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WOODSTAGE 2004 – TAG 1

Ort: Glauchau - Gründelpark

Datum: 18.06.2004

Sommerzeit = Festivalzeit. Wie jedes Jahr hat man auch dieses mal wieder die Möglichkeit auf zahlreichen Festivals seinen Lieblingsbands zu lauschen, Wetterkapriolen zu erleben, zu sehen und gesehen zu werden, mit Freunden eine gute Zeit zu haben und es gibt nicht wenige, die einfach des Feelings wegen auf ein Open Air fahren und von den Bands kaum etwas mitkriegen.

Den Auftakt der „großen“ 2-Tagesfestivals machte dieses Jahr das Woodstage in Glauchau. Zum zehnjährigen Jubiläum hatte man ein hochkarätiges Line-Up zusammengestellt: DEINE LAKAIEN mit einem Akustik-Set, VNV NATION, WITHIN TEMPTATION, die Kultbands DAF und FRONT 242, sowie gut getimed eine aktuelle Nummer 1: NIGHTWISH!

Nach rund vier Stunden und ca. 450 km Fahrt erreichten wir Glauchau im Osten der Republik. Zu unserer Verwunderung mussten wir feststellen, dass es kaum Hinweise auf das Konzerttreiben gab. Erst als wir schon im näheren Umfeld des Gründelparks waren, fanden sich kleinere Hinweisschilder auf Camping und Parkmöglichkeiten. Um 16 Uhr betraten wir das Festivalgelände, sehr malerisch gelegen zwischen Bäumen und einem See mit Insel, auf dem ersten Blick wirkte das Gelände recht klein. Ich schätze, maximal 10000 Leute dürften/ könnten hier insgesamt Platz finden. Unsere größte Sorge löste sich zum Glück schnell auf, während der gesamten Fahrt begleiteten uns dunkle Wolken und unzählige Platzregen. Der Wettergott hatte jedoch ein Einsehen mit uns und den ca. 5000 Besuchern, außer ein paar vereinzelten Tropfen blieb es an diesem Freitag trocken.

Pünktlich begannen ASP ihren Gig, sie wurden als klassische Rockband aus Frankfurt angekündigt, obwohl sie ja nun gerade auf CD sehr viele elektronische Elemente verwenden. Trotz der fast immer unglücklichen Situation, Opener auf einem Festival zu sein, zeigte sich der Platz schon gut gefüllt. Der charismatische Sänger Alexander Spreng war mit viel Spaß und Energie bei der Sache und schaffte es immer wieder das Publikum zu animieren. Dabei fiel besonders auf, dass er im Gegensatz zu früheren Gigs auf übertriebene Schminke verzichtete.

Nach einer kurzen Umbaupause leichte Irritationen: Der Moderator musste ein zweites Mal auf die Bühne kommen. Er berichtete von der unangenehmen Aufgabe, mal zwei Konzerte auf dem Woodstage absagen zu müssen. Die Fans befürchten trotz erfolgten Aufbaus des Equipments das Schlimmste. Doch Entwarnung: Der Mann scherzt, dass einer der DEUTSCH-AMERIKANISCHEN-FREUNDSCHAFT wohl mal grad ein stilles Örtchen aufgesucht habe… Wie gerufen kommt Gabi hinter dem Vorhang hervor und stürmt auf die Bühne.

„Robert, Andrew alles klar? Los geht`s“ Der Frontmann rannte wie ein Berserker über die Bühne und die drei spielten ein Set bestehend aus Klassikern wie „Mein Herz macht Bum“, „Der Mussolini“, „Als wärs das letzte Mal“, „Verschwende Deine Jugend“ und Stücken von ihrer letzten Scheibe „Fünfzehn neue DAF Lieder“. Als wenn „Der Mussolini“ nicht schon provokant genug wäre, setzte Gabi noch eins drauf: „… süßer Adolf Hitler“ und „… schwuler Jesus Christus“. Auf der Bühne war alles beim Alten. Robert steht fast reglos hinter seinem Synthi-Pult, Andrew drischt aufs Schlagzeug und Herr Lopez heizt den Fans ein. Während „Liebeszimmer“ dargeboten wurde, machte einer der Techniker einen Mikrofontest über die gesamte PA, Gabi schaute Robert dabei nur fragend an. Der antwortete mit einem Schulterzucken. Ein Titel zuvor wurde selbiges Mikro ausgetauscht. Das war nicht das einzige Problem während ihrer Show. Am Anfang des Gigs hatte das Schlagzeug so seine Macken. Aber DAF sind Profis und wissen damit umzugehen. Mit „Sex“ führte Gabi, angespornt vom Publikum, weiter durchs Programm. „Und weiter geht`s“ schreit er ins Mikro. Im selben Moment kamen auch schon die Roadies auf der Bühne und bauten ab. Für DAF und für die Fans ein abruptes Ende.

Der Auftritt von DAF war nicht so mitreißend wie in Gent beim Invitation-Festival Anfang des Jahres. Das mag daran liegen, dass man am späten Nachmittag spielen musste. O-Ton Gabi zum Publikum: „Ignoriert den Nachmittag“. Zudem haben DAF ein viel zu großes Repertoire an Titeln, sie hätten ruhig länger spielen können und müssen.

Um 18:20 war es soweit: Zum ersten mal sah ich UMBRA ET IMAGO, 13 Jahre gibt es diese Band schon und mittlerweile haben sie sich eine treue Fanbase erspielt. Dementsprechend frenetisch wurden sie zu den Klängen von „Märchenlied“ auf der Bühne begrüßt. Mozart trat in langem Lackmantel und Zylinder auf, die Haare (?!) dieses mal offen tragend wie ein junger Pierre Brice. Nach einigen Tracks wurde „Schlag mich“ mit einem dicken Seitenhieb auf die Bildzeitung angekündigt: „Für die Spanner der Bildzeitung“ – im Hintergrund konnte man zwei nackte Schönheiten bei netten SM und französischen Spielchen beobachten. Der letzte Song wurde mit einem Mozart-typischen Spruch eingeleitet: „Kommt her, ich brauch’ was zum fummeln“. Was mir auffiel: Während des Gigs verschwanden immer mehr Leute, nach dem Motto mal kurz angucken und dann anderen Dingen widmen (vielleicht auch aufgrund der Anregungen auf der Bühne…).

Aufgrund des etwas länger als geplanten Umbaus verzögerte sich der Auftritt von WITHIN TEMPATION um knapp 10 min. Dem Zuschauer bot sich ein der Musik angepasstes mystisches Bühnenbild: Engelsstatue, Säulen und Mauern im römischen Stil. Das Intro zeigte gleich, was einen die nächsten 60 Minuten erwarten würde: 3 Saitenkünstler sorgten für einen entsprechend bombastischen Soundteppich. Dann schritt Sharon den Adel zu „See how I am“ wie eine Elfe auf die Bühne, langer rot-violetter Rock, schwarzes Top, um die Augen geschminkt. Mit ihrer Stimme verzauberte sie die Zuschauer während des gesamtes Gigs. Hier ein Lächeln, dort ein Strahlen und immer wieder der Flirt mit dem Publikum. Einzig ihre Verrenkungen mit den Armen fand ich ein wenig unpassend und gestelzt. Besonderen Anklang fanden „Ice Queen“, das KATE BUSH-Cover „Running up that Hill“, sowie „Mother Earth“ und als Zugabe noch „Deceiver of Fools“

Dann kam die Formation, die den größten Publikumszuspruch an diesem Abend hatte: IN EXTREMO! Schon Minuten vor Beginn war der Platz rappelvoll. Und als Sänger Micha Rhein „Küss mich“ anstimmte, war die Menge gleich gewonnen. Aufwendige Pyrotechnik und Flammeneffekte sorgten wie schon bei WITHIN TEMPTATION für eine eindrucksvolle Stimmung und die Fans brüllten die Songs aus voller Kehle mit. Als „Merseburger Zaubersprüche II“ als Lied mit sächsischem Text angekündigt wurde, brandete besonderer Jubel auf. Ein Hit folgte auf den anderen: „Erdbeermund“ (Kinski lässt grüßen), „Ave Maria“, „Nymphenzeit“ und „Vollmond“ . Eigentlich waren zwei Zugaben geplant, da aber die Zeit knapp war, wurde „Villemann og Magnhild“ kurzerhand weggelassen und „Palästinalied“ blieb der einzige Bonus. Zur Verabschiedung brandete noch einmal tosender Applaus auf.

Dann kam mein absolutes Highlight, Headliner des Freitags und meine Lieblingsband: FRONT 242. Geringfügig weniger Zuschauer als bei IN EXTREMO, aber die rund 4000 Zuschauer ließen die Sau raus, wie ich es bei einem 242-Konzert so noch nicht erlebt habe. Mir war aber schon zu Ohren gekommen, dass die Fans im Osten Deutschlands besonders abgehen. Schon während Tim Kroker und Patrick Codenys den Soundcheck durchführten, ertönten ständige „242-Rufe“. Dann der „Schock“: Ronan Harris kündigte F 242 an und sprach etwas von Göttern (Da hat er recht!). Patrick betrat die Bühne und „He runs too fast for us“ leitete ihren rund 70 minütigen Gig ein, in der Mitte ging der Pogo schon langsam los… Dann ertönte „Together“, ein Song der „Pulse“-Scheibe, Jean Luc betrat die Bühne und ich war sehr verwundert, wo war Richard??? Eigentlich war es immer sein Privileg einen Gig einzuleiten. Kleine Soundprobleme, Jean Luc fragte nur: „Hey Musicmaker???“. Zu „Body to Body“ enterte Richard dann die Bühne, es ging Schlag auf Schlag: „Religion“, “ Im Rhythmus bleiben“, „Crapage“, die beiden hüpften wie zwei außer Kontrolle geratene Flummis über die Bühne und im Publikum tobte der Mob, als Brillenträger hatte ich mich zur Seite verzogen, besser ist das! Zwischendurch rannten immer wieder völlig fertige Leute aus der Mitte an mir vorbei: Ich entdeckte blutige Köpfe und blaue Augen. Für dieses Konzert hatten sie wieder den guten alten Yamaha DX 7 herausgekramt, dadurch klangen die Songs rauer und insgesamt fetter als noch zu Zeiten der „Re:Boot“. „Melt“ wirkte dagegen dieses mal etwas ruhiger. Als dann die ersten Takte des wohl bekanntesten und meistgespielten EBM-Song „Headhunter“ erklangen, wurde klar, dass „Melt“ gewählt wurde, um den Fans ein wenig Ruhe vor dem finalen Sturm zu gönnen. „Headhunter“ und „Welcome to paradise“ (No sex until marriage) verlangten den Fans noch einmal alles ab. Richard, wohl von der Stimmung im Publikum völlig begeistert, schoss einige Fotos, um die Stimmung für die Band festzuhalten. Als Zugabe präsentierte man dann noch weitere Klassiker: „Kampfbereit“, „U-men“ sowie „First In, First Out“. Auch nach 22 Jahren Livepräsenz und einem Alter jenseits der 40, ein absolut energiegeladener, beeindruckender Gig. Ich wette, viele jüngere Bands könnten dieses Tempo nicht mitgehen.

Abgekämpft und müde ging es fürs erste auf den Heimweg.

Copyright Fotos: Jörg Rambow

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