was die ihren Gesangsorganen entlockten war in höchstem Maße beachtenswert und faszinierend, wenn mich die Musik an sich auch nicht unbedingt begeistern konnte. Denn obwohl es sich um A Capella handelte war mir der Mix aus HipHop, Trance und Drum´n´Bass dann doch zu elektronisch.

So langsam näherte sich das Festival seinem Ende und ich musste mich entscheiden, mir den für die ausgefallenen I AM eingesprungenen HipHopper TALIB KWELI oder MAXI PRIEST anzuschauen und entschied mich für letzteren. Beide hätten gut auf mich verzichten können, den mittlerweile war der Platz vor beiden Bühnen eng geworden und alle Zuschauer auf der Insel angekommen. ANDREW MURPHY hatte es bei einer Ansage auf den Punkt gebracht, indem er sagte, er habe wirklich alle sehr gern, freue sich über jeden Einzelnen, der da sei und alle dürften gern nächstes Jahr wiederkommen, sollten aber niemanden mehr mitbringen, denn es sei so voll und eng geworden, dass man leider keinen mehr aufnehmen könne. Recht hatte er wohl. So standen die Leute bei MAXI PRIEST bereits bis in die Merch-Stände. Auf mehr als 20 Jahren kann MAXI PRIEST bereits zurückschauen und auch an diesem Tage wieder die Zuschauer begeistern, u.a. mit seiner von CAT STEVENS adaptierten und im Reggae-Gewand neu arrangierten Coverversion von „Wild world“ die lautstark mitgesungen wurde.

Da ich nun noch mehr als eine Stunde Zeit bis zum Beginn der Auftritte von ANTHONY B oder alternativ CULCHA CANDELA hatte wollte ich um zu vermeiden, dass ich wieder eine Stunde zu Fuß zu meinem Auto gehen muss, kurz bei der Bushaltestelle schauen, wann mich ein Bus zu meinem Auto bringen könnte. Auf dem Weg zur Bushaltestelle fing es nun dezent an zu regnen und bei der Haltestelle angekommen konnte ich dem Fahrplan entnehmen, dass in genau 2 Minuten ein Bus fahren würde. Da ich noch eine mehrstündige Autofahrt vor mir hatte und am Montag bereits wieder um 6.30 Uhr im Büro sitzen durfte, entschied ich mich schweren Herzen auf ANTHONY B zu verzichten und nach hause zu fahren und damit ein großartiges Festival zu beenden.

Copyright Fotos: Karsten Rzehak

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