Ort: Bielefeld - Kamp
Datum: 28.09.2005
Disco Deutschland
WESTBAM im Kamp? Schon eine leicht kuriose Konstellation, aber eine, die dem avisierten Crossovergedanken ziemlich nahe kam. Crossover, weil der gute Maximilian Lenz das erste mal in Rockbesetzug auf Tour war, um seine eigentlich eher synthetischen Kompositionen unters Volk zu bringen. Und da auch das neue Album „Do you believe in the Westworld“ überzeugen konnte, war ich sehr gespannt, was uns denn an diesem Abend erwarten würde. Zunächst mal eine doch relativ geringe Zuschauerzahl, was möglicherweise am Wochentag oder auch am vergleichsweise hohen Preis von 24 Euro gelegen haben mag. Vielleicht geht auch die typische WESTBAM-Klientel nicht unbedingt zu derart Konzerten, interessant war die Zusammensetzung der ca. 150 Anwesenden allemal. So war ein deutlicher Männerüberschuss zu erkennen, gut gekleidete Herren zwischen 20 und 40: lässig – modisch – urban. Die anwesenden Damen gehörten zum Teil der „klassischen“ Discofraktion an, und auch ihr Tanzstil (vor allem in den ersten Reihen) deutete daraufhin, dass wir es nicht unbedingt mit der Terrorverlag-Stammleserschaft zu tun hatten.
Gegen 21 15 Uhr ging es dann endlich los, ohne Vorgruppe. Auf der Bühne befand sich ein musikalisches Quartett, Schlagzeuger mittig hinten, rechts daneben ein Gitarrist, vorne links ein Herr am Apple und natürlich WESTBAM himself, unprätentiös in Jeans und T-Shirt gekleidet. Schon beim 2ten Song wurde klar, für wenn die beiden niedrig angebrachten Mikros rechts vorne angedacht waren: 2 rassige exotische Schönheiten – eine im Glitzerkleid, die andere in Hot Pants – betätigten sich als Backgroundsängerinnen und vor allem Tänzerinnen. Netterweise blieben sie bis zum Ende… Man merkte dem gebürtigen Münsteraner an, dass er sich noch nicht hundertprozentig an seine neue Rolle als Rockfronter gewöhnt hatte, seine Ansagen beschränkten sich zumeist auf den Songtitel, und die Bewegungsabläufe waren teilweise charmant unkoordiniert. Überhaupt machte er einen bodenständigen und sympathischen Eindruck, am Ende gab er sogar zwischen den Songs bereitwillig Autogramme. Und die Songs selber bildeten einen Querschnitt durch sein langjähriges Schaffen, mit einem Schwerpunkt auf dem aktuellen Longplayer, von dem er beispielsweise die „Geschmackspolizei“, „Like that“, „Prototype“ oder „Reality“ zum besten gab. Ältere Klassiker wie „Beatbox Rocker“, „Hard Times“ oder „Oldschool, Baby“ schienen mir allerdings beim Publikum noch etwas besser anzukommen. Die Leute gingen mittlerweile an vorderster Front richtig ab, über die Bewegungsabläufe lässt sich streiten, aber doch ein interessanter Anblick und gute Stimmung. Unterstützt wurde die Darbietung von Projektionen im Hintergrund, die aus Collagen und Textfragmenten bestanden.
Musikalisch ergab die Mixtur aus organischen und synthetischen Klängen ein sehr interessantes Bild. Manchmal hörte sich das wie NDW an, dann wieder wähnte man sich auf einem Rave, zwischenzeitlich kam sogar mal die Double Bass des Schlagwerkers zum Einsatz. Da die Tracks nicht unbedingt alle über viel Text verfügen, positionierte sich der glatzköpfige Herr auch mal neben seinen kopfnickenden Knöpfchendreher, derweil die Damen ihre Lenden im Takt bewegten. Am Ende gab es natürlich auch die obligatorischen Zugaben, 2 an der Zahl, die mit „It’s not easy“ oder auch „Music is the key“ würdig bestückt wurden. Sehr unterhaltsam auch der Stage Diver, der mehrfach unsanft auf den Boden knallte, damit anscheinend aber keinerlei Problem hatte. Nach über 90 Minuten war ein überaus interessantes Konzert dann auch schon wieder am Ende angelangt, das Konzept Rock meets Techno meets Electro war zur vollsten Zufriedenheit aller aufgegangen. So viel Innovation und Mut würde man auch anderen Künstlern wünschen!
Copyright Fotos: Jörg Rambow
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