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THE DEAD SOUTH – MATTHEW LOGAN VASQUEZ – DANNY OLLIVER

Ort: Bremen – Kulturzentrum Schlachthof

Datum: 26.03.2019

Ob THE DEAD SOUTH ohne die Sabbeltante INA MÜLLER wohl die gleiche Popularität in Deutschland hätten? Was Frau Müller mit den vier Herren aus Regina in der kanadischen Provinz Saskatchewan zu tun hat? Die Dame hatte die Jungs 2015 mit dem großartigen Song „In Hell I’ll Be In Good Company“ vom 2014er Debüt „Good Company“ in ihre Sendung „Inas Nacht“ geholt und siehe da: auch hierzulande steht man auf den temperamentvollen Folk-Bluegrass-Mix der Herren Nathaniel Hilts (Lead-Gesang, Gitarre & Mandoline), Scott Pringle (Mandoline, Gitarre & Gesang), Danny Kenyon (Cello & Gesang) und Colton „Crawdaddy“ Crawford (Banjo & Trommel)! Deshalb gelingt es dem Quartett auch mühelos, bundesdeutschen Konzerthallen zu füllen, obwohl die letzte Langrille „Illusion And Doubt“ bereits 2016 erschienen ist. Entsprechend war auch der Bremer Schlachthof an diesem Dienstagabend mit rund 1.000 Fans proppenvoll. Was für die Musiker nicht zu jedem Zeitpunkt ein Geschenk war.

Insbesondere der Opener DANNY OLLIVER, der ebenfalls in Regina zuhause ist, hatte unter der störenden Geräuschkulisse zu leiden, da er dem Gequatsche der Anwesenden nur eine Akustikgitarre und seine Stimme entgegenhalten konnte. Wenn noch nicht mal die ersten Reihen ihren Mund halten können, während vor ihnen auf der Bühne jemand versucht, seine Musik zu performen, finde ich das einigermaßen ignorant und da spielt es auch überhaupt keine Rolle, dass man ja womöglich eigentlich nur den Headliner sehen möchte (ein gern gebrachtes Argument). THE DEAD SOUTH haben ihren Landsmann mit auf die Tour eingeladen und da kann man dem Künstler auch ein wenig Respekt entgegenbringen. Danny hat sich auf jeden Fall redlich bemüht und sechs Indie-Folk-Songs abgeliefert, die mit „For Hannah“ oder auch „Josephine“ zunächst sehr zurückhaltend waren, durch „Speak To You“ und „Dead End Road“ jedoch Schwung bekamen und auf der Zielgeraden mit der „Untitled“-Nummer ganz besonderes Finger-Picking boten. An dieser Stelle wurde nicht gesungen, sondern im Sitzen musiziert, denn die Klampfe wurde hier quasi waagerecht, ähnlich wie bei einer Pedal-Steel-Gitarre, gespielt. Allerdings wurde nicht nur gezupft, sondern bei Bedarf auch mit der gesamten Faust gearbeitet. Machte in Summe eine kurzweilige erste halbe Stunde, die immerhin mit freundlichem Applaus bedacht wurde, aber eindeutig mehr Aufmerksamkeit verdient gehabt hätte.

Setlist DANNY OLLIVER

  • For Hannah
  • Josephine
  • Wind
  • Speak To You
  • Dead End Road
  • Untitled

Beim nächsten Act kam das Auditorium gar nicht umhin, ihn zur Kenntnis zu nehmen, denn MATTHEW LOGAN VASQUEZ und seine Mitstreiter Judson Johnson hinter der Schießbude sowie Sam Weston, der für einen Bassisten ungewöhnlich bewegungsfreudig war, machten vom ersten Moment an mit ihrem Southern Rock ordentlich Alarm und ließen es ziemlich krachen. Ich habe keine Ahnung, ob Matts Slang wirklich typisch ist, aber genauso habe ich mir immer die Aussprache eines Texaners vorgestellt. Beim Singen war davon nicht viel zu merken, doch die Ansagen gingen mit einem schon etwas speziellen, aber nicht unsympathischen Idiom einher. Einigenwird der Mann auch als Fronter der Americana-Combo DELTA SPIRIT bekannt sein, wobei das Hauptaugenmerk in den letzten Jahren eindeutig auf dem Solo-Schaffen lag. Entsprechend sind in den vergangenen Jahren auch drei Alben erschienen, zuletzt im Februar „Light‘n Up“, von dem die beiden energiegeladenen Tracks „Trailer Park“ und „Ghostwriter“ stammten. Im Übrigen wurde dem Publikum mitgeteilt, dass eigentlich alle Lieder von Tequila und Chili Peppers handelten. Anscheinend kommt aber auch mal ein „Red Fish“ (2017 auf „Does What He Wants“ veröffentlicht) vor – ein Umstand, der im Schlachthof mit einer extrem entspannten Stimmung einherging. Derweil brachte „Halfcolt“ einen Hauch Honkytonk-Feeling mit, ehe es mit „Blue Eyes“ auf den Südstaaten-Dancefloor ging. Hier handelte es sich um ein Stück von MIDDLE BROTHER, einer Alternative-Country-Supergroup, zu deren Mitgliedern Matt neben John J. McCauley III (DEER TICK) und Taylor Goldsmith (DAWES) zählt. Als Texas-Shit wurde „Same“ angekündigt und zweifellos schrammelte dieser Song mit fettem Twang ganz vorzüglich. Zwischendrin war auch noch ein bisschen Zeit für ein kleines Aces-of-Spades“-Intermezzo (im Original von MOTÖRHEAD) und auch ELVIS PRESLEYs „Suspicious Mind“ brachte das Trio hier noch unter. Insgesamt wussten MATTHEW LOGAN VASQUEZ ihre 40 Minuten wirklich gut zu nutzen und am Ende ermunterten sie auch die nordisch spröde Zuschauerschaft zum Tanzen und Klatschen.

Setlist MATTHEW LOGAN VASQUEZ

  • Sierra Blanca
  • Trailer Park
  • Ghostwriters
  • Heat
  • Red Fish
  • Halfcolt
  • Blue Eyes (MIDDLE-BROTHER-Cover)
  • Same

Als dann 25 Minuten später THE DEAD SOUTH die dunkle Stage enterten, hatten die Bremer ihre Zurückhaltung schon bald gänzlich aufgegeben. Möglicherweise wäre in diesem Zusammenhang ein Graben doch eine ganz gute Idee gewesen, dann wäre auch der Einsatz der Backlinerin nicht nötig gewesen, die so allerdings dafür sorgen musste, dass verschüttete Getränke nicht Bekanntschaft mit der unter Strom stehenden Bühnentechnik machten. Auf der anderen Seite hätte es dem einen oder anderen Gast vermutlich gutgetan, wenn er nicht jedes Bier getrunken hätte, das er in der Hand gehalten hat; dann wären manche Klatschversuche möglicherweise sogar im Takt gewesen. Aber genug gemeckert, denn der wie üblich schwarz-weiß gekleidete Vierer hat eine wahrlich großartige Show abgeliefert! Optisch hat sich zumindest Kollege Crawdaddy verändert, denn hier ist der Bart verschwunden, was aber natürlich dem musikalischen Vortrag nicht geschadet hat. Losgelegt haben die Jungs mit „The Recap“ vom bereits erwähnten Erstling und spätestens mit dem nachfolgenden „Dead Man’s Isle“ vom 2016er Nachfolger hatten die Kanadier ihre Zuschauerschaft endgültig im Griff – es ist aber auch einfach so, dass man sich der guten Laune dieser Lieder unmöglich entziehen kann. Während die vier Musiker grundsätzlich ihre festen Plätze hinter ihren mit überdimensionalen Glühlampen verzierten Mikrofonständern hatten, versammelte man sich für „Boots“ zunächst im Halbkreis, um gemeinsam wieder in die Bluegrass-Vollen zu gehen. Einen neuen Song gab’s mit „Spaghetti“ auf die Ohren. Hier war das Cello besonders präsent und auch die Mandoline hatte einen besonderen Stellenwert. Währenddessen lenkte der „Snakeman“ die Aufmerksamkeit auf Cello und Banjo, während die Bühne in grünes Licht getaucht wurde und sich die Hauptakteure des Abends Zeit ließen, in Fahrt zu kommen. Überhaupt musste man bei den Männern immer damit rechnen, dass ein Lied noch mal neu angestimmt oder nur mal eben eine kleine Kunstpause eingelegt wurde. Dank „Smootchin‘ In The Ditch“ ging‘s erneut richtig rund und auch Nats raues Organ konnte seine volle Wirkung entfalten. „Miss Mary“ animierte die Crowd zum Klatschen und ging unweigerlich ins Bein, bevor die Kapelle ihre Kehlen mit Jameson-Whiskey ölte (in Dublin war am 30.01.2019 der Auftakt der Europa-Tournee, vielleicht haben THE DEAD SOUTH die Gelegenheit für einen Ab-Werk-Einkauf genutzt) und Scott für „Time For Crawlin‘“ von Nat Gitarre und Leadvocals übernahm, während der Bandvorstand die Mandoline bearbeitete. Beim bluesigen „Black Lung“ bewies Cellist Danny seine Sangeskünste, um dann auch den Kollegen die Gelegenheit zu geben, ihr Scherflein beizutragen. Währenddessen glomm beim jeweiligen Sänger die entsprechende Glühlampe auf, ehe Mr. Hilts mit „That Bastard Son“ wieder das Sagen übernahm. Bei diesem Track ist ihm eine Saite gerissen, die erste und einzige des ganzen Abends – das habe ich vor einigen Jahren bei TDS auch schon ganz anders erlebt! Natürlich wurde der Schaden ruckzuck behoben und da auch ein Ersatz-Sechssaiter bereitstand, fiel dieses kleine Malheur gar nicht weiter auf. Mit „Diamond Ring“ und „The Dead South“ hatten die Kanadier noch zwei echte Knaller im Repertoire, der Höhepunkt des Abends war aber allemal das bereits erwähnte „In Hell I’ll Be In Good Company“, zu dem es auch eine kleine Choreografie gab, bei der natürlich das Pfeifen der Protagonisten und ihre Bierdosen nicht fehlen durften. Nat verschenkte sein Bier an einen Fan am Bühnenrand, wobei das gewiss nicht der Grund für den tosenden Applaus war, mit dem dieser unfassbar coole Song bedacht wurde. „Deep When The River‘s High“ schloss sich im grünen Zwielicht kraftvoll an und mit „Honey You“ gab es nicht nur eine Bandvorstellung, sondern auch noch mal eine volle Breitseite, bevor die Combo für einen Moment im Off verschwand, um schließlich den Zugabenblock mit dem großartigen „Banjo Odyssey“ und dem flotten „Travellin‘ Man“ kongenial zu bestreiten.

Scott hatte sich zwischenzeitlich von seinem großen Hut verabschiedet und ich war froh, mit dem Auto gefahren zu sein, da ich anderenfalls vier Songs des insgesamt 100-minütigen Sets verpasst hätte, um die letzte Regionalbahn nach Osnabrück zu bekommen. Es war wieder ein ganz besonderes Erlebnis, THE DEAD SOUTH live zu erleben und auch die Support-Acts wussten in ihrer Vielfältigkeit zu überzeugen. Jetzt fehlt zu meinem Glück nur noch ein neues TDS-Album!

Setlist THE DEAD SOUTH

  • The Recap
  • Dead Man’s Isle
  • Every Man Needs A Chew
  • Boots
  • The Good Lord
  • Spaghetti
  • Snakeman
  • Smootchin‘ In The Ditch
  • Miss Mary
  • Time For Crawlin‘
  • Black Lung
  • That Bastard Son
  • Diamond Ring
  • The Dead South
  • In Hell I’ll Be In Good Company
  • Deep When The River’s High
  • Honey You
  • Banjo Osyssey
  • Travellin‘ Man

Copyright Fotos: Ulrike Meyer-Potthoff

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