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THE SISTERS OF MERCY

Ort: Bielefeld - Ringlokschuppen

Datum: 21.04.2006

Wenn eine Band seit über 15 Jahren kein reguläres Studioalbum mehr veröffentlicht hat und die Leute dennoch gierig jede Tournee herbeisehnen, muss es sich wohl um eine Legende handeln. THE SISTERS OF MERCY sind eine solche, auch wenn es sich natürlich streng genommen um keine Band handelt. Die Ankündigung, Andrew würde 2006 auch im Bielefelder Ringlokschuppen „herumgeistern“, wurde natürlich freudig erregt aufgenommen, der Eintrittspreis von ca. 30 Euro eher weniger. Und dennoch wurde die freitägliche Terrortruppe um ein paar Personen ergänzt, die sonst eher selten auf Konzerten aufschlagen, aber einen Teil ihrer Jugend mit den SISTERS verbracht haben. Um 19 30 gelangten wir zur Konzertstätte, die sich offensichtlich schon regen Zuspruchs erfreute. Irgendetwas zwischen 1500 und 2000 Personen hielt sich schlussendlich im großen Saal auf, der durch die vorgelagerte Bühne ein wenig verkürzt worden war. Der Altersdurchschnitt lag heuer eher über die 30, dafür waren die Anwesenden szeneübergreifend gekleidet. Die Show konnte also beginnen, direkt mit dem Headliner, denn man hielt es nicht für angebracht, noch mit einem Support zu „nerven“.

Zunächst mal wurde die Stage erwartungsgemäß völlig eingenebelt, damit es die Pressefotographen auch schön leicht haben. Erinnerungen an einen M’era Luna Gig vor ein paar Jahren kamen hoch, wo sich möglicherweise auch ein Double an den alten Hits zu schaffen gemacht hatte. Nun ja, er war es dann doch, der Wahlhamburger, glatzköpfig und mit Sonnenbrille stand er urplötzlich hinter dem Mikro. Ihm zur Seite 2 Gitarristen, namentlich Chris Catalyst (Iro und Monsterkoteletten) und der neu eingestiegene Ben Christo (eher unscheinbar, was aber auch am Bodennebel gelegen haben könnte). Adam Pearson, langjähriger Saitenzupfer der Truppe, ist offensichtlich nicht mehr dabei, obwohl er ja bei ein paar „neueren“ Stücken am Songwriting beteiligt war. 4tes, nicht sichtbares Mitglied, war natürlich der gute Doc Avalanche, der für die reichlich steril wirkende Drumuntermalung sorgte. Auch sonst kam hier einiges vom Band: Bass, Elektronik, ein paar Riffs und meiner Meinung nach auch allerhand Vocals. Ich würde hier mal von einer Art Halb-Playback sprechen, wo Eldritch dann noch seine Livegesänge draufpackte. Los ging es mit dem 2000er Song „Crash and Burn“, bevor es mit „Ribbons“ und „Dr. Jeep/ Detonation Boulevard“ zurück zum „Vision Thing“-Album ging. Eine Fraktion fanatischer Fans links vorne feierte den Meister bei jedem Stück heftigst ab, alle anderen spendeten akzeptablen Höflichkeitsapplaus. Das, was da vor einem abging, können nämlich auch nur echte Anhänger als begeisternd empfunden haben, der neutrale (und vor allem geübte) Konzertbesucher wird wohl eher die Begriffe „routiniert“ und „unnahbar“ benutzen. Zwar erwarte ich nicht, dass ein SISTERS-Konzert ein Fest der Interaktion mit den Zuschauern wird, aber etwas mehr als sich völlig vernebelt durch die einzelnen Lieder zu murmeln, dann wohl doch. Wobei Chris rechts durchaus mit nettem Posing auffiel, wenn er seine Sonnenbrille in die Show integrierte. Der Sound kam so aus den Boxen, dass man gleich hätte eine CD einlegen können, wäre auch billiger gewesen. Passend hierzu dann der „Höhepunkt“ der Darbietung: Mitten bei „Dominion“ stieg plötzlich die Technik aus, die 3 waren leicht verdutzt, stapften dann aber lässig von der Bühne. Nach gefühlten 20 Minuten kamen die Herren dann wieder, um den Song noch einmal anzustimmen, irgendwas brabbelte der Sänger dazu, was aber eh nicht zu verstehen war. Im Grunde hatten die barmherzigen Schwestern selbst Schuld an dem technischen Fauxpas. Der übertriebene Einsatz von Nebel hatte nämlich den Rauchmelder alarmiert, was wiederum zum beschriebenen Ausfall führte.

Erstaunlicherweise wurde der Sound nach der Zwangspause ein gutes Stück besser und das Konzert insgesamt unterhaltsamer, was auch an Hits wie „Alice“ „Never Land“ und vor allem „This Corrosion“ lag, welches lauthals mitgebrüllt wurde. Danach war dann aber auch schon Schluss mit dem Hauptteil, nach ca. 65 effektiven Minuten. Die obligatorischen 2 Zugabeblöcke durften natürlich nicht fehlen, „Lucretia my Reflection“ und das abschließende „Temple of Love“ konnten ein wenig versöhnen, das dynamisch inszenierte Instrumental „Top Nite out“ sogar kurzzeitig begeistern. Das alles täuschte aber nicht darüber hinweg, dass wir einer nur sehr durchwachsenen Performance beigewohnt hatten, was man auch den Kommentaren sämtlicher Umstehende entnehmen konnte. Dabei ging es nicht nur darum, dass Klassiker wie „Marian“ oder „More“ ausgespart worden waren, die gesamte Atmosphäre besaß einen faden Beigeschmack. Legenden müssen für den Preis mehr, „echtere“ und leidenschaftlichere Musik bieten, sonst werden sie auf Dauer keine Legenden bleiben…

Setlist
Crash and Burn
Ribbons
Dr. Jeep/ Detonation Boulevard
When you don’t see me
Flood 1
Suzanne
Giving Ground
Summer
Dominion
Slept
Alice
Anaconda
Romeo Down
Never land
This Corrosion

Something Fast
Lucretia my Reflection

Top nite out
Temple of love

Copyright Fotos: Jörg Rambow

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