Ort: Bielefeld - Triebwerk
Datum: 30.06.2004
Mehr zufällig als geplant landete ich an diesem Abend im Triebwerk, an dem ja durchaus auch die deutsche Nationalmannschaft im Halbfinale der EM hätte stehen können. Aber wir wissen ja alle, wie es gelaufen ist und Doom-Fans sind wahrscheinlich auch nicht die richtige Soccer-Zielgruppe. Nachdem die ursprünglich avisierten KATAKLYSM aus persönlichen Gründen absagen mussten, hatten die Veranstalter ein Paket aus 4 interessanten Kapellen geschnürt, Newcomer und alte Hasen inklusive. Ca. 150 Zuschauer meist männlichen Geschlechts füllten das Triebwerk jedenfalls recht ordentlich, Musiker wie Schnalli von GOOD WITCH OF THE SOUTH (an der Kasse) inklusive.
Die erste Band des Abends sollte ALIX aus Italien (Bologna) sein, die mir schon vorab ans Herz gelegt wurde. Mit einer Sängerin ausgestattet hatte ich im ersten Moment natürlich an die supererfolgreichen EXILIA gedacht, beide Bands sollen privat sogar befreundet sein. Musikalisch liegen da aber Welten dazwischen: Da die supergestylten Nu Metaller/ Rocker, dort die Stoner-Bande in uralten Jeans, vollkommen konzentriert auf IHRE Musik. Und diese Musik würde ich mal als Stoner bzw. 70ies Rock mit Einflüssen von SABBATH bis KYUSS bezeichnen. Die gelockte Shouterin betätigte sich neben ihrer Vokalarbeit auch am Tambourine, während die beiden Saitenkünstler schwer groovende Riffs aus der Hüfte schossen. Wenngleich man bühnentechnisch noch etwas schüchtern agierte und das Publikum ein paar Meter von der Bühne entfernt stand, konnte man doch das Potenzial des Quartetts erkennen. Zum Abschluss wurden ein paar besinnlichere Töne vom Barhocker aus angestimmt, bevor es zu einer wilden StonerRiff-Orgie kam.
Die HATESPHERE-Jungs liefen bereits durch den Saal und ich befürchtete, dass sie aufgrund ihrer musikalischen Ausrichtung an diesem Abend Akzeptanz-Probleme bekommen könnten. Neben den 3 Doom/ Stoner Acts hätte ihr extremer (und extrem flotter) Metal vielleicht eine zu harte Dosis sein können, dem war aber nicht so. Das lag vor allem daran, dass man ein locker flockiges Stage Acting an den Tag legte und nicht so grimmig hereinschaute wie so manch vergleichbarer Death Metal Act. Wobei das Quintett neben Death auch sehr viele Hardcore und Thrash-Elemente in den Sound integriert hat, was den Songs spürbar gut tut. Shouter Jacob Bredahl mit Käppi und MOTÖRHEAD-Shirt wirkte wie ein großer verspielter Junge, der aber auch über die nötige Portion Aggressivität verfügt. Schon nach wenigen Minuten sprang er von der niedrigen Bühne, um die noch etwas lethargischen Fans direkt anzupowern. Auch der Saitenfraktion um den stark tätowierten Bassisten Mikael Ehlert merkte man den Spaß an der Sache an. Bei der Setlist konzentrierte man sich natürlich auf den aktuellen Longplayer „Ballet of the Brute“ (Scarlet Records), aber auch die beiden Vorgänger kamen nicht zu kurz.
Danach sollte eine Legende in Bielefeld einziehen: Scott „Wino“ Weinrich, bestens bekannt von Kapellen wie THE OBSESSED oder SAINT VITUS! Heute stellte er seine aktuelle Formation THE HIDDEN HAND vor, die demnächst eine CD namens „Night Letters“ am Start haben wird. Ich hatte ehrlich gesagt noch nie etwas von der dreiköpfigen Truppe gehört, konnte mir aber vorstellen, welcher Stilrichtung man frönen würde. Besonders beeindruckte mich Bassist Bruce Falkinburgh, der den Abend über mit einem VIBRA-Shirt herumlief, für den Gig aber oben ohne posierte. Und der Mann hat nicht gerade eine Adonis-Figur! Dafür bediente er den Bass aber formidabel und übernahm gelegentlich auch den Gesang. Wino hingegen sah aus wie ein Rockdino, spielte wie ein junger Gott und hatte die Masse fest im Griff, die ihm mehr oder weniger zu Füssen lag. Selbst Kirk Windstein der Headliner CROWBAR hatte sich direkt vor ihm aufgebaut und genoss mit den anderen in mittlerweile „süßlicher“ Atmosphäre die schweren Doom/ Stoner-Geschosse. Denn es geht bei THE HIDDEN HAND keineswegs betulich zu, schwerer Wüstenrock paart sich mit klassischem Doom, Rückkopplungen und Wah Wah-Effekte inklusive. Da Wino sich zwar perfekt an der Gitarre zeigte, seine Ansagen aber derart nuschelig waren, dass man kaum etwas verstand, kann ich hier keine Songtitel wiedergeben. Aber der Auftritt hatte Groove und versprühte gute Laune!
Leider war es jetzt schon nach 23 Uhr, und so musste ich Lokalität verlassen, ohne New Orleans „Finest“ CROWBAR genießen zu können, bei denen mittlerweile Rex Brown von den verblichenen PANTERA im Line Up ist, mit dem man ja auch schon mal bei DOWN musizierte. Da ich die Schwergewichte das letzte mal im Vorprogramm von PARADISE LOST erblickt hatte (das muss so vor 10 Jahren gewesen sein), hätte mich ein Wiedersehen sehr gefreut, immerhin konnte man sie schon den ganzen Abend über in der Crowd beobachten, wo sie einen sehr fannahen und bodenständigen Eindruck machten. Alles in allem ein bunt gemischter Abend ohne Ausfall mit viel Flair!
TK
Copyright Fotos: Karsten Thurau
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