Ort: Köln - Underground
Datum: 09.05.2009
Die Terrorverlag-Reportage präsentiert: Der Samstag der Ereignisse! Von öffentlichen Nebeneinnahmequellen während des Gigs über politische Statements bis hin zu vermeidlichen Gaststarauftritten – die Terrorverlag-Reportage war für Sie live vor Ort. Tatort Köln – im beschaulichen Konzertraum des „Undergrounds“ versammelten sich langsam aber sicher Freunde harter Gitarrenmusik, ohne zu ahnen, was hier heute Abend noch passieren sollte.
Das erste Mal überschlugen sich die Ereignisse, als das epische Intro der den Abend eröffnenden Band FOR ALL THIS BLOODSHED erklang. Leichte Nervosität sah man Frontfrau Rage bei ihrem erst zweiten Auftritt jetzt noch verständlicher Weise an, was sich aber schlagartig mit den ersten Klängen des Openers „Words Of A Liar“ änderte. Dann nämlich mutierte die gute Rage zur Frontsau, um mit ihren vier Kollegen den recht gut gefüllten Auftrittsraum unter Beschuss zu nehmen. Die Gitarristen Chris (Ex-BURNED ALIVE) und Markus (Ex-SIDIOUS) preschten mit geschärften Riffs voran, während Bassist Marcus und Ingo an der Schießbude (beide ebenfalls ehemals SIDIOUS) druckvoll hinterher walzten, kraftvoll angetrieben von den Schlachtrufen ihrer Shouterin. Diese überzeugte von Anfang an durch eine beeindruckende Kraft in der Stimme, mit der sie allen Freunden von MARIAH CAREY-artigem Geträller mal gerade eben mit Anlauf den Schädel vom Hals tritt! Ein echtes Naturtalent, was man da in den Reihen der Senkrechtstarter von FOR ALL THIS BLOODSHED hat. Wie eine Naturkatastrophe ist dagegen die Wucht des Liedgutes des Kölner Quintetts zu beschreiben, welches mit Titeln wie „Deep Awake“ und „Fire In My Eyes“ auch die ersten Violent Dancer auf den Plan rief. Wo sich diese nun auch schon in unmittelbarer Nähe zur Bühne befanden, konnten diese auch gleich die Chance auf einige Sing-Along-Parts wahrnehmen, was sich vor allem Band-Freund Burak nicht entgehen ließ. Die Interaktion mit dem Publikum lief so also bereits beim zweiten Auftritt sehr souverän. Dass man auch bereit ist, ein Stück weit auf die Fans zuzugehen, stellte Chris mit seinen Rundmärschen durchs Publikum klar, für die er ja schon bei seiner ehemaligen Band berühmt-berüchtigt war. Doch auch auf der Bühne spielen FATB ganz weit oben mit: Es wurde gebangt und gepost, was das Zeug hält, während Rage den tanzenden Anhängern im Publikum in nichts nach stand. Sie war es dann auch, die sich bei der Ansage zum Song „Written In Blood“ erstmal einen Fünfer verdiente, in dem sie den Song als „Written In Cum“ betitelte [näheres dazu in unserem im Vorfeld geführten Interview]. Eine wahre Freude, der Truppe bei ihrem Tun über die Schultern zu sehen und vor allem auch zuzuhören, denn das Deathcore-Grundgerüst weiß durch die vielen Einflüsse mit viel Groove und Wucht wirklich zu überzeugen. Rasende Blasts und donnernde Breakdowns werden verziert durch schöne Melodien und interessantes Riffings, so wie auch bei den letzten beiden Kompositionen „Handle This!“ und „Confident“, mit denen vor FOR ALL THIS BLOODSHED ihren zweiten und wirklich überzeugenden Auftritt beendeten. Ein wirklich großes Ding, was da in Köln das Licht der Welt erblickt hat! Bereits jetzt bei dem gerade mal dreimonatigem Bestehen der Formation kann man das enorme Potential erahnen, welches in Naher Zukunft auch im Vorprogramm von keinen geringeren als ALL SHALL PERISH zu bestaunen sein wird. FOR ALL THIS BLOODSHED ist der Name, den sich spätestes ab jetzt schon mal jeder merken sollte!
Setlist FOR ALL THIS BLOODSHED
Words Of A Liar
Deep Awake
Rage [Arbeitstitel]
Fire In My Eyes
Written in Blood
Handle This!
Confident
Imposant weitergehen sollte es dann auch im mittleren Teil der musikalischen Abendunterhaltung. Dann nämlich, als BUT WE TRY IT die Bühne betraten und mit „This constellation we know: collapse“ den nächsten Anschlag auf die Trommelfälle der Anwesenden starteten. Die Wuppertaler machten von Anfang an keine Gefangenen und beschallten die Örtlichkeit mit lupenreinem Metalcore, der sofort die ersten Bewegungswilligen traf wie ein anspornender Tritt in den Gesäßbereich. Frontröhre Jörn wechselte zwischen biestigen Shouts und bösen Growls, dass einem ein kalter Schauer den Rücken runter lief, während die eingängigen Riffs der Gitarristen Dominik und Tim ein wohlig warmes Gefühl in der Magengegend eines jeden Metalheads verbreiteten. Ebenso glänzte die Saitenfraktion bereits bei der zweiten Komposition „Thin line between hope and failure“ mit einen wunderschönen Solo – und es sollte nicht das letzte bleiben. Doch nicht nur der Metalfaktor wird von dem Fünfer gekonnt bedient, der Hardcoreanteil kommt nämlich ebenso wenig zu kurz. Dazu tragen auch Bassist Stefan und Drummer Mark bei, die neben dem Groove vor allem auch ordentlich Druck aus den Boxen pressen. Das folgende „Everything falls apart“ befindet sich zwar nicht auf der EP der Band, hinderte aber Teile des Publikums durch diesen Umstand nicht daran, ordentlich Alarm vor der Bühne zu machen. Wenn nicht die Fäuste flogen, wirbelten Haare umher. Gleiches Bild auch auf der anderen Seite, als Stefan seine Dreads im Takt von der Stage peitschen ließ. Diese verlies er auch mal kurzzeitig, um so auch an anderer Stelle mit gefälligem Posing aufzutrumpfen. Dass dabei das Spielvermögen nicht im Geringsten litt, kann man ebenso seinen Kollegen bescheinigen, mit denen er in weiterer Folge „On the dead side“ und „Spitting blood“ zum Besten gab. Bei der Ansage zu Letztgenanntem drückte man sein Missfallen an der an diesem Tag in Köln stattfindenden Demo der rechtspopulistischen Bewegung „Pro Köln“ aufmerksam und sprach sich klar dafür aus, dass es für solche Idioten in unsere Gesellschaft keinen Platz gibt: „Dieser Song ist gegen Nazis!“, wofür es berechtigten Applaus gab. Selbigen ernteten sie dann auch noch für „The great disaster” und “Among the ruins”, ehe man mit dem zum Mitshouten prädestinierten Knaller “Forsaken dreams” dem Ende eines stimmungsvollen Auftritts entgegen donnerte, der sicherlich bei einigen für schmerzende Nacken gesorgt haben dürfte. Ganz großes Kino!
Setlist BUT WE TRY IT
This constellation we know: collapse
Thin line between hope and failure
Everything falls apart
On the dead side
Spitting blood
The great disaster
Among the ruins
Forsaken dreams
Ebenso wenig im falschen Film fühlte man sich dann beim Headliner des Abends, wenngleich die Vorstellung des Hauptfilms überraschend schlechter besucht war. Selber Schuld kann man da nur sagen, den nach dem Intro ging es dann ohne Umwege mit ZERO MENTALITY zum “Planet der Affen”. Die Ruhrstädler gaben direkt vollen Schub und schalteten auf Rock-Geschwindigkeit. Die Gitarristen Dominik und Dennis zockten ihre Saiten heiß und verschmolzen gekonnte Riffs mit schönen Melodien, die von Schlagzeuger Marcel und Thorsten am Bass mit ordentlichem Wums untermalt wurden. Das heiße Eisen noch weiter zu schärfen, war dann Aufgabe von Shouter Ben, der gekonnt zwischen Gesang und Geschrei hin und her wechselte. Der zweiten Komposition “No Salaam No Shalom“ folgte der neue Song „Black Rock“ und servierte so an diesem von corigen Klängen dominierten Abend eine ordentliche Portion Rock, auf die sich die verbliebenen zurecht sehr gerne einließen. In den Strophen stimmlich ein wenig nach CLAWFINGER klingend, im Refrain dann der Mitgröhlpart – das sorgt für ordentlich Stimmung. Doch damit stand der Titel natürlich nicht alleine da: „Has everything we do already been done?“, das herrlich giftige „Alone again“ und „In fear of for ever“ schlossen nahtlos daran an, boten darüber hinaus aber ebenfalls wieder gewisse Hardcore und auch Punk-Anleihen – eine Mischung, die durchaus zu gefallen weiß! Auch nicht unbedingt eindeutig dieser Richtung zuzuordnenden Zeitgenossen schien es zu gefallen, nimmt man als Beispiel mal jenen hochgewachsenen Typen in Baggies und mit XXL-WU TAN CLAN-Shirt plus Bandana, der anfangs erst beim Publikum, später dann auch bei der Band versuchte, Aufmerksamkeit zu erhaschen. Sah ein wenig wie diejenige Hälfte aus, die 50 CENT zum ganzen Dollar fehlte. Er war in seinem Vorhaben allerdings letztendlich erfolgreich – auch wenn es so schien, als wenn er davon sowieso nichts mehr mitbekommen hätte. Immerhin war er noch klar genug, die Pause zwischen zwei Songs zu nutzen, um ein stilechtes „Yo, yo motherf*cker“ ins Mikro zu stammeln. Ja, das nenne ich doch mal „rhymes for the house“ – der langhaarige Jeanskuttenträger neben mir war schier begeistert. Doch gänzlich erfolglos blieb er damit nicht, denn immerhin gab es – ob aus Mitleid oder Nettigkeit sei einmal dahingestellt – von Sänger Ben (nein, nicht der Schnulzentyp mit dem gehäkelten Kaffeekannenwärmer auf dem Kopf) ein „extra großes Shirt für unseren Freund hier – das hässlichste, was wir haben!“. Also alle, die gratis Bandshirts abgreifen wollen: Merkt euch die Taktik; mir persönlich wäre es das allerdings nicht wert. Doch während „MC Checkt-Nix“ weiter ein wenig auf der Bühne rumstrunzte, gab es auch noch Leute, die wirkliches Interesse an Stücken wie „In fear of for ever“, „Good death“ oder „To thy own self be true“ hatten und so begeistert jede Chance zum Sing-Along nutzten. Band und Besucher hatten sichtlich Spaß, vor allem da ZERO MENTALITY auch in Sachen Posing ganz stark sind. Ein sehr unterhaltsamer und gelungener Auftritt, der nach „Constant confusion“ und „Nicht mehr“ mit „Glück auf“ ein zufriedenstellendes Ende fand.
Setlist ZERO MENTALITY
Affen Intro
Planet der Affen
No Salaam No Shalom
Black Rock
Has everything we do already been done?
Alone again
In fear of for ever
Good death
To thy own self be true
Constant confusion
Nicht mehr
Glück auf
Copyright Fotos: Tina
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