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THEES UHLMANN & BAND

Ort: Georgsmarienhütte – Waldbühne

Datum: 15.07.2023

THEES UHLMANN auf der Waldbühne! Nein, nicht in Berlin, sondern im beschaulichen Kloster Oesede! Mehr Lokalkolorit kann eine Konzertlocation für mich nicht haben, denn ich bin gerade mal einen Kilometer Luftlinie entfernt aufgewachsen. Rund 1.000 Fans, die den Autokennzeichen zufolge allerdings auch weitere Wege in das Osnabrücker Umland in Kauf genommen hatten, waren dem Ruf des 49-jährigen Sängers und Schriftstellers gefolgt und so war die 1951 errichtete Spielstätte sehr gut gefüllt, als pünktlich um 19.30 Uhr der Hauptprotagonist des Abends mit seiner sechsköpfigen Begleitband die Stage enterte.

Los ging es mit dem Song „Fünf Jahre nicht gesungen“ vom letzten Studioalbum „Junkies und Scientologen“, das bereits 2019 erschienen ist. Inhaltlich stimmt der Titel natürlich nicht mehr, aber tatsächlich gab es zwischen dem 2013er „#2“ und „Junkies und Scientologen“ eine längere Phase, in der Thees nicht als Musiker, sondern als Autor auf der Bühne stand bzw. saß. Gefühlt hat uns alle aber Corona fünf Jahre lang Live-Musik geklaut und allemal war die Nummer ein guter Start in den lauen Sommerabend. Mit „Danke für die Angst“ kam dann auch Leben ins Auditorium, das sich mehrheitlich von den Bänken erhob und dass Uhlo dieses Stück über Stephen King Georgsmarienhütte verehrt hat, ist gar nicht so abwegig, schließlich spielten Kings Geschichten häufig in Kleinstädten wie es Georgsmarienhütte eine ist. Für „Die Toten auf dem Rücksitz“ vom selbstbetitelten Debüt aus 2011 legte Thees seine Gitarre an die Seite und widmete den emotionalen Song der Liebe und der (Tour)-Musik. Natürlich durften auch seine dezent ausufernden Ansagen nicht fehlen: Etwa die Entstehungsgeschichte von „Das Mädchen von Kasse 2“ (Stichwort „SLAYER!“) und wie peinlich der inzwischen 16-jährigen Tochter der Papa manches Mal ist. Der Typ im uralten TOMTE-Shirt wurde für seine langjährige Verbundenheit mit einem neuen Shirt belohnt und ein Junge in der ersten Reihe bekam gar Thees‘ Mundharmonika geschenkt, weil der sich so freute, dass nicht nur Erwachsene inzwischen doch überwiegend älteren Semesters seine Musik mögen. Bei „Zugvögel“ durfte das Publikum auch ein erstes Mal den beliebten Gefangenenchor geben, der jedoch seinen wirklich großen Auftritt kurz nach 21 Uhr beim letzten und wunderbaren Track „Zum Laichen und Sterben ziehen die Lachse den Fluss hinauf“ hatte. Bis die ‚Uhuhus‘ der Anwesenden THEES UHLMANN & BAND jedoch für die Zugaben auf die Bühne zurückholten, stand dank „Ich bin der Fahrer, der die Frauen nach HipHop Videodrehs nach Hause bringt“ noch ein nachdenklicher Moment auf dem Programm, bevor „Was wird aus Hannover“ gitarrengetrieben nach vorn drängte und „17 Worte“ lauthals mitgesungen wurde. Ein Highlight war natürlich „Lat 53.7 Lon 9.11667“ – besser bekannt als „Hier komm ich her, hier bin ich geboren“! Auch der TOMTE-Block wurde amtlich abgefeiert: „Die Schönheit der Chance“ performte der Bandmitbegründer allein mit seiner Akustikgitarre, ehe „Ich sang die ganze Zeit von dir“ wieder gemeinsam mit Nitzan Hoffmann, Rudi Maier und Martin Kelly an den Sechssaitern, Simon Frontzek an den Tasten, Hubi Steiner am Bass und Max Perner an den Fellen zum Besten gegeben wurde. Die Zuhörerschaft zeigte sich hier und auch beim druckvollen „Schreit den Namen meiner Mutter“ textsicher und wer braucht schon BRUCE SPRINGSTEEN im Hamburger Volkspark Stadion, wenn man parallel THEES UHLMANN auf der Waldbühne Kloster Oesede haben kann? Diese Frage hat Thees auch seinem Label-Buddy Marcus Wiebusch gestellt, der doch tatsächlich den Boss vorgezogen hat! Gemeinsam mit Reimer Bustorff, der wie Wiebusch der Indie-Institution KETTCAR angehört, hat Uhlmann 2002 das Kult-Label Grand Hotel von Cleef gegründet, zu dem er auch „Katy Grayson Perry“ holen möchte. Mein persönlicher Höhepunkt des Gigs war das fantastische „& Jay-Z singt uns ein Lied“, wobei mich auch die Ansage zu „Avicii“ berührt hat. Bekanntermaßen hat sich der erfolgreiche schwedische Electro-DJ mit nur 28 Jahren 2018 das Leben genommen und Thees forderte alle auf, die mit Depressionen zu kämpfen haben, sich Hilfe bei Freunden zu holen. Vorm Konzert war ich noch auf dem nahen Friedhof, um Blumen auf das Grab meines besten Freundes zu legen, dessen Todestag sich zum 13. Mal jährte und dem ich leider letztlich bei seinen psychischen Problemen nicht helfen konnte. Das Leben gehört gefeiert und dazu eignete sich dann auch das bereits erwähnte „Zum Laichen und Sterben ziehen die Lachse den Fluss hinauf“ ganz hervorragend!

Tatsächlich waren 90 Minuten wie im Flug vergangen und immerhin stand ja noch der Zugabenblock an, den „Römer am Ende Roms“ eröffnete. Ein Pärchen animierte das Lied, bei dem Uhlmann zur Mundharmonika griff, sogar zum Paartanz, ehe „Satelliten senden leise“ für einen ruhigen Ausklang eines fantastischen Konzertabends sorgte. THEES UHLMANN strotzte einfach wieder mal vor Spielfreude und irgendwie ist ein Gig mit ihm immer wie alte Freunde wiedertreffen (von denen einige auch tatsächlich im Publikum waren, sowohl von Thees als auch von mir!): es wird ein bisschen geplaudert und Musik gehört/gemacht – wie gut, dass der Typ aus Hemmoor an der Nordseeküste nicht auf seinen Vater gehört hat und eben diese Musik nicht nur ein Hobby geblieben ist!

Setlist

  • Fünf Jahre nicht gesungen
  • Danke für die Angst
  • Die Toten auf dem Rücksitz
  • Zugvögel
  • Das Mädchen von Kasse2
  • Ich bin der Fahrer, der die Frauen nach HipHop Videodrehs nach Hause bringt
  • Was wird aus Hannover
  • 17 Worte
  • Lat 53.7 Lon 9.11667
  • Die Schönheit der Chance (TOMTE)
  • Ich sang die ganze Zeit von dir (TOMTE)
  • Schreit den Namen meiner Mutter (TOMTE)
  • Katy Grayson Perry
  • & Jay-Z singt uns ein Lied
  • Avicii
  • Zum Laichen und Sterben ziehen die Lachse den Fluss hinauf
  • Römer am Ende Roms
  • Ein Satellit sendet leise

Copyright Fotos: Marcel Linke

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