Ort: Hamburg – Alsterdorfer Sporthalle
Datum: 15.11.2010
Mit ihrem vierten Album „Beyond Hell/ Above Heaven“ sind die seit neun Jahren agierenden VOLBEAT endgültig ganz oben angekommen. Immerhin ging’s für den Longplayer gleich in Dänemark, Schweden und Finnland an die Charts-Spitze und auch hierzulande kletterte der temperamentvolle Metal-Rockabilly-Mix der Kopenhagener bis auf Position 3 – von weiteren erfolgreichen Platzierungen in ganz Europa mal zu schweigen. Entsprechend ungeduldig wurden auch die sechs deutschen Gigs von den Fans erwartet und natürlich ließ sich auch der Terrorverlag von 250 km Entfernung und drei Stunden Fahrtzeit nicht schrecken und so ging es an einem Montagnachmittag für mich nach Hamburg, wo der dänische Export-Schlager für eine seit langem ausverkaufte Alsterdorfer Sporthalle gesorgt hatte. Natürlich war das Quartett nicht allein nach Hamburg gekommen. Nicht nur ein dänischer Fanbus hatte den Weg in die Freie und Hansestadt gefunden, auch die beiden Supportbands THE KANDIDATE und ENTOMBED waren im Hohen Norden mit von der Partie.
Den Anfang machten pünktlich um 20.00 Uhr die vier Herrschaften von THE KANDIDATE, die ebenfalls in Dänemark zuhause sind und sich dem Thrash Metal verschrieben haben. Anfang des Jahres ist das Debüt „Until We Are Outnumbered“ erschienen und natürlich gab’s von diesem Silberling derbes Geknüppel zu hören. Der reich bebilderte Hüne Jacob Bredahl (ex-HATESPHERE) bölkte in kniekurzen Hosen, was das Zeug hielt, konnte mit Nummern wie dem eröffnenden „Live A Lie“ und dem Headbanger-Sound von „In Hell“ jedoch die 7000 Zuschauer noch nicht wirklich von den Stühlen reißen. Mit „Distress And Decay“ kam zumindest in die vorderen Reihen Bewegung und zum High-Speed-Geballer von „Shut ’Em Up“ wurde der erste Crowdsurfer des Abends gesichtet. Zum Abschluss des knapp halbstündigen Dauerbeschusses gab’s noch einen brandneuen Track, mit dem sich der Vierer unter freundlichen Applaus verabschiedete.
Das erste Backdrop fiel, doch gleich wurde das nächste aufgezogen, denn auch ENTOMBED wollten sich nicht ohne ihren Namenszug im Hintergrund präsentieren. Dank einer fixen Bühnencrew ging es in der Sporthalle bereits 15 Minuten später mit Country-/Gospel-Musik aus der Konserve weiter. Auf diese Weise kündigten sich nämlich die schwedischen Death-Metal-Veteranen an und sorgten zumindest dafür, dass im vorderen Bereich schon mal Arme geschwenkt wurden. Ein paar Glockenschläge weiter war von solcherlei melodischer Mucke nichts mehr übrig und stattdessen gab’s knüppelhart was auf die Mütze. Der Fronter Lars Göran Petrov ist inzwischen zwar auch ein wenig in die Jahre gekommen, aber 21 Jahre ENTOMBED hinterlassen wahrscheinlich schlicht und ergreifend ihre Spuren. Auf jeden Fall kam mit den fünf Schweden langsam Bewegung in das Auditorium, das bei „Demon“ schon ganz ordentlich mitsang und im Laufe der Darbietung wurde doch zumindest die halbe Halle vom Kopfnicker-Virus befallen und spätestens mit „I For An Eye“ rappelte es im Karton. Ich muss gestehen, dass es für mich mit dieser Extrem-Beschallung langsam aber auch gut war und so galt mein Beifall nach 45 Minuten nicht nur den straighten Langäxten, die auf der Zielgeraden ohne Petrovs Geshoute agiert hatten, sondern auch dem Umstand, dass für mich jetzt endlich die von mir hoch geschätzten VOLBEAT auf dem Programm standen. Nichtsdestotrotz bescheinige ich ENTOMBED gern, dass sie bei den Hamburgern durchaus gut angekommen sind und ihre Sache auch handwerklich einwandfrei gemacht haben.
Aber seien wir ehrlich: Häufig sind die Supportband nur schmückendes Beiwerk. Und da sowohl THE KANDIDATE als auch ENTOMBED musikalisch doch einigermaßen weit von VOLBEAT entfernt sind, dürfte ich mit meinem Empfinden nicht ganz allein gewesen sein. Bevor der Hauptact des Abends allerdings die Stage entern konnte, musste selbige noch umfassend umgebaut werden. Um die Spannung zu schüren, wurde das Geschehen zunächst einmal ein großer VOLBEAT-Vorhang verhüllt, hinter dem eine halbe Stunde lang fleißig gewerkelt wurde, um das aufwändige Bühnenbild in Position zu bringen. Die riesigen Bahnen mit „Engelchen rechts“ und Teufelchen links“ an den beiden Seiten der Stage ließen es schon erahnen, doch es sollte noch mit weiteren visuellen Untermalungen im VOLBEAT-Style weitergehen. Des Weiteren standen den vier Dänen gleich drei Ebenen auf der Bühne zur Verfügung, da sich nach erfolgtem Aufbau rund um die Bühne ein von unten beleuchteter Auf- bzw. Abgang befand, der sich praktisch einmal um das Drumkit von Jon Larsen zog. Selbiger war naturgemäß an sein Instrument gebunden, die drei Kollegen, die wie Jon auch komplett in schwarz gekleidet waren, nutzten den so gewonnenen Platz jedoch ausgiebig und auch sonst ging es ab 22.00 Uhr wenig statisch auf der Bühne zu, nachdem der wirkungsvoll beleuchtete Elvistollen-Totenschädel-Vorhang gefallen und das einleitende MOTÖRHEAD-Cover „Born To Raise Hell“ aus dem Off verklungen war. Gleich mit dem Opener „The Mirror And The Ripper“ vom besagten vierten Longplayer verwandelten die dänischen Senkrechtstarter, die in den letzten fünf Jahren so richtig Gas gegeben haben, die Konzertstätte in einen Hexenkessel und jetzt hielt es wirklich niemanden mehr auf dem Plastikgestühl. Entsprechend wurde die Rockabilly-Nummer „Maybellene I Hofteholder“ vom 2008er „Guitar Gangsters & Cadillac Blood“ ausgiebig mitgesungen, ehe es sehr druckvoll mit „Hallelujah Goat“ und gelben Lichtblitzen weiterging. Blitzschneller Rock’N’Roll folgte mit „16 Dollars“, während „Heaven Nor Hell“ neben knackigen Sounds erneut mit einer gigantischen Lightshow auftrumpfte. Das Quartett hatte sich wirklich nicht lumpen lassen und nicht nur fürs Ohr, sondern auch fürs Auge einiges aufgefahren. Spätestens mit „Guitar Gangsters & Cadillac Blood“ gab’s für die kühlen Hanseaten kein Halten mehr, die jedoch auch einen groovenden Lovesong wie „Soulweeper“ vom 2005er Debüt „The Strength/The Sound/The Songs“ gebührend abzufeiern wussten. Mit „Who There Are“ kehrten die krachenden Langäxte zurück, bevor es mithilfe des ENTOMBED-Vorstands Lars Göran Petrov noch eine Spur derber zur Sache gehen sollte. Während auf der Platte Barney Greenway (NAPALM DEATH) für die geshouteten Parts von „Evelyn“ zuständig ist, übernahm diesen Job in Hamburg der zauselige Petrov, ehe es mit Mary Ann’s Place“ doch wieder etwas gefühlvoller, jedoch nicht weniger knackig mitsamt fetten Gitarrenwänden und imposanten Trommelwirbeln weiterging. Wie beim fantastischen Rock’N’Roller „Sad Man’s Tongue“ (2007 auf „Rock The Rebel/Metal The Devil“ erschienen und JOHNNY CASH und RONNIE JAMES DIO gewidmet) wechselte Gitarrist Thomas Bredahl übrigens seinen elektrischen Sechssaiter gelegentlich gegen ein akustisches Modell, das allerdings auf einem passenden Gestell montiert war, sodass er seine E-Gitarre gar nicht erst abnehmen musste, sondern diese kurzen Sequenzen praktisch im Vorbeigehen absolvierte. Michael Poulsens sonore Stimme kam derweil besonders gut beim folgenden „We“ zur Geltung, doch auch das DUSTY-SPRINGFIELD-Cover „I Only Want To Be With You“ hatte es in sich. Kein Wunder, dass VOLBEAT mit ihrer Mucke die Fans fest im Griff hatten und mit „Pool of Booze, Booze, Booza“ zwar nach einer guten Stunde und einem gekonnten Instrumental der reguläre Teil des Sets endete, aber lauthals um Nachschlag gebeten wurde. Den bekamen die Zuschauer in Form einer amtlichen Breitseite. Schließlich ist „A Warrior’S Call“ die Einmarschhymne des dänischen Boxers Mikkel Kessler und ging entsprechend auch gleich in die Vollen. „Still Counting“ wollte derweil mehr ins Bein, doch auch hier folgte am Ende eine gewaltige Abreibung, um schließlich bei „The Garden’s Tale“ das Mikro an Thomas abzugeben, der dem Song mit seinem etwas versoffen anmutendem Gesang und einem weiteren Akustigitarreneinsatz eine irische Note gab.
Nach einer weiteren kleinen Pause, durften sich die Anwesenden über die aktuelle Single „Fallen“ freuen, die ganz offensichtlich in aller Munde ist und Poulsens im Juni 2008 verstorbenem Vater verehrt wurde. Schlauerweise haben VOLBEAT seit ihrem jüngsten Baby auch einen Song im Repertoire, mit dem sie „Danke“ sagen können und so wurde „Thanks“ zur Danksagung an die Fans, die dafür gesorgt haben, dass es mit den Dänen in den vergangenen Jahren so rasant bergauf gegangen ist. Eine Handvoll Damen und Herren wird dieses Lied vermutlich nicht so schnell vergessen, denn 13 oder 14 Herrschaften durften für die Nummer auf die Bühne kommen und ihre ganz persönlichen Live-Qualitäten unter Beweis stellen, ehe es mit „The Human Instrument“ mit viel Schmackes in den Endspurt ging. Inzwischen war es 23.40 Uhr, vor mir lagen noch 250 km Rückweg und so beschloss ich, dem großen Exodus zuvorzukommen und verschwand schon zu den letzten VOLBEAT-Klängen Richtung Auto, um gut gelaunt und ohne Verzögerungen die Heimfahrt anzutreten. Unschwer zu erraten, welche Musik mein CD-Player dazu lieferte, oder? Die Konserve kommt zwar nur bedingt an den Live-Genuss der Dänen ran, aber so gab’s für mich noch einen ganz persönlichen Zugabenblock, der mir beste Unterhaltung bei meinem nächtlichen Baustellen-Parcours bescherte.
Setlist VOLBEAT
Born To Raise Hell (MOTÖRHEAD-Cover)
The Mirror And The Ripper
Maybellene I Hofteholder
Hallelujah Goat
16 Dollars
Heaven Nor Hell
Guitar Gangsters & Cadillac Blood
Soulweeper
Who They Are
Evelyn (mit Lars Göran Petrov)
Mary Ann’s Place
Sad Man’s Tongue
We
I Only Want To Be With You (DUSTY SPRINGFIELD-Cover)
Pool of Booze, Booze, Booza
A Warrior’s Call
Still Counting
The Garden’s Tale
Fallen
Thanks
The Human Instrument
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