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WITH FULL FORCE 2007 – TAG 1

Ort: Löbnitz bei Leipzig

Datum: 29.06.2007

Wie inzwischen gewohnt tobte wieder der Wind über Roitschjora, dieses Mal aber mit sehr viel weniger Sand als im Jahr zuvor. Leider mischte sich stattdessen in den ersten beiden Tagen immer wieder ein wenig Nieselregen dazwischen, was die Laune insgesamt schon zu dämpfen schien – trotz Emergency Poncho in der Tasche (= Regenjacke). Das Billing war dieses Jahr unverhältnismäßig Hardcore-lastig, was sich natürlich auch im Publikum widerspiegelte. Der gute alte Metaller schien nunmehr fast einer bedrohten Spezies anzugehören und ich kann nur hoffen, dass das Billing im nächsten Jahr wieder ausgeglichener wird. Macht einfach mehr Spaß und schließlich war das With Full Force bislang immer für seine gesunde Mischung bekannt! Wie der Wind gehören mittlerweile leider immer wieder kurzfristige Bandabsagen zum Repertoire des WFF, dieses Jahr waren dies DAGOBA, STATIC X und CREMATORY. Als Ersatz für die einige Tage vor dem Festival bereits abgesprungenen MAYHEM wurde kurzerhand PUNGENT STENCH verpflichtet, was aber auch rein stilistisch kein gleichwertiger Ersatz war.

Das Festival selbst lief wirklich beschaulich ab, besonders zu schätzen weiß man die Überschaubarkeit der Besucher und das große Angebot an Speisen und Getränken. Lange anstehen muss man eigentlich nie, und auch für den sonst belächelten Vegetarier ist immer was dabei. Blöd war allerdings, dass es wie immer viel zu wenig Müllbeutel an den Fressbuden und auf dem Veranstaltungsgelände allgemein gegeben hat. Die Hälfte des Drecks auf dem Rasen hätte sich sicherlich vermeiden lassen, wenn man nicht immer bis zu einer „Marios Pizza-Bude“ hätte laufen müssen, um seinen Müll zu entsorgen. Bemängelt werden muss auch, dass ab Sonntagnachmittag keine Zigaretten mehr zu ergattern waren. Die Menschen mit den Bauchläden, die zuvor immer mit stoischer Geduld auf- und abmarschierten, waren auf einmal wie vom Erdboden verschluckt. Das hätte sich sicherlich vermeiden lassen können, denn erfahrungsgemäß gehen ja gerade gegen Festivalende die Vorräte der Besucher aus. Sonst gibt’s allerdings recht wenig zu meckern, ausgenommen das miese Zeitmanagement der Zeltbühne am Samstagabend – doch dazu später mehr. Die große Auswahl an Klamotten- und CD-Buden sowie die obligatorischen Piercing-Stände konnten einem schon mal beim Zeitvertreib behilflich sein. Auch bot Bunch TV dieses Jahr Rundflüge mit dem Helikopter über das Festivalgelände an. Man musste sich lediglich einen entsprechenden Button anheften und hoffen, entdeckt zu werden.

Eine abschließende Sache wäre da allerdings noch: Auch wenn Geld die Welt regiert, so sollte die Strategie der Labels/ Festivals überdacht werden, unbekannteren Bands aus Promogründen Slots zu verpassen, denen sie nicht gewachsen sind. Ansonsten lässt es sich nicht erklären, warum eine Formation wie SONIC SYNDICATE nach Bands wie UNEARTH oder VOLBEAT auf die Bühne durfte. Jene Praxis fiel schon auf dem letztjährigen Wacken Open Air (Stichwort: DIR EN GREY) auf und nervt gewaltig. Zum Glück spielen die Fans dieses Spiel auch (noch) nicht mit und die Menschendichte vor der Bühne hat gezeigt, dass man nicht alles toll finden muss, was zu späterer Stunde die Bühne entert…

FREITAG

NEAERA
Bei NEAERA war das Zelt bereits wohlverdienter Weise voll und mit der ersten Wall of Death des Festivals wurde auch gleich richtig Gas gegeben. Schon erstaunlich, wie sich die Münsteraner in relativ kurzer Zeit eine feste Fanbasis erspielen konnten und aufgrund des Zuschauerzuspruchs eigentlich einige Positionen später hätten spielen müssen.

ONE MAN ARMY
Auch ohne Backenbart haben ONE MAN ARMY dem Publikum gut eingeheizt. Der eine oder andere Crowdsurfer bezeugte die gute Stimmung. Besonders auch bei „So grim so true so real“ kam große Begeisterung auf und vor der Bühne war so einiges los. Mal schauen, wie sich die Jungs als Support von GOREFST im Herbst diesen Jahres machen werden.

BRUJERIA
Das war mit Abstand der überflüssigste Gig, dem ich seit langem beiwohnen durfte. Würde BRUJERIA gerne mit MANOS und den KASSIERERN gruppieren – nur leider versuchen erstere nicht absichtlich, komisch zu sein und lachen konnte man über den Müll sowieso nicht. Nur kurz ungläubig schmunzeln über die dusseligen Gesichtstücher mit extra Loch überm Mund, fürs Atmen und Singen und so. Vermutlich wurden die Dinger auch noch mit doppelseitigem Klebeband fixiert. Zur Band gehören zwei Sänger, die sich in ihrem Spektrum an Fähigkeiten absolut nicht unterscheiden und beide nichts zu bieten haben. Nun gut – der eine hat eine haarige Wampe unter der sexy Lederweste hervorblitzen lassen. Und einen total trendy Plastiksäbel, der immer mal wieder He-Man-like in die Luft gerissen wurde. Wow. Kann man damit in Südamerika die Massen begeistern? Hier jedenfalls nicht, und so standen die meisten Konzertbesucher ein wenig irritiert vor der Bühne und wussten nicht so recht, wie die Kindergartenvorführung eingeordnet werden soll. Man hat die Hirne förmlich rattern gehört. Sehr obskur auch die Ansagen auf Spanisch (obwohl zwischendurch auch mal ein paar Worte auf Englisch gesprochen wurden), das hat mit Individualität und Eigenständigkeit nichts zu tun. Insgesamt wurde immer mal wieder irgendwas von der BRUJERIA-Army gefaselt und einen eigenen total krassen Move gibt’s auch, gestreckte rechte Handkante auf die linke Brust. Wird sich bestimmt schnell etablieren! Echt, so was bescheuertes. Dann auch noch die ganze Zeit Fürsprachen für den Konsum von Marihuana. Musikalisch ist nicht viel hängen geblieben, die Riffs klingen stark nach SEPULTURA. Einziger kreativer Lichtblick war das Outro, das durch eine Coverversion von LOS DEL RIOs „Macarena“ mit eigenwilligem, drogenfreundlichem Text gestaltet wurde. Auch, wenn die Message wie gesagt echt nervte, so war die Idee zumindest ganz nett. Kann mir aber echt nur schwer vorstellen, dass Musiker von FEAR FACTORY, FAITH NO MORE und DIMMU BORGIR da mal freiwillig mitgemischt haben sollen…

KORN
Endlich, endlich! Nachdem die Jungs letztes Jahr wegen einer Erkrankung Jonathan Davis’ ihren Gig beim WFF absagen mussten, standen sie nun wahrhaftig auf der Bühne. Und mit einem bunten Potpourri aus der gesamten Bandgeschichte wussten sie das Publikum zu begeistern: Neben „Freak on a leash“, „Somebody someone“, „Falling away from me“, „Got the life“, „Make me bad“ „Twisted transistor“ und sogar „Twist“ wurde mit dem Song „Evolution“ auch auf das bald erscheinende Album (31.07.) hingewiesen. Durch „Blind“, „Clown“ sowie „Shoots and Ladders“ war zudem gerade auch das 1994er Debüt von KORN gut vertreten. Bei letzterem Song griff Jonathan Davis dann auch selbst zum Dudelsack. Zudem hatte KORN neben SLIPKNOTs Joey Jordison an den Drums einen zusätzlichen Percussionist und Backup Vocalist im Gepäck, Kalen Chase (ILLIUM), der immer wieder wie ein Derwisch über die Bühne wirbelte. Der Gig war insgesamt dermaßen gut, dass ich zu Hause erstmal wieder alle meine KORN-Scheiben hervor kramte, die ich ewig nicht mehr gehört hatte.

SATYRICON
Obwohl KORN deutlich überzogen hatten, begannen SATYRICON ihre Show pünktlich mit dem Uraltklassiker „Hvite Krists Dod“. Nachdem Obsidian C. die Band im März verlassen hat, wurde allem Anschein nach ein neuer Sessiongitarrist gecasted. Insgesamt ein sehr homogenes, langhaariges Bandanlitz, das überaus präzise synchron zu moshen vermochte. Hier war mit Keyboarderin auch endlich mal wieder eine Frau auf der Bühne zu entdecken. Vom aktuellen Album wurden „The pentagram burns“, „K.I.N.G.“ und „Now, Diabolical“ dargeboten, sowie „Fuel for hatred“ von „Volcano“. Letzter Song war das sehr gefeierte „Mother North“, gehört aber auch einfach zu einem gelungenen SATYRICON-Gig dazu.

NAGLFAR
NAGLFAR konnten mich heute nicht so recht überzeugen, obwohl ich die Band eigentlich mag. Doch leider ließ man das Debüt-Album komplett außen vor, so dass vornehmlich Songs der letzten beiden Veröffentlichungen den Weg in die Setlist fanden. Auch wenn sie auf CD doch zu gefallen wissen, führten sie in der heutigen Nacht nicht zu Begeisterungsstürmen. Sicherlich war es auch vom Stageacting schwer mit den zuvor agierenden SATYRICON mitzuhalten, doch insgesamt habe ich schon weitaus bessere Gigs der Schweden gesehen.

KAMPFAR
Auf KAMPFAR habe ich mich besonders gefreut, live wollte der Funke aber nicht überspringen. Komisch. Vielleicht lag’s daran, dass die Band ein total uneinheitlicher Haufen ist und irgendwie nicht an einem Strang zu ziehen scheint. Fronter Dork ist der Einzige, der hervor sticht und Show macht, der Rest war irgendwie total belanglos. Und zu einem gelungenen Live-Auftritt gehört m.E. einfach dazu, dass auf der Bühne der Musik angemessen was los ist. Fazit: Da KAMPFAR nicht gerade Kuschelrock machen, hätte der Auftritt ruhig etwas dynamischer sein dürfen.

Copyright Fotos: Sebastian Steinfort

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