Ort: Bielefeld - Ringlokschuppen
Datum: 13.02.2005
Es war ein guter Abend für Bielefeld: Erst die Bayern weggeputzt und dann ein schönes Konzert zum Tagesabschluss. Wenn auch sonst zwischen Deutschland und den Niederlanden eine leichte Rivalität besteht, erfreuen sich doch holländische Gothic Metal Acts größter Beliebtheit, vor allem wenn sie von der holden Weiblichkeit gefrontet werden. Das sahen wohl auch viele Ostwestfalen so, denn an diesem verschneiten (!) Abend pilgerte doch eine unübersehbare Menge gen Ringlokschuppen, 1000 Leute werden es allemal gewesen sein. Darunter neben Gothics und Metallern auch ein hoher Anteil Normalos in Jeans und „Buntfaltenhemd“. Pünktlich gegen 20 30 Uhr ging das Spektakel los.
Die mir vorher nicht übermäßig bekannten AUTUMN hatten sich den Support Slot bei Sharon und Co. durch gute persönliche Kontakte und ein wenig Geld organisiert, um ihren Gothic Metal einer breiten deutschen Öffentlichkeit zu präsentieren. Seit Mitte der 90er musiziert man schon und hat in dieser Zeit 2 Full Length Alben veröffentlicht, das aktuelle trägt den passenden Namen „Summer’s End“ und erschien bereits im September 2004 bei dem einheimischen Label „The Electric Co.“. Nun hat man sich für das große Nachbarland einen Vertriebsdeal mit Universal gesichert, Promotion durch die aktuelle Tour natürlich garantiert. 6 wohlgelaunte Musiker betraten die Bühne, 2 Gitarristen, 1 Bassist, Keyboarder, Drummer und die optisch sehr interessante Nienke de Jong. Die Dame trat komplett in schwarz mit roter Krawatte auf, was sehr schön mit ihren pechschwarz gefärbten Haaren und dem blutroten Mund harmonierte. Stimmlich konnte die Dame ebenfalls überzeugen, eher im mittleren Bereich angesiedelt erinnerte sie ein wenig an ihre Landsfrau Anneke von THE GATHERING, hin und wieder waren aber auch ein paar hohe Töne dabei. Dazu spielt die Instrumentalfraktion reinrassigen Gothic Metal, mit einigen Double Bass Einlagen und harten Riffs. Die Zuschauer, die weitestgehend mit dem Material nicht vertraut gewesen sein dürften, gingen auf der Stelle mit und verpassten dem Sextett augenscheinlich eine Gänsehaut. Da zahlt es sich aus, wenn Support und Main Act in etwa denselben Stil praktizieren und vor allem auch, dass der Sound an diesem Abend wunderbar klar und angemessen laut war. Hier zeigte sich mal wieder, dass weniger oft mehr ist. Bei Songs wie „Silent Madness“ kamen sogar einige heftige Growls vom Bassisten Meidert Sterk zum Einsatz, die für einen interessanten Kontrast sorgten. „This Night“ und der Titeltrack des aktuellen Albums rundeten den kurzen aber sehr erfolgreichen Gig gekonnt ab und man dürfte nachher wieder einige CDs abgesetzt haben (am Vorabend waren es über 60!).
Danach wurde für eine gute halbe Stunde pausiert, bevor der Vorzeige Act in Sachen Trällerelsen Metal (neben NIGHTWISH) den Anwesenden alles abverlangen wollte. Der Vorhang fiel und dahinter befand sich ein einladendes und imposantes Bühnebild. Die bekannten Engelsstatuen links und rechts, Säulen sowie ein paar lodernde Feuer (Pyroeffekte waren leider nicht erlaubt) im Hintergrund, davor die ebenfalls zu sechst agierende Band. Links hinten Drummer Stephen, rechts mittig Keyboarder Martijn mit Iro und die Saitenkünstler Jeroen, Ruud sowie natürlich Robert Westerholt (mit Glatze) vorne und immer in Bewegung. Leider war der Gitarrensound selbst nicht so „vorne“ wie die praktizierenden Musiker, da man stattdessen die Stimme wie schon auf dem aktuellen Album „The Silent Force“ in den Vordergrund gemischt hatte. Und Sharon hatte schon im nachmittäglichen Interview über eine Erkältung geklagt, was dieses mal nicht nur einfach dahergesagt war. Jedenfalls ließ sie sich zunächst bei ihrer Performance nichts anmerken, sie praktizierte den Schlangentanz, feuerte die Anwesenden an und hüpfte auch mal über die Bühne. Positiv fand ich auch ihre reduzierte Schminke, die blauen Augen fehlten heuer, waren allerdings dafür bei ein paar Fans zu finden. Im Hintergrund wurden per Projektion die ganze Zeit über angemessene Bilder abgespielt, vor allem Naturaufnahmen von Wasser, Wüste und Wäldern. Da zeigt sich natürlich mal wieder die Klasse des Ringlokschuppens als Auftrittsort für größere Acts.
Die Setlist enthielt im ersten Teil fast ausschließlich Stücke von besagtem aktuellen Werk, wie etwa „See who I am“, „Jilian“ oder „Stand my ground“. Dann kam eine Art Break mit dem Vortrag der aktuellen Single „Memories“. Nur begleitet von Bass, Keyboard und Drums lieferte Sharon eine sehr eindringliche Performance ab, auch wenn auf dem Mikro eine ordentliche Menge Hall lag. Aber kein Vergleich zu ihrem letzten Auftritt in Bielefeld, wo man noch als Vorgruppe von PARADISE LOST im PC69 auftrat, da hat der Vocal Coach sich wirklich bezahlt gemacht. Nach der Ballade kamen die Gitarristen zurück und hatten augenscheinlich an ihren Geräten „gespielt“, plötzlich klangen die Riffs wesentlich aggressiver, jetzt hatte die Sache wirklich etwas von Metal! Die KATE BUSH Coverversion „Running up that Hill“ sorgte natürlich für weitere Adrenalinschübe. Der „Klassiker“ „Mother Earth“ beendete das reguläre Set und wurde ebenso mächtig abgefeiert. So langsam machte sich allerdings die Erkältung immer deutlicher bemerkbar, Sharon hustete hin und wieder in den Pausen oder griff sich an den Hals. Tapfer stand sie aber auch die erste Zugabe durch, bevor „Ice Queen“ in einer gekürzten Variante und mit ein paar Aussetzern doch noch sehr anständig unters Volk gebracht wurde (Robert erklärte vorher, dass „seine“ Sängerin im Grunde gar nicht mehr singen dürfte). Auf 2 geplante Stücke verzichtete man, aber dennoch Respekt vor dieser Leistung unter erschwerten Bedingungen und danke für einen schönen, atmosphärischen und auch optisch sehr ansprechenden Abend.
Setlist AUTUMN
Intro
The coven
Gospels in dusk
Gallery of reality
Silent madness
The green angel
This night
Summer’s end
Setlist WITHIN TEMPTATION
Intro
See who I am
A dangerous mind
Jillian
Angels
The promise
Pale
Forsaken
Stand my ground
Memories
Running up that hill
Caged
Mother earth
Deceiver
Aquarius
The other half
Ice Queen
Copyright Fotos: Jörg Rambow
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