Ort: Köln - Live Music Hall
Datum: 14.12.2008
So ganz konnten wir uns am zweiten Tag unseres Konzert-Wochenendes in Köln nicht von den touristischen Attraktionen der Domstadt fernhalten, weshalb es auch uns zum imposanten Gotteshaus zog, wo ebenso wie auf dem benachbarten Weihnachtsmarkt ordentlich Trubel herrschte. Eigentlich eine gute Einstimmung auf das abendliche Konzert in der Live Music Hall, die bis auf den letzten Platz ausverkauft war. So konnten wir uns schon mal an Geschiebe, Gedränge und viele Menschen auf engstem Raum gewöhnen, denn so ähnlich sollte es später bei THOMAS D mit annähernd 2000 Zuschauern auch aussehen.
Zunächst einmal enterte um 20 Uhr jedoch ein Herr in Satin-Boxershorts und mit langen, weißen Bändern im Haar, die stark an Brautschmuck erinnerten, die Stage. Mit von der Partie waren noch ein Gitarrist, ein Keyboarder sowie ein Drummer. Abgesehen von Letztgenanntem hatten die Herren seltsamen Glitzerlidschatten aufgetragen, man durfte also gespannt sein, welche Art musikalischer Vortrag zu erwarten war. Los ging’s mit elektronischem Gefrickel, dem sich das flotte „Let’s Pray Love“ anschloss. Wie wir vom mitteilungsbedürftigen Fronter und Namensgeber der Kapelle erfahren durften, hatte der Herr tags zuvor seine Stimme in einer Karaoke-Bar beim Schrei-Part von FALCOs „Jeanny“ arg strapaziert, was aber bei „Light Bomb Scene“ nicht weiter auffiel. Dann wurden Affen-Geräusche mit dem Publikum geprobt, wobei sich ein Anwesender, der sogleich den Namen Mogli bekam, besonders hervortat, was mit einem ENIK-T-Shirt belohnt wurde. Diese Affenübungen wurden natürlich umgehend in der schrägen Indie-Nummer „No One Can Stop The Monkey Wheel“ umgesetzt, dann folgte mit „Get Me Laid In San Francisco“ auch schon bald der letzte Song des rührigen Musikers, der gemeinsam mit THOMAS D auch für „Vergiftet im Schlaf“ verantwortlich zeichnet. Den Kölnern hatte diese erste halbe Stunde ganz offensichtlich gefallen, denn es wurde nicht mit Applaus gespart, doch jetzt stieg langsam die ungeduldige Spannung, was der Abend noch bringen würde.
Immerhin deutete das riesige, weiße, dreidimensionale TD-Emblem schon an, dass der gebürtige Schwabe sich nicht lumpen lassen würde, was seine Bühnenshow angeht, immerhin ist man diesbezüglich auch von den FANTASTISCHEN VIER einiges gewohnt. Tatsächlich entpunkte sich die Konstruktion schon beim Opener „Get On Board“ vom aktuellen „Kennzeichen D“-Album als Projektionsfläche für allerlei Videos, die im Laufe des Gigs über die großflächigen Stoffbahnen flimmern sollten. Derweil hatte THOMAS D, der als gelernter Frisör natürlich ein Händchen für ausgefallene Frisuren hat und heuer mit einem rasierten Muster auf dem Kopf auf der Bühne stand, seine Fans absolut im Griff, weshalb auch beim Handtuch Song „Keine Panik“ nicht wenige Frottier-Laken über den Köpfen der begeisterten Anwesenden kreisten. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich der rastazöpfige Percussionist bereits seines T-Shirts entledigt, während eine sehenswerte Lightshow „Wir brauchen dich“ begleitete. Mit „Killesberg Baby“ folgte eine groovige, alte Nummer vom ersten THOMAS D-Silberling „Solo“, der 1997 erschienen ist. Mit „15 Min. of Fame“ setzte es einen Seitenhieb auf den ganzen Casting-Show-Mist im TV, wobei THOMAS D die wahrscheinlich nicht ganz verkehrte Vermutung äußerte, dass Dieter Bohlen ihn bestimmt aufgrund mangelnden Talents rauswählen würde. Passend zu dem ganzen kranken Hype im Fernsehen gab’s auf der Stage einen wilden Hühnertanz, an dem auch die Background-Sänger(innen) und Musiker beteiligt waren. Da ein THOMAS D-Konzert jedoch nicht nur aus einer einzigen großen Party besteht, folgte mit „Neophyta“ ein wunderbares Liebeslied, das der Ausnahmekünstler für seine kleine Tochter geschrieben hat und mit dem er Gänsehaut-Stimmung in der LMH verbreitete. Nach einer kurzen Bandvorstellung (großes, sehr gutes Orchester!) ging es bei „Thank U For The Music“ mit recht harten Sounds weiter, bevor THOMAS D mit seinem männlichen Backgroundsänger „Rennen“ im Zwiegesang vortrug. Mit „Liebesbrief“ folgte ein weiterer Höhepunkt, bei dem die Stage fast im Dunkeln lag. Kühles blaues Licht waberte über die Bühne, während rote Strahler für besondere Effekte bei diesem grandiosen Klassiker sorgten. Getoppt wurde das Ganze noch vom folgenden „Uns trennt das Leben“, bei dem sich Thomas in einem grünen Lichtkegel befand und im Hintergrund auf der Leinwand mysteriöse Videos liefen. Spätestens jetzt hatte Herr Dürr (so der bürgerliche Name von TD) auch den letzten Zuschauer in seinen Bann gezogen, es wäre nur schön gewesen, wenn in meiner direkten Umgebung nicht völlig überdrehte Frauen gestanden hätten, die das Kreischen, Qualmen und Schnattern auch in solchen ruhigen Momenten überhaupt nicht sein lassen konnten. Nun ja, einen oder mehrere Schläge hätte ich den Damen insgeheim gern verpasst, aber das habe ich in musikalischer Hinsicht THOMAS D überlassen, der ein eigens bereitgestelltes Drumkit mit leuchtenden Drumsticks bearbeitete, während er „Der eine Schlag“ zum Besten gab. Rote Lichtblitze zuckten bei „Wish“ durch die Halle. Dieses Stück hat der bekennende Veganer 1998 zusammen mit Franka Potente gemacht, die in dem dazugehörenden Film „Lola rennt“ auch die Titelrolle spielte. In Köln übernahmen den weiblichen Part die beiden Backgroundsängerinnen, bevor ENIK sich wieder auf der Stage einfand. Diesmal hatte er sich standesgemäß in einen schwarzen Anzug geschmissen, zeigte Thomas noch schnell, was er dem Auditorium beigebracht hatte (Stichwort „Affen“), um dann gemeinsam den druckvollen Hip-Hop-Track„Vergiftet im Schlaf“ zu rappen. Auch die orchestrale „Symphonie der Zerstörung“ begleitete der Support-Mann weiter mit seiner Stimme, die leider live neben THOMAS D etwas unterging. Trotzdem wurde die Nummer mit viel Beifall belohnt, was sich beim grandiosen „Gebet an den Planet“ aus „Lektionen in Demut“ aus 2001 noch steigerte. Nach diesem kurzen Ausflug in melancholische Gefilde ließ es „Fluss“ wieder krachen und wie im Fluge waren 90 Minuten mit einem fantastischen THOMAS D vergangen. Der Rastamann machte noch ein paar Fotos vom Auditorium, dann verabschiedete sich die Truppe für ein kurzes Sammeln im Backstage-Bereich. Schließlich stand noch eine Weltpremiere auf dem Programm! Zum ersten Mal wurde „Fighter“ live gespielt und der fette Sound wusste zweifelsfrei von den ersten Klängen an zu begeistern. Mit „Alle für jeden“ zeigte sich THOMAS D von einer ungewohnt punkigen Seite, dann schloss sich mit „Rückenwind“ eine weitere Hymne des sehr präsenten Künstlers an. Dieser legte noch schnell einen kleinen Strip hin, während er sich aus seinem Shirt schälte und seine zahlreichen Tattoos präsentierte. Wie schon am Vorabend bei EVERLAST endete der Gig mit einer kollektiven Party und einem Massenhüpfen, das die gesamte Halle von der ersten bis zur letzten Reihe erfasste.
Ein paar letzten Verbeugungen später verschwanden THOMAS D und seine überaus fähigen Mitstreiter nach 105 Minuten im Off und wir nutzten den „Rückenwind“, um schnell auf die Bahn zu kommen. Welche Musik im Auto-CD-Player lief, dürfte nicht schwer zu erraten sein. Auch wenn THOMAS D einen kongenialen Abriss seiner Solo-Diskografie abgeliefert hat, gab’s doch noch ein paar Songs, die ebenfalls gehört werden wollten, mal ganz abgesehen davon, das man sich die TD-Lieder auch problemlos mehrfach am Abend anhören kann. Ein perfekter Abschluss meines diesjährigen Konzertjahres!
Setlist THOMAS D
Get on Board
Keine Panik (Der Handtuch Song)
Wir brauchen Dich
Killesberg Baby
15 Min, of Fame
Ride On
Neophyta
Thank U For The Music
Rennen
Liebesbrief
Uns trennt das Leben
Der eine Schlag
Wish
Vergiftet im Schlaf
Symphonie der Zerstörung
Gebet an den Planet
Fluss
Fighter
Alle für jeden
Rückenwind
Copyright Fotos: Jan-Hendrik Kruse
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