Ort: Köln - Live Music Hall
Datum: 23.11.2007
Nach all dem Metal im Oktober stand für mich mit WELLE:ERDBALL am gestrigen Samstag in Köln mal etwas völlig anders auf dem Plan. Etwa eine halbe Stunde vor Konzertbeginn fanden wir uns an der Live Music Hall ein, wo ich erstmal verwundert drein schaute, da das Publikum, das sich bereits eingefunden hatte, einmal quer durch die Bank gemischt war – es gibt bei der „Welle“ scheinbar keine bestimmte Altersklasse und auch keinen allgemeinen „Dresscode“, wie man es bei anderen Konzerten oft sieht – vielmehr war die versammele Menge bunt gemischt – hier eine Uniform, da Jeans und T-Shirt – die Jungs und Mädels scheinen eine sehr breite Bandbreite anzusprechen. Auch stellte ich verwundert und auch etwas erleichtert (da es keinen Fotograben gab, hatte ich schon befürchtet, wieder Probleme zu bekommen) fest, dass es kein Gedränge vor der Bühne gab und man sich problemlos überall hin bewegen konnte – ob sich das wohl noch ändern würde? In einer halben Stunde sollte es losgehen, die Bühne war noch hinter einem weißen Vorhang versteckt und scheinbar wurden dort noch die letzten Vorbereitungen getroffen.
Untypisch für ein Einzelkonzert der Band ging es pünktlich um 20 Uhr auch direkt los – man wollte wohl keine Zeit verschwenden und jede Sekunde auskosten. Der Vorhang wurde zu den ersten Beats von „Wir sind die Roboter“ zur Seite geschoben und der typische Bühnenaufbau wurde sichtbar – Plastique und Frl. Venus auf zwei seitlichen Podesten vor weißen Leinwänden, Honey und A.L.F. in der Mitte auf einem weiteren Podest. Ich für meinen Teil war erstmal baff – ok der Bühnenaufbau ist wohl typisch – ich hatte aber noch nie das Vergnügen, von daher war mir alles neu und ich staunte über den aufwändigen und sehr eigenwilligen Bühnenaufbau. Nach diesem Intro bei dem sich die gesamte Mannschaft nur sehr statisch wie Roboter eben (ganz im Sinne ihrer großen Vorbilder KRAFTWERK) – bewegten, ging es direkt mit „Berühren“ weiter und mir wurde schlagartig klar, warum man hier zwischen den Reihen so viel Platz hatte – WELLE:ERDBALL ist schwer tanzbar – und dafür braucht man natürlich Platz. Dieser Tanzwahn ergriff auch mich sehr schnell – bei den treibenden Beats kann man nun wirklich nicht lange still stehen – und auch meine Kamera war mir sehr schnell lästig, so dass ich es diesmal bei wenigen Fotos beließ, obwohl ich viel Zeit dazu gehabt hätte – die Show fesselte mich einfach zu sehr, als das ich sie durch eine Linse sehen wollte – außerdem stört eine Kamera ganz eindeutig beim Tanzen. Ich weiß gar nicht, wo ich mit meinem Bericht anfangen soll, um das ganze Konzert gebührend darzustellen, müsste man jeden einzelnen Song und die dazugehörigen Show beschreiben, so viel Aktion war auf der Bühne zu sehen. Jedenfalls war ich während der gesamten Darbietung wie gebannt – und ich glaube da ginge s mir nicht allein so.
Es ging weiter mit „Der Telegraph“ – bei dem Wunderkerzen in die Menge gereicht wurden, die auch prompt gezündet wurden und eine schöne Atmosphäre für den Song herbei zauberten. Honey lobte die Zushcauer dafür und quittierte eine zu spät gezündete Wunderkerze mit „Nun ja – wer zuletzt zündet, brennt am längsten, was?“, was zu allgemeinem Gelächter führte. Nach „Mensch aus Glas“, bei dem es um die gefährliche Transparenz im Internet geht und die beiden Mädels Schilder mit „Kaufen“ – „Konsumiere“ sowie „Vermehre Dich“ – „Schlaf Weiter“ hochhielten, verschwanden die beiden kurz hinter der Bühne, um sich ihren Uniform zu erledigen und in schicken weißen Kleidern im 50/ 60er Jahre Stil wiederkamen. Die Zeit schien für Plastique scheinbar nicht ganz gereicht zu haben, als sie nämlich wieder nach vorn kam war der Reißverschluss ihres Kleides noch halb offen, was zu allgemeinem Gejohle führte. Sie ließ sich aber nicht aus der Ruhe bringen und verteilte zum Song „Schweben, Fliegen und Fallen“ zusammen mir Frl. Venus die typischen roten Luftballons ins Auditorium, wobei sich in einem wie immer ein 50 Euro Schein befand. Auch den nächsten Track, einen neuen Song mit dem Titel „Ich bin aus Plastik“ sang sie mit ihrem halboffenen Kleid komplett durch. Die Zeit verging wie im Flug und von Ermüdungserscheinungen keine Spur – Honey hatte stets gute Sprüche drauf, mit seinen Ansagen fraß ihm die Menge von der ersten Sekunde an aus der Hand und veranstaltete eine einzige Party. Als dann Ansagen á la „Ihr wisst ja, das unsere Setlist immer anders ist, bei dem Song hier steht jetzt „Wird gespielt, wenn’s gut läuft“ – findet ihr, dass es gut läuft?“ vom Fronter kamen, war klar, dass die Menge gar keine andere Chance hatte, als ihm genau das zu beweisen. Wieder einmal wurde das Publikum komplett mit einbezogen und die ganzen zwei Stunden bestens versorgt – erstens mal mit Musik der Extraklasse, zweitens mit einer Bühnenshow, die ihresgleichen sucht, und drittens mit CDs, die immer mal wieder in die Menge geworfen wurden. Dazu gab es Lollies oder Getränke, mit denen man das Publikum verwöhnte, bei „Starfighter“ fanden wie üblich Papierflugzeuge ihren Weg in die Menge – einfach einzigartig – das ist genau das, was die WELLE:ERDBALL so einzigartig macht. Auch die Setlist war tatsächlich modifiziert – es schien sogar so, als würde man mehr oder weniger spontan entscheiden, was man gerade spielen möchte. In den Ansagen fand sich stets eine Portion Gesellschaftskritik wieder, so fragte Honey bei „Wir sind nicht allein“, wer alles einen Fernseher, ein Mobiltelefon oder einen Chip mit eingebauter Festplatte im Kopf besäße, und nach dem Song meinte er, dass Fernsehen ja wohl auf gut Deutsch „voll für’n Arsch wäre“ und man am besten mit einem Molotowcocktail den benachbarten Fernsehturm in die Luft sprengen sollte – ja, wenn man einige Sachen heute im Fernsehen sieht, muss man bei diesen Aussagen jedenfalls gehörig schmunzeln…
Zum Ende hin („So meine Damen und Herren – so langsam müsste sie ihr Eintrittsgeld wieder drin haben“) verwies Honey auf am Merch-Stand ausliegende Unterschriften Listen des deutschen Tierschutzbundes, auf denen er die Unterschrift eines jeden der Anwesenden sehen wollte, damit man unseren Kindern später auch mal ein lebendiges Tier zeigen könne, und nicht nur ein Computeranimiertes. Wie immer ging auch ein Teil des Erlöses des Konzertes an den Tierschutzbund – so viel Engagement kann man nur befürworten und unterstützen. Nach gut 1 3/4 Stunden verließ die Band dann das erste Mal die Bühne. Aber – wie sollte es anders sein – das war noch viel zu wenig für die Kölner, und so wurden die „Zugabe“-Rufe immer lauter – und natürlich wurden sie erhört – Honey scherzte zwar erst „Sie wollen mich wohl verarschen – sie haben ihr Eintrittgeld doch schon wieder raus!“, aber trotzdem gab es mit „Es geht voran“ und „Die Computer verlassen diese Welt“ zwei weitere Stücke und man war schon wieder voll eingetaucht in die Welt des Radiosenders WELLE:ERDBALL mit seinem Minimal-Elekro, als die Hannoveraner ein zweites Mal entschwanden. Wir wollten mehr und so wurde erneut eine Verlängerung herbeigesehnt! Natürlich wurden die Bitten erhört und mir einem Kopfschütteln von einem grinsenden Honey und einem „Langsam glaube ich wirklich, sie wollen mich verarschen“ quittiert – trotzdem gab es noch „Elektrosmog“ zu hören bevor die Band nach etwas über 2 Stunden Spielzeit leider endgültig die Bühne verließ.
So ging eine sehr faszinierende Show zu Ende und ich merkte, dass über 2 Stunden Durchtanzen doch ganz schön anstrengend sein können und meine Füße nicht mehr so ganz wollten. Es hat sich auf jeden Fall mehr als nur gelohnt, und da es bei WELLE:ERDBALL ja anders sein soll als bei den meisten Formationen und sie jedes Mal eine andere Setlist spielen, bin ich mir sicher, dass das nicht mein letztes Konzert dieser Band war – wie auch – eine Combo, die mich so fasziniert gibt es nicht oft….
Copyright Fotos: Cynthia Theisinger
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