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Zurück Zuhause Festival 2023

Ort: Bielefeld - Lokschuppen

Datum: 17.02.2023

Endlich, beim dritten Anlauf hat es doch noch mit dem von CASPER initiierten Festival im Lokschuppen geklappt. Nachdem es 2020 wegen der Corona-Pandemie erst gar nicht angesetzt wurde, hat man 2021 das Festival aufgrund der immer noch bestehenden Pandemie um ein Jahr verschoben. Und auch dieser Termin stand unter keinem guten Stern. In den letzten Zügen der CASPER „Alles war schön und nichts tat weh“-Tour erwischte es den Rapper selbst. Er musste den Hannover-Gig und auch das kurz vor Weihnachten angesetzte zweitägige ZZF absagen. Für beide Termine wurden kurzerhand Ersatz gefunden und so konnte Mitte Februar das eigentliche obligatorische Jahresendfestival in Bielefeld stattfinden, leider gekürzt auf nur einen Abend. Wie in den vergangenen Festivals auch, waren im Lokschuppen wieder interessante Künstler am Start.

Den Anfang übernahmen die Newcomer TEMMIS aus Tübingen und die legten mit ihren Post Punk-/New Wave-Sound gleich richtig los. Die Spielfreude der vier Jungs auf der Stage übertrug sich auch auf das Publikum, das sofort mitging. Beim bekanntesten Song „Klinge“ konnte ich mir ein Schmunzeln nicht verkneifen, irgendwie kam mir das ganze recht bekannt vor. Klingt irgendwie nach DRANGSAL und das ist auch kein Wunder, denn kein Geringerer als Max Rieger (DIE NERVEN) hatte sich der Band angenommen und der arbeitet ja schließlich auch mit DRANGSAL, MIA MORGAN und CASPER zusammen. Nach einer guten halben Stunde verabschiedeten sich Roman (voc,git), Tizian (git), Alexander (bass) und Emil (drums) von der Bühne und ich bin mir sicher, dass man in Zukunft noch mehr von den mittlerweile Neu-Hamburgern hören wird.

Setlist (ohne Gewähr)

  • Sommer vorbei
  • Klinge
  • Verloren wie ich (Pt.1)
  • ICE 579
  • Augenringe
  • Andere Stadt
  • Wenn du da bist

Nach einer kurzen Umbaupause enterte DILLA mit ihrem DJ die Stage und es wurde elektronischer und tanzbarer. Auch die beiden wurden stürmisch begrüßt und so einige kannten ihre Musik, bzw. ihr englischsprachiges Projekt AMADEA. Selbstbewusst legte das Mädel mit „Mario Kart“ und „Avenue“ los und fegte über die Bühne, bevor sie sich zum dritten Song ans Keyboard setzte und eindrucksvoll das ruhige „Junge“ performte. Die Wahl-Berlinerin scheint die geborene Entertainerin zu sein, da werden auch schon mal Pannen sympathisch überspielt. Erst konnte ein Song nicht gestartet werden: „Dann spielen wir den eben später“, was dann auch geschah oder als „Photosynthese“ mittendrin hängenbleibt: „Egal, machen wir a capella weiter“ und das unterstützt vom Publikum. Auch bei „Mama“ forderte sie Hilfe von den Anwesenden, die ihrerseits das „Mama“-Sample vom QUEEN-Klassiker „Bohemian Rhapsodie“ zum Besten gaben. In Kooperation mit timmyT erschien 2021 die EP „Vier Tage in Berlin“ und machte Amadea Ackermann einem noch breiteren Publikum bekannt. Ich bin mit Sicherheit nicht der Einzige an diesem Abend, der behauptet, dass DILLA ganz dicht am Schlager ist. Aber das mit ganz viel Beat!

Setlist (ohne Gewähr)

  • Mario Kart
  • Avenue
  • Junge
  • Die Welt geht zu Grunde
  • Mit Dir
  • Mama
  • Girls
  • Unter ihrem Dress
  • Photosynthese

Auf der spärlich beleuchteten Bühne setzte sich Rapper TUA an sein Keyboard und begann sein Set mit „Melancholie“, als ich nur dachte: hab ich mich vertan, der rappt ja gar nicht, der singt ja und das noch verdammt gut. Aber schon bei den nächsten Songs ging er zum Sprechgesang über und bereitete so die Crowd auf den Hauptact vor.  Die Songs des gebürtigen Reutlinger Johannes Bruhns sind weitestgehend ruhig, melancholisch und dunkel – genau das Gegenteil vieler seiner rappenden Kollegen und seiner HipHop-Truppe DIE ORSONS, welche 2010, nur einige Meter von der heutigen Location entfernt, als Support für FETTES BROT auftraten. Während bei den beiden anderen Vorbands TEMMIS und DILLA und später auch bei CASPER richtig viel Licht aufgefahren wurde, gab es bei Herrn Bruhns kaum bis gar kein Frontlicht, man konnte ihn teilweise nur schemenhaft erkennen, was natürlich gut zu seinen vorgetragenen Songs passte. Ich hätte sehr gern seinen Texten gelauscht, aber das war größtenteils unmöglich, da die Bässe viel zu laut abgemischt waren, sodass die Stimme von TUA kaum zu vernehmen war – zumindest dort wo ich stand. Bei den anderen Acts hatte ich diese Probleme nicht. Nach einer kurzweiligen dreiviertel Stunde verabschiedete sich der Rapper vom Publikum, aber für ihn war noch nicht ganz Schluss – später bei CASPER gab es ein Wiedersehen.

Setlist (ohne Gewähr)

  • Melancholie
  • Sayonara
  • Vorstadt
  • System
  • Feuer & Öl
  • Gloria
  • Liebe lebt
  • Ich vom morgen
  • MDMA
  • Dana
  • Bruder II
  • Wem mach ich was vor

Und jetzt endlich CASPER. Drei Jahre ist es her, dass er zuletzt hier an seiner alten Wirkungsstätte den Laden zum Kochen brachte. Und in diesen drei Jahren hat sich beim gebürtigen Ostwestfalen sehr viel getan. Irgendwie habe ich das Gefühl, sein Leben wurde bunter, musikmäßig gesehen. Das fing schon damit an, dass die Fans sich im Vorfeld der VÖ von „Alles war schön und nichts tat weh“ farbiges Vinyl sichern konnten – Lila, Gelb und Zartrosa. Das hätte ich so nicht von ihm erwartet und auch bei der letztjährigen Tour wurde die Bühne mit unzähligen bunten Blumen dekoriert und es war eine komplett neue Band am Start. Er selbst hatte sich einen Schnäuzer zugelegt – ein ganz schön krasser Imagewandel und die Vorabsingles waren nicht ganz so nach meinem Geschmack, das hielt mich unter anderem auch davon ab, mich mit dem neuen Album zu beschäftigen. Sei`s drum, mal schauen was er mit seiner neuen Kapelle hier im Lokschuppen auf die Beine stellt, kann er an die guten „alten“ Zeiten anknüpfen? Um es vorwegzunehmen: Natürlich, sonst hätten die zahlreichen anwesenden Fans nicht gleich vom ersten Song an Alarm gemacht. Standesgemäß fegte Benjamin Griffey mit einem Arminia-Bielefeld-Shirt über die Bühne, um nach dem bedächtigen Beginn durch „Alles war schön und nichts tat weh“ mit „Im Ascheregen“, „Alles endet (aber nie die Musik)“ bis zu „Adrenalin“ schon früh in die Vollen zu gehen. Da dauerte es auch nicht lange, bis sich CASPER den ersten Gast auf die Stage holte und dies war kein geringerer als DRANGSAL, laut Mr. Griffey der beste Tänzer der Stadt. Zusammen performten beide „Keine Angst“, aber meiner Meinung nach, hatte keiner im Saal so eine auffällige Haarpracht wie Max Gruber – schön gescheitelt nach schwarz und weiß (oder war es blond) getrennt. Sofort im Anschluss enterte mit MARTERIA der nächste Rapper die Bühne und beide gaben „Supernova“ von ihrem gemeinsamen Album „1982“ zum Besten. Und da fragte ich mich – bestimmt nicht nur ich – warum „Adrenalin“, ebenfalls vom gemeinsamen Longplayer, am heutigen Abend nur eine Solonummer CASPERs war ??? Mit „20 qm“ wurde es nach „Jambalaya“ und  „Lilablau“ wieder etwas ruhiger auf der Bühne, aber nur kurz ,denn „TNT“ – zusammen mit dem vorherigen Act TUA – läutete das Finale der heutigen Show ein, welche mit „Hinterland“ beendet wurde. Aber niemand verließ den Saal ohne Zugabe und darum mussten die Fans nicht lange bitten. Mit „Ganz schön okay“ und „Gib mir Gefahr“ war nach knapp 90 Minuten wirklich Schluss und die Meute strömte durchgeschwitzt und glücklich aus dem Lokschuppen.

Setlist (ohne Gewähr)

  • Alles war schön und nichts tat weh
  • Im Ascheregen
  • Alles endet (aber nie die Musik)
  • Mieses Leben/Wolken
  • Adrenalin
  • Sirenen
  • Euphoria
  • Keine Angst feat. DRANGSAL
  • Supernova feat. MARTERIA
  • Jambalaya
  • Lilablau feat. DRANGSAL
  • 20 qm
  • TNT feat. TUA
  • Lass es Rosen für mich regnen
  • Blut sehen (Die Vergessenen Pt. 2)
  • Auf und davon
  • XOXO
  • Michael X
  • Wo warst du
  • Hinterland
  • Ganz schön okay
  • Gib mir Gefahr

Imagewandel hin oder her: CASPER hat live wiedermal alle überzeugt, mich eingeschlossen. Die neuen Songs fügten sich super in die Setlist ein und da war es verständlich, dass einige Tracks dann nicht mehr berücksichtigt wurden. Mir persönlich fehlte da doch schon „Lang lebe der Tod“ und „So perfekt“, aber den Song hat er bei den letzten ZZF auch schon vermissen lassen. Jetzt muss ich mich ja doch noch um das aktuelle Album bemühen, natürlich im schwarzen Vinyl. Und freue mich schon mal auf ein nächstes ZZF, das sollte dann – wenn nichts dazwischen kommt – wieder regulär zum Jahresende stattfinden.

Copyright Fotos: Jörg Rambow

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