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X-ROCKFEST OPEN AIR 2013

Ort: Herford – Am Club X

Datum: 18.08.2013

Wenn man so ca. 20 Jahre Rock und Metal auf der Kappe hat, wird es auch für einen noch so motivierten Musik-Fan schwierig, drei bis fünf Tage auf einem Festival auszuhalten. Klingt komisch, ist aber so! Da kommt die Idee der Konzert-Veranstalter vom Club X in Herford doch gerade richtig. Ein Ein-Tages-Festival mit Top-Bands von vorne bis hinten, Start am frühen Mittag, Ende noch vor 23Uhr. Dazu noch im benachbarten Herford, was eine Anreise unsereins natürlich deutlich vereinfachte. Dennoch kamen nach der Bekanntgabe des Termins einige Fragen auf: Dabei ging es gar nicht um das Billing, denn vom Club X ist man Shows mit hochkarätigen Acts durchaus gewohnt. Vielmehr wurde spekuliert, wo man ein Areal aufbauen möchte, dass genug Leutchen Platz bieten würde. Denn ein Line Up mit SLAYER als Headliner und so großartigen Acts wie u.a. ANTHRAX, KILLSWITCH ENGAGE und BULLET FOR MY VALENTINE als Vorspeise und das ganze für einen Kurs von rund 40 Euro würde garantiert so einige Fans ziehen.

Kurz vor dem Termin wurde dann bekannt, dass die Show tatsächlich auf dem Parkplatz am Club selbst stattfinden würde. Verschiedene Firmen im Umkreis stellten Parkraum zur Verfügung (wobei einige Wegweiser gerade für Gäste von außerhalb schon hilfreich gewesen wären) und so war alles bereit. Am Show-Tag selbst lief alles erstaunlich reibungslos: Kaum Wartezeit am Einlass, ausreichend Dixie-Klos, für ein Festival halbwegs humane Getränkepreise und ein Zeitplan, der gut eingehalten wurde. Allein der erwartete Engpass zum hinteren Areal, wo die Bühne errichtet wurde, sorgte während der Umbaupausen für den ein oder anderen Stau, was aber auch nur halb so wild war. Auch das Wetter spielte (aus meiner Sicht) mit, denn etwas Nieselregen ist mir durchaus lieber als knallig bratende Sonne über den ganzen Tag mit kaum Aussicht auf Schutz.

WHILE SHE SLEEPS

Aber nun zum wichtigsten: der Mucke. Mit dieser waren WHILE SHE SLEEPS bei meinem Eintreffen schon voll zugange und gleich wurde man etwas skeptisch. Der Sound bollerte derart Schlagzeug-lastig von der Bühne, dass von den Gitarren und Gesang nur wenig zu vernehmen war. Dennoch gaben die Metalcorer alles, um die bislang eingetrudelten Metalfans für sich zu gewinnen und die engagierte Performance sollte sicherlich einige dazu bewegen sich mal das Debüt „This is the Six“ anzutun.

WHITECHAPEL

Die schon renommierten Kollegen von WHITECHAPEL hatte ähnliche Probleme. Dazu gehen die Amis noch um einiges deftiger zu Werke, was den Sound ebenfalls zu einem großen dumpfen Matschhaufen verwandelte. Aber dennoch brachten die Deather schon mal die ersten Köpfe zum Nicken, aber im besseren Soundgewand wäre sicher noch mehr drin gewesen.

DEVILDRIVER

Überraschend früh am Tag mussten DEVILDRIVER auf die Bühne. Aber auch zu dieser Zeit sprühten Dez Fafara (auch COAL CHAMBER) und seine Jungs vor Energie und bei Hits wie „I could care less“ und „Clouds over California“ ließen dann auch die ersten Circle Pits und eine kleine Wall of Death nicht lange auf sich warten. Diese Typen reißen einfach mit und hinterlassen nur verbrannte Erde, egal wo und wann sie spielen! Etwas weiter vor der Bühne angekommen, wurde der Sound auch deutlich besser und war auch ohne Ohrstöpsel gut auszuhalten!

FEAR FACTORY

Bei Ansicht des Billings für diesen Tag hat mir eigentlich nur eines Sorge bereitet: Die Vocals bei FEAR FACTORY! Diese Band habe ich über die Jahre schon einige Male live gesehen und nie, nicht mal zu „Demanufacture“-Zeiten, hat Fronter Burton C. Bell die cleanen, atmosphärischen Vocals live auf die Kette bekommen. In den letzten Jahren wurde der Sänger bei diversen Songs gar mit Backings vom Band unterstützt. Diese Befürchtung wurde auch dieses Mal bestätigt, denn so gut der Mann die Shouts bei „Shock“, „Edgecrusher“ oder den neueren Tracks „Powershifter“ und „The Industrialist“ noch drauf hat, umso dürftiger kam der cleane Gesang rüber, der entweder schief, zu leise und meist beides klang und auch dieses Mal phasenweise wieder mit Tape-Backings verstärkt wurde. Sonst wirkte Bell etwas demotiviert, wie so oft in den letzten Jahren, wofür Matt DeVries (Bass, ehem. CHIMAIRA, ex-SIX FEET UNDER), Gitarren-Kugel Dino Cazares und Mike Heller (Drums) umso engagierter waren. Und so wurde das Set, welches erfreulicherweise auch den Titelsong vom „Archetype“-Album (für mich immer noch eines der stärksten der Band) und natürlich „Replica“ als Finale parat hatte, am Ende doch noch abgefeiert. Gute Band, aber die beste Zeit dennoch deutlich hinter sich…

CALIBAN

Die Ruhrpott-Metalcorer CALIBAN waren kurzfristig für die verhinderten AS I LAY DYING eingesprungen (Inhaftierung von Sänger Tim Lambesis) und von vornherein war schon klar, dass dies ein mehr als würdiger Ersatz sein würde. So reißen CALIBAN live einfach ungemein mit. Songs wie „Dein R3ich“, „Our Burden to bleed“, „I will never let you down“ und natürlich das RAMMSTEIN-Cover „Sonne“ lassen den Fans kaum eine andere Wahl, als abzugehen, was die Band um Shouter Andy Dörner bekannterweise auf der Bühne imposant vormacht. Mosh- und Circle Pits, Wall of Death und alles im erträglichen Rahmen. Besser geht’s nicht!

ANTHRAX

Meiner persönlichen Meinung nach halte ich John Bush (AMORED SAINT) für den besseren Sänger, aber eine Diskussion über die Qualitäten von Bush und Joey Belladonna ist eine Diskussion über zwei der besten Metal-Sänger überhaupt, denn auch Belladonna ist ein großartiger Fronter! Generell sind ANTHRAX vor allem live wieder und wieder ganz großes Kino. Wirbelwind Scott Ian (Gitarre), Grimassen-Gesicht Frank Bello (Bass) und der derzeitige Drummer Jon Dette (u.a. ex-SLAYER) machen live Dampf wie eh und je und mit Gitarrist Jon Donais (SHADOWS FALL) hat man sich einen klasse Ersatz für den zu VOLBEAT abgewanderten Rob Caggiano ins Boot geholt. Dazu sind Belladonnas Posen und seine Stimme natürlich legendär! Wenn man dann noch mit „Caught in a Mosh“ durchstartet, kann man nur gewinnen. Die „alten Herren“ rocken live noch fast jede jüngere Band an die Wand und ließen dabei Knaller wie „Got the Time“, „Indians“ und das Dimebag (PANTERA, R.I.P.) und Ronnie James Dio (DIO, RAINBOW, HEAVEN & HELL, R.I.P.) gewidmete Meisterwerk „In the End“ von der Kette. Zum Finale geht mit „Antisocial“ natürlich nochmal alles und so markierten die Metal-Veteranen aus den USA das erste und vielleicht auch größte Highlight dieses Tages!

TRIVIUM

So langsam hat man den Eindruck, dass so mancher Metal-Fan Matt Heafy und TRIVIUM überdrüssig geworden ist. Zwar liefert die Band seit ihrer Gründung nur erstklassige Alben ab, allerdings hat man den Eindruck, dass die Pause nach dem starken „In Waves“ ruhig noch ein Jahr länger hätte sein können. Doch mit „Vengeance falls“ steht nun das nächste Werk in den Startlöchern. Von diesem hatte man dann auch den Opener „Brave this Storm“ sowie den Vorab-Song „Strife“ im Gepäck. Und während letzterer ein typischer TRIVIUM-Stampfer ist, scheint bei „Brave this Storm“ Sänger und Produzent David Draiman (DISTURBED) nicht nur am Sound gedreht zu haben, sondern hatte wohl auch Einfluss aufs Songwriting. Aber gut, bei „Throes of Perdition“, „In Waves“ und natürlich dem Klassiker „Pull Harder on the Strings of your Martyr“ geht live natürlich alles und so wurden TRIVIUM auch heute auch wieder zurecht abgefeiert!

KILLSWITCH ENGAGE

Sehr gespannt war ich auf die Performance von Jesse Leach und KILLSWITCH ENGAGE. Mit dem neuen/ alten Shouter hatte ich die Band noch nicht gesehen und so war ich gespannt, ob der Mann auch die Howard Jones-Songs auf die Kette kriegen würde. Und beim herausragenden „Bid Farewell“ war schnell klar… der Mann kann! Und wie! Was für ein genialer Sänger/ Shouter ist der Kerl bitte? Die folgenden Übersongs „Fixation on the Darkness“ und „Life to Lifeless“ ließen auch mich dann nicht mehr ruhig auf der Stelle stehen und wenn die großartigen „My Curse“ und „The End of Heartache“ von hunderten Kehlen mitgesungen werden, ist Gänsehaut angesagt! Bei diesen Reaktionen wollte auch beim zurückgekehrten Fronter das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht verschwinden. Richtig Spaß hatte natürlich auch wieder Band-Boss und Gitarren-Weirdo Adam D., der permanent über die Bühne wuselte, einige Weizen zischten und mit seinen Roadies rumspaßte. Als Drummer hatte die Band dieses Mal AS I LAY DYING-Drescher Jordan Mancino dabei, da Justin Foley seinen Schlüsselbeinbruch in Folge eines Fahrrad-Sturzes auskurieren muss. Zum Finale des Sets konnte natürlich nur „My last Serenade“ anstehen, mit dem die Band nochmals ein Ausrufezeichen hinter ihr Set, das nach ANTHRAX bislang stärkste des Tages, setzte!

BULLET FOR MY VALENTINE

Auch wenn man es als beinharter Metaller nicht gerne zugibt, muss man den Walisern BULLET FOR MY VALENTINE zugestehen, dass sie live ziemlich rocken können! Doch sieht Fronter-Schönling Matt Tuck mittlerweile wie eine Möchtegern Rock-Version von JUSTIN BIEBER aus und auch die Performance konnte dieses Mal nicht voll überzeugen. So sind zwar sowohl Lieder wie „4 Words (to choke upon)“, “ Your Betrayal“ oder „The Last Fight“ weiterhin echte Knaller und auch „Tears don’t fall“ weiterhin ein Garant für Gänsehaut, aber wenn der Sound nicht passt und auch stimmlich nicht alles auf der Höhe ist, helfen auch starke Songs und auch 2-faches Intro nicht mehr viel um die Show zu retten. Sorry Guys, next Time…

SLAYER

Wenn diese Band auf der Liste steht, ist alles bis dahin Gewesene eigentlich egal. SLAYER! Trotz und vielleicht gerade wegen des Todes von Gitarrist Jeff Hannemann vor erst einigen Wochen ist der Support und Kult um SLAYER scheinbar noch gewachsen. Und auch der erneute Tausch am Schlagzeug von Dave Lombardo zu Paul Bostaph ist als halb so tragisch zu verzeichnen. Mann, Frau, Emo, Metaller, Rocker, egal… SLAYER! Und die kamen, lieferten und gingen wieder! So ziehen einen Klassiker wie „Mandatory Suicide“, „Seasons in the Abyss“ und „Dead Skin Mask“ wieder und wieder in ihren Bann und wenn Mr. Tom Araya sekundenlang wortlos am Mikro steht und die Runde schaut, ist und bleibt es ein beeindruckender Moment, in dem man förmlich eine Stecknadel fallen hören kann. Kerry King ist auch weiterhin ein Tier und mit Gary Holt (EXODUS) konnte man einfach keinen besseren Hannemann-Vertreter ins Boot holen. Statt mit großen Worten zollte die Band ihrem verstorbenen Band-Kollegen in Form eines Hannemann/ Heineken-Backdrop Tribut. Auch das sind SLAYER, das ist ihre Art! Und auch wenn es an diesem Tag zu „Raining Blood“ und „Angel of Death“ aufgrund des recht gemischten Publikums nicht zum kollektiven Ausrasten der Massen kommt, wird einem auch heute wieder klar, dass SLAYER eine Macht sind… und es immer bleiben werden!

Als Fazit kann man von einem absolut gelungenen Ein Tages-Festival sprechen. Natürlich haben einige Leute immer was zu meckern, wenn die Bratwurst evtl. zu kalt, dafür das Slushi zu warm oder 2 Fritten zu wenig auf der Pappe waren. Und sicherlich gibt es hier und da Feinheiten, an denen man feilen kann. Aber ohne Frage ist solch ein Open Air, mit diesem Billing und für diesen Preis kaum zu schlagen! Und daher kann man nur hoffen, dass die Veranstalter auch nächstes Jahr ein solches Event in Angriff nehmen wollen!

Copyright Fotos: Karsten Rzehak

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