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TORSTEN STRÄTER

Ort: Osnabrück – OsnabrückHalle

Datum: 30.10.2019

„Schnee, der auf Ceran fällt“ heißt das neue Programm von TORSTEN STRÄTER. Es hätte auch der Titel „Fräulein Godzillas Gespür für Schnee“ werden können, aber davon hielt die Agentin des Mützenträgers nichts. Die Cineasten unter den Terrorverlag-Lesern haben längst bemerkt, dass der 53jährige Komödiant ganz offensichtlich auch ein großer Film-Fan ist, denn natürlich haben wir es hier mit Verballhornungen von zwei Filmklassikern zu tun (gut, beide Streifen basieren auf Büchern gleichen Namens, aber lehne mich mal ganz weit aus dem Fenster und behaupte, dass Herr Sträter seine Inspiration am DVD- und nicht am Bücherregal gefunden hat). Denn Torsten steht auf bewegte Bilder, die durchaus auch in Form von Ballerspielen über den Bildschirm flimmern können, wie er sein Auditorium an diesem Mittwochabend in der ausverkauften OsnabrückHalle wissen ließ. Bestimmt hat er auch Bücher – immerhin hat er selbst auch schon welche geschrieben (zuletzt „Es ist nie zu spät, unpünktlich zu sein“ – ein best of von Texten der letzten Jahre, das in der vergangenen Woche erschienen ist), aber noch viel lieber hängt er halt vor der Glotze ab, wie er seiner Zuschauerschaft wiederholt versicherte, als er an diesem Abend auf die ihm eigene, unfassbar witzige Art abschweifte. Denn um seine Texte, die er bisweilen beispielsweise bei Dieter Nuhr im Ersten vorliest, geht es in seinen Solo-Programmen im Grunde nur am Rande. Der gelernte Herrenschneider, der erst vergleichsweise spät zu Comedy und Kabarett kam, kommt vielmehr scheinbar zusammenhanglos von Hölzken auf Stöckchen und unterhält sein Publikum auf diese Weise bestens.

Heuer war er anders als vor zwei Jahren an der gleichen Stelle pünktlich, musste sich jedoch für einen feuchten Fleck auf seiner Hose entschuldigen, nachdem die Musik der mongolischen Hardrock-Band THE HU verklungen war, zu der er seinen Platz an Stehtisch und Barhocker eingenommen hatte. Kurz vor Beginn der Show war nämlich noch Gratin auf das Beinkleid des Vaters eines 16-jährigen Sohnes gefallen. Und ja: auch so eine Belanglosigkeit bringt TORSTEN STRÄTER so amüsant rüber, dass der Saal schlicht in kollektives Kichern ausbricht. Auch über seine Hater, die er nach entsprechenden Äußerungen seinerseits in den Reihen von Nazis und Homöopathen hat (um Nachfragen vorzubeugen: Nazis und Homöopathen haben natürlich grundsätzlich nichts mit einander zu tun), wusste er amüsant zu berichten. Ebenso kurzweilig waren seine Ausführungen, wie es ihm unlängst in den Talkshows ergangen ist, in denen er anlässlich seiner Buch-Premiere eingeladen war, wie sein erster Auftritt in Wacken und wie es überhaupt in Wacken war. Die Anwesenden lernten, was es mit dem Illaminaten (ja, mit „a“ ist richtig!) auf sich hat und dass es gegen Depressionen Medikamente gibt, die innerhalb von nur vier Tagen die Stimmung derart aufhellen, dass man die ganze Welt umarmen möchte, aber nicht kann, weil man extremen Durchfall bekommt. Was die Strätersche Darmtätigkeit mit Chili con Carne und Campino zu tun hat, stand ebenso auf dem Programm wie Bockwürste an Raststätten, Zucker im Allgemeinen und Speziellen sowie die Frage, was auf der Käsepackung eigentlich dieses „Fett in Tr.“ bedeutet. Dass sich ein abendlicher Einkauf an der Shell-Tanke im heimatlichen Waltrop deutlich schwieriger gestaltet als lässiges Flanieren in einem Berliner Späti, leuchtete allen Beteiligten nach den Erklärungen des Kaffeetrinkers ein, der zudem übrigens glücklich überversichert und ein großer Freund des kundenorientierten Einzelhandels ist. Da sein Sohn eigentlich nicht mehr so gern thematisiert werden möchte, hat man sich darauf geeinigt, dass dies zukünftig nicht mehr geschehen soll. Die Erzählungen von Begegnungen im Thomas-Mann-Style in der Schule des Sprösslings, von Eislauf-Anschauungsunterricht, dem Berufswunsch Influencer und gemeinsamen Städtetrips nach New York waren aber mal wieder so komisch, dass man nur hoffen kann, dass der Filius uns inhaltlich erhalten bleibt. Zwischendrin wird Torsten jedoch auch mal eine Spur ernster: Als er davon berichtete, dass er erst vor wenigen Jahren erfahren hatte, dass die Person, die er stets für seinen männlichen Elternteil gehalten hatte, gar nicht sein leiblicher Vater war. So wie er auch seine eigene Depression, die glücklicherweise mit 50 verschwand, durchaus ernsthaft angeht, am Ende aber doch auch noch mal für einen Lacher gut ist. Das sind für TORSTEN STRÄTER melancholische Momente, an denen er seine Gäste gern teilhaben lässt, die ehrlicherweise aber auch mal einen Moment brauchen, um ihr Zwerchfell wieder in den Griff zu bekommen. Insbesondere nach dem Text über die Selbstoptimierung (aka „Diättagebuch Teil 4“), der im Kölner Hotel Savoy spielte und mit den Worten „Zucker ist der Hitler unter den Lebensmitteln“ begann. Was die Sätze „Hier ist meine Kreditkarte.“ und „Hier zweimal drücken, dann geht der Kofferraum auf.“ mit dieser Nobelherberge und einer Autobahnraste gemeinsam haben? Das kann nur TORSTEN STRÄTER erzählen!

Glücklicherweise war Osnabrück eine der ersten Stationen der neuen Tour, sodass man noch reichlich Gelegenheit hat, den Worten des Herrn Sträter zu lauschen, wenngleich diverse Termine bereits ausverkauft sind. Für den Gig in Köln am kommenden Samstag gibt es auch keine Karten mehr, aber da will Horst Lichter auf die Bühne kommen und Torsten hat ein bisschen Angst davor, dabei ist er ein großer Fan von „Bares für Rares“ und dem Zwirbelbartträger. Klingt alles ein bisschen verworren? Mag sein, aber am Ende kommt TORSTEN STRÄTER immer auf den Punkt und die Pointen sitzen sowieso – ganz egal, wie spontan oder durchstrukturiert das Ganze ist. In diesem Sinne sind die Osnabrücker über rund 2 ½ Stunden Spielzeit einmal mehr mit knochentrockenem Humor und herrlichem Wortwitz ganz hervorragend bespaßt worden.  Guter Mann, dieser TORSTEN STRÄTER!

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