Ort: Hamburg - Markthalle
Datum: 05.04.2006
Alle guten Dinge sind drei… So freute ich mich besonders, dass ich nach Albumrezension und Interview nun auch erstmalig die Livequalitäten der norwegischen Gothic-Metal Band THEATRE OF TRAGEDY erleben durfte. So waren die fast 200 km kein Hindernis, und es ging auf nach Hamburg. Weiterhin reizvoll gestaltete sich die Tatsache, dass als Support der ebenfalls norwegische GOTHMINISTER und als Special Guests die 90iger Goth-Rock Legende CATASTROPHE BALLET mit von der Partie sein würden.
Eine wenig Enttäuschung machte sich breit, als nicht der große Saal der Markthalle geöffnet wurde, sondern nur ein kleiner Nebenraum mit Mini-Bühne, auf der die Bands auftreten sollten. Aber die kleine Anzahl an überwiegend älterem Publikum hätte wahrscheinlich sehr verloren gewirkt im Hauptsaal, und obwohl der Raum winzig war, blieb die Anzahl der Gäste den ganzen Abend übersichtlich, dafür aber voller Prominenz. Gesichtet wurden Ronan Harris (VNV Nation) und Tilo Wolff (LACRIMOSA), die sich unter das Schwarzvolk mischten. Als erster Act betraten noch vor offiziellem Beginn GOTHMINISTER die Bühne. Die Band um Frontmann Bjørn Alexander Brem, der mit seiner imposanten Größe und heftigem Make up hervorstach, überzeugte das spärlich erschienene Publikum ziemlich schnell mit einer Mischung aus Metal und Electro, Synthies und harten Riffs. Die älteren Songs wie „Angel“, „Devil“ oder „Wish“ wurden gut abgefeiert. Der Minister gab alles, was auf der kleinen Bühne möglich war. So kamen auch die obligatorischen Totenkopf-Accessoires zum Einsatz. Beeindruckend empfand ich seine Stimme, die von aggressiv und brutal, dunkel bis flüsternd und schreiend reichte. Die der Liveband angehörenden Mitglieder Machine, Chris Dead und Android liefen zur Höchstform auf, nur die bizarr wirkende Dementia fehlte als optischer Anreiz. Vielleicht auch nur denen, die schon einmal einen Auftritt mit ihr erleben durften. Vom aktuellen Album „Empire of Dark Salvation“, welches eindeutig mehr Gitarrendominanz besitzt, präsentierte der Horrorfilmfan das rockig mitreißende „Dark Salvation“, das hymnische „Monsters“ und zuletzt „Happiness in Darkness“. Ein Song, der die Lebenseinstellung des GOTHMINISTERs widerspiegelt, nämlich die Auseinandersetzung mit den dunklen Seiten des Lebens, um daraus Kreativität und Inspiration zu schöpfen. Die Anwesenden waren mittlerweile gut aufgewärmt, von der energetischen Gruselshow begeistert, applaudierten und jubelten lautstark. Ja, das ist der Job einer Supportband und dieser wurde mit Bravour gemeistert.
Die schwierige Aufgabe die Stimmung zu halten bzw. noch zu steigern, hatten CATASTROPHE BALLET, die schon kurze Zeit später die Bühne betraten. Doch der facettenreiche Gothic Rock konnte während des gesamten Auftritts nicht punkten. Der Funke sprang einfach nicht über, obwohl Sänger Eric Burton und seine Jungs sich wirklich Mühe gaben. Vielleicht etwas nervös, aber durchweg sympathisch und spielfreudig. Da konnten auch alte Hits wie „House of Hate“ oder „Garden of Decay“ nicht wirklich überzeugen und entlockten dem Publikum nur höflichen Applaus. Eric rockte mit einer Neonröhre und verteilte Bier im Publikum, leider ohne Erfolg. Die Hamburger blieben stur. Mit „Licht in meinen Träumen“ vom kommenden 7. Album „…and all Beauty dies“ folgte ein wunderschöner, deutschsprachiger Song des Sets, der mir im Gehör geblieben ist. Auch „Lovers Delight“ klang nach einem frischen, modernen Gothic-Rock-Ohrwurm. Ein Duett mit einer mir nicht bekannten Dame folgte bei „Love is dead & death is the only love“ vom Album „Menschenfeind“. Mit dem Dancefloorknaller und Sigue-Sigue-Sputnik-Cover „21st Century Boy“ beendeten CATASTROPHE BALLET Ihr Set und verließen das undankbare Publikum. Jetzt ist die Band erst wieder auf dem Wave Gotik Treffen in Leipzig live zu sehen, denn der anstehende Hannover Gig wurde kurzfristig aus organisatorischen Gründen abgesagt.
Eine kurze Umbaupause wurde zum Getränkeholen genutzt, und dann ging auch schon das Licht aus. Man spürte förmlich die Neugierde der Anwesenden auf den Auftritt des Headliners THEATRE OF TRAGEDY. Zuerst betraten Gitarrist Vegard, Ersatzgitarrist Bjørnar, Drummer Hein Frode und Keyborder Lorentz die Bühne. Zum Intro von „Storm“, mit freudigem Beifall begrüßt, kamen dann auch endlich Raymond und Sängerin Nell zum Vorschein. Alle Blicke musterten die zierliche Dame, die sofort mit ihrer wunderschönen hellen Stimme begeisterte. Sie zog alle mit ihrem bezaubernden Lächeln in den Bann und schenkte auch den Bandmitgliedern jede Menge Aufmerksamkeit. Entgegen meines Verdachts, dass hauptsächlich die neueren Songs gespielt werden, erklang als nächstes vom 98iger Album „Aégis“ der atmosphärische Titel „Lorelei“. Ruhig und ausdrucksstark sang Nell die Vocals, irgendwie auch einen Tick kraftvoller als damals Liv Kristine, im Duett mit dem cleanen Gesang Raymonds. Weiter zurück in die Vergangenheit ging es mit dem düsteren „Bring Forth ye Shadow“. Ein schöner Rückblick in die Zeit, als Raymonds Grunzvocals und meist derbe Riffs vorherrschten. Nach dem nächsten Klassiker „Venus“ folgte ein Song des neuesten Werkes namens „Silence“. Man merkte deutlich, wie stolz die Band auf dieses Album ist, und alle legten sich mächtig ins Zeug. Besonders Hein Frode Hansen machte von hinten an den Drums ordentlich Stimmung, leider konnten ihn wohl die wenigsten richtig sehen, bedingt durch die kleine, zugestellte Bühne. Nell blühte auch noch mal richtig auf, denn hier musste sie keinen „vererbten“ Song singen. Um dem anwesenden Publikum ein breites Spektrum aller ToT-Werke zu bieten, folgten „Cassandra“ und „And when he falleth“. Den ersten Stimmungshöhepunkt gab es bei „Fragment“ vom 2000er Album „Musique“. Sehr elektronisch, simpel konzipiert und mit super eingängigem Refrain, den das Publikum lauthals mitsang. Die Band freute das sichtlich und man warf sich gegenseitig belustigte und glückliche Blicke zu. „Fade“ als aktueller Song wurde im Gegensatz zur Albumversion viel rockiger gespielt. Richtig fetten Gitarrensound und tanzbare Beats bekamen die feiernden Gäste mit „Crash/ Concrete“ zu hören. Die Minihalle tobte und klatschte, und es ist immer wieder erstaunlich, wie laut ein so kleiner Auflauf an Leuten sein kann. Weiter ging es mit poppigem Wave/ Electro/ Rock und dem Song „Episode“, in dem Raymond mit betont coolem Sprechgesang „sang“. Wenig metallisch aber sehr mitreißend! Die wunderschöne Ballade „A Rose for the Dead“ aus der früheren Schaffensphase verschaffte allen eine kurze Pause, bevor es mit „Ashes and Dreams“ und dem Hit „Machine“ weiterging. Letzter beendete vorerst den Auftritt. Lautes Klatschen, Schreien und Gejubel begleitete die Band Backstage und so ließen sie sich nicht lange bitten und betraten für ihre einzige Zugabe erneut die Bühne.
Schon die ersten Klänge von „Image“ ernteten donnernden Applaus, und der Refrain „I’m gonna get you up, I’m gonna get on top…“ war allen geläufig. Ein schönes Zusammenspiel und sehr gute Interaktion mit dem Publikum. Bei dem leider schon letzten Song des Abends „A Hamlet for a Slothful Vassal“ wurden die Anwesenden in die Anfangstage der Band zurückversetzt und konnten zu anmutig schönem Gothic Metal kräftig die Mähnen schütteln. Glücklich bedankten sich die Norweger bei ihrem fantastischen Publikum und verließen die Bühne, um sich schon nach ungefähr zwei Minuten in der Lobby der Markthalle rumzutreiben, gemütliche Smalltalks zu führen und Autogramme zu schreiben.
Es war ein sehr schöner Abend, mit guten Vorbands, die zwar nicht immer zusammenpassten, aber den Horizont erweiterten. THEATRE OF TRAGEDY waren in ihrer Karriere sicherlich schon weiter oben, doch nach vierjähriger Pause ist ihr eingeschlagener Weg mit beispiellosem Engagement und Sympathie ein guter Neustart!
Setlist GOTHMINISTER
Angel
Devil
Dark Salvation
Monsters
Happiness in Darkness
Swallowed by the earth
Wish
Setlist CATASTROPHE BALLET
Lescalier + House of Hate
Mother
Key to your World
Eyelid
Lovers Delight
Licht in meinen Träumen
Love is Dead
Consequentely
Garden of Decay
21st Century Boy
Setlist THEATRE OF TRAGEDY
Storm
Lorelei
Bring Forth ye Shadow
Venus
Silence
Cassandra
And when he Falleth
Fragment
Fade
Crash/ Concrete
Episode
Begin and End
A Rose for the Dead
Ashes and Dreams
Machine
Image
A Hamlet for a Slothful Vassal
Copyright Fotos: Cath Niemann
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