Konzert Filter

THERAPY? – CLAUS GRABKE

Ort: Hameln - Sumpfblume

Datum: 12.11.2006

Alte Besen kehren gut. Diese wahrlich nicht despektierlich gemeinte These sollte an diesem nasskalten Sonntag Abend in der Rattenfängerstadt Hameln Wirklichkeit werden, in der mit CLAUS GRABKE und der nordirischen Formation THERAPY? gleich 2 Rockhaudegen auf den Putz hauen wollten. In der Sumpfblume finden nicht so oft Konzerte von internationalem Niveau statt, so ließen wir uns die Chance natürlich nicht entgehen und fanden uns mit ca. 150 Gleichgesinnten (und zumeist über 30-Jährigen) in der gemütlichen Location ein.

Fast sogar ein wenig zu gemütlich, denn als Claus Grabke mit seinen Sidekicks Lena Jeckel (Bass) und Sven Pollkötter am Schlagzeug auf die Bühne trat, blieben die Gäste ausnahmslos… sitzen. Die in U-Form aufgebaute Sitzreihe ließ so ein wenig Ilja Richter-Disco Flair wieder auferstehen, aufmerksame Zuhörer mit leichten Kopfnickbewegungen zu energisch vorgetragenem Rock. Claus ist sicherlich DIE Gütersloher Ikone der Gitarrenmusik, siehe THUMB, ALTERNATIVE ALLSTARS, seine Produzententätigkeit. Nun als fast altersweiser Mensch besinnt er sich der straighten Gitarrenklänge mit leichtem Blues angemischt und kommt damit überraschend erdig rüber. Um die Anwesenden ein wenig aus der Altersteilzeit zu holen, haute das Trio erstmal 4-5 Songs am Stück raus, inklusive ein paar Showeinlagen an der Gitarre, wenn Claus direkt in den Saiten-Korpus hineinbrüllte. Lena rechts überzeugte neben ihrem Spiel vor allem durch Anmut und einen modischen Schal, während sich der archetypische Ostwestfale am Kit richtiggehend verausgabte. Die Setlist bestand erwartungsgemäß aus Tracks der ersten Scheibe der aktuellen Doppel CD „Dead Hippies – Sad Robot“, die Claus unter seinem eigenen Namen vor kurzem publiziert hat. Die Titel des 2ten Silberlings sind eher ruhig-verstörend-komplex ausgefallen und von daher nicht unbedingt konzertfähig, zumindest nicht vor so einer straighten Formation wie THERAPY?. U.a. präsentierte man „Cause I can“, „You’re no good for me“ und „I’m Dangerous“ sowie mit „110% Rock“ auch einen Song der ALTERNATIVE ALLSTARS. Die 40 Minuten Spielzeit zeigten schließlich Wirkung, denn das Publikum zollte am Ende doch relativ begeistert Beifall und nahm dem guten Herrn Grabke einige CDs ab, somit sollte das Spritgeld wieder rein gekommen sein.

Danach wartete man gespannt auf den Headliner, der sicher seine allerbesten Tage schon vor längerer Zeit gesehen, aber nichts von seiner Faszination verloren hat. Seit 1989 musizieren die Insulaner schon und haben in der Zeit 9 Alben, eine Best of und 2 EPs veröffentlicht. Ihr absolutes künstlerisches Hoch hatten sie im Jahre 1994, als sie mit „Troublegum“ ein Album voller perfekter Hits vorlegen konnten. Dementsprechend hoffte ich auch auf eine entsprechende Berücksichtigung in der Playlist. Ihr 2006er Werk „One Cure fits all“ war mir zwar nicht bekannt, wurde aber von Kollegen als wieder sehr energisch und druckvoll charakterisiert. Kurz vor 22 Uhr standen dann drei nicht mehr ganz junge Herren vor uns, stilvoll in schwarz gekleidet. Jetzt machten sich auch einige auf, ihre Leiber direkt vor der Stage in Bewegung zu setzen, später gab es sogar einen kleinen Pit. Basser Michael links kriegte das Grinsen gar nicht mehr aus dem Gesicht, so viel Spaß schien ihm der Auftritt zu machen. Und das ist auch das große Plus von THERAPY?. Hier stand keine abgehalfterte Altherrenriege vor uns, diese Typen waren noch richtig hungrig auf Spaß und Spiel. Aushängeschild Andy Cairns rechts mag etwas fülliger geworden sein, der irre Tommy Victor-Gedächtnisblick und das Stage Acting wiesen ihn aber als richtigen Rock ’n’ Roller aus. Mit „Sprung“ legte man druckvoll los und schon an dritter Stelle folgte mit „Screamager“ der erste „Troublegum“-Hit, gleich gefolgt von „Die Laughing“. Danach unternahm man eine kleine Reise durch die Discographie, inklusive natürlich einiger neuer Titel. Schön das zweiteilige Akustikset, welches den Beweis antrat, dass die Nordiren auch leisere Töne perfekt beherrschen. Da sah man auch über ein paar kleine Gesangsschwächen des Fronters hinweg. Und schon ging es weiter mit dem Metal Punk Rock Noise-Hybriden, der meistenteils sehr groovy vor sich hin fegte. Bei „Isolation“ baute man gar eine englisch intonierte Strophe von KRAFTWERKs „Das Modell“ ein, schöner Einfall dies. Dann war erstmal Schluss und es dauerte eine ganze Weile, bis THERAPY? wieder zurückkehrten – alte Herren brauchen wohl doch eine längere Pause. Der Zugabenteil umfasste dann immerhin gleich 5 Lieder, von denen die letzten 3 allesamt der „Troublegum“ entstammten. „Trigger Inside“, „Nowhere“ und „Knives“ sind aber auch ein ideales Abschluss Package für ein jedes Konzert und so gaben die Anwesenden Mattenschüttler noch mal alles, egal ob die Matte noch vorhanden oder längst einer bürgerlichen Frisur gewichen war.

Ein richtig schönes Konzert hatten wir da erlebt, ein netter, intimer Rahmen und 2 Acts, denen es auf das Spiel und nicht die Show ankommt. Und was uns noch wohltuend auffiel: Nicht einer der Konzertbesucher hielt sein Handy hoch, um irgendwelche sinnlosen Konzertmitschnitte mitzufilmen, auf denen hinterher eh keiner mehr was erkennt.

Setlist CLAUS GRABKE
Cause I Can
Like a Wildman
Take it out on me
I never wanted anything so bad
Look who’s bad right now
I’m dangerous
You’re no good for me
Start walking the walk
11% Rock
Ode to my Solitude

Copyright Fotos: Karsten Thurau

Es ist noch kein Kommentar vorhanden.

Hinterlassen Sie einen Kommentar.

Mehr zu CLAUS GRABKE auf terrorverlag.com

Mehr zu THERAPY? auf terrorverlag.com