Konzert Filter

ZWISCHENWELTEN 4

Ort: Koblenz - Festung Ehrenbreitstein

Datum: 03.09.2005

An diesem Freitag machte ich mich nun also auf nach Koblenz zur Festung Ehrenbreitstein, um dort dem Zwischenwelten 4–Festival meine Aufwartung zu machen. Allein schon die Vorfreude, ein Festival in so einer malerischen Kulisse erleben zu können machte mich sehr gespannt auf die anstehenden Bands und ihre Performances… Auf der Festung Ehrenbreitstein angekommen schleuste ich mich erstmal durch den Eingang und hatte noch genügend Zeit, mir die Beine zu vertreten, derweil die Stände zu begutachten und noch etwas zu essen. Schon wenige Schritte hinter dem Eingang schwebte einem der feine Geruch von Apfeltabak und anderen Sorten entgegen und sobald man um die Ecke bog sah man auch schon das im Vorfeld angekündigte Shisha-Zelt, in dem man sich gemütlich bei einer Wasserpfeife hinsetzen konnte, um zu reden und auf den Beginn des Festivals zu warten. Dies wurde auch rege in Anspruch genommen. Bei den weiteren Angeboten war ich allerdings etwas enttäuscht. Neben den üblichen Merchandise-Buden der Bands hatte ich doch ein paar Stände mehr erwartet, aber leider kam hier nur eine Handvoll zusammen, die – bis auf einen Händler mit allerlei Fantasy-Figuren und ähnliches – allesamt nicht meinen Geschmack trafen. Aber da sich über Geschmack nun einmal streiten lässt… Apropos Geschmack: Besonders enttäuscht war ich von DEM Essensstand. Ja, ihr lest richtig, denn es gab nur einen einzigen. Hier wurde ausschließlich ein Asia-Reisgericht (vegetarisch und für Carnivoren) angeboten, was ich preislich gerade noch annehmbar fand. Weniger annehmbar fand ich dafür die lange Schlange, die sich eben dadurch bildete, dass es nur diese eine Möglichkeit der Verpflegung gab, denn verbunden mit dem Hunger ging dann gleich auch eine Dreiviertelstunde Wartezeit einher, was definitiv zu lange ist, wenn gleichzeitig vorne die Bands spielen, für die man bezahlt hat…

Pünktlich um 16.30h ging es schließlich los. Den Auftakt des Festivals bildeten NOCTE OBDUCTA, mit ihrem relativ neuen Album „Nektar II“ im Gepäck und ebenfalls neuem Line-Up. Wie für eine (Avantgarde) Black-Metal-Band nicht anders zu erwarten hämmerte die Band auch direkt los und sollte selbst die letzen müden Krieger wach bekommen haben. Dies zog dann auch direkt leicht irritierte Blicke der meisten Festival-Besucher nach sich, da ein Großteil doch nur wegen des Headliners SCHANDMAUL aufgetaucht war, wie man unschwer an der Fülle der Band-T-Shirts sehen konnte. Auch die Blicke der Leute, von denen man Kommentare in der Essensschlange bezüglich eines Mittelalter-Festivals aufgeschnappt hatte, waren hübsch anzusehen und sprachen Bände. Vielleicht sollte diesem Personenkreis einmal erklärt werden, dass ein Festival nicht zwangsläufig nur mit dem Mittelalter-Genre zu tun haben muss, wenn der Headliner zumindest im Ansatz aus dieser Ecke kommt… Zumindest die Fans von NOCTE OBDUCTA und einige andere Begeisterte zollten der Band den angemessenen Tribut, denn die Leistung der sechs Jungs war trotz des undankbaren Jobs als Aufwärmer und wohl einiger kleinerer Probleme im Vorfeld mit der Technik mehr als akzeptabel. Allein der Sound ließ eben etwas zu wünschen übrig, denn er kam leicht verwaschen rüber. Zwar waren die Bässe unüberhörbar (!!!), aber der Rest ging leider ein wenig unter, was der Stimmung bei den Fans jedoch Gott sei Dank keinen Abbruch tat. Und so spielten NOCTE OBDUCTA sich ein um das andere Lied sozusagen in mein kleines Herz, da die Live-Performance von seiten der Band mehr als zufrieden stellend war und ich die Songs (zu meiner Schande muss ich gestehen, nicht allzu viele davon zu kennen) wirklich gut fand.

So wurde das Szepter nach einer kleinen Umbauphase direkt an CHAMBER weitergegeben, die als zweite Band des Tages fungierten. Auch zeigten sich die Probleme wieder in der Technik, denn das Soundgefüge, was einem hier dargeboten wurde, war im Grunde mehr als enttäuschend. Hatte ich mir zunächst einen Platz recht weit vorne ergattert, zog ich mich doch umgehend zurück, denn lautstärkemäßig war es im vorderen Drittel kaum auszuhalten, ohne das die Gehörknöchelchen unentwegt Conga mit der Gehörschnecke spielten. Also entweder war der Tontechniker zum Zeitpunkt des CHAMBER-Auftritts schlichtweg taub oder er „mag Musik nur, wenn sie laut ist“. Dass unter dem Lautstärkepegel letztendlich auch der Sound vorne zu leiden hatte, brauche ich wohl nicht näher zu erläutern, denn hier dröhnte es ausschließlich, als dass es schön klang. Im hinteren Teil des Festivalgeländes verlor sich dieser Effekt dann etwas, was sehr entspannend für meine Lauscher war und ich mich endlich auf die Performance von CHAMBER konzentrieren konnte. Und die war wirklich nicht von schlechten Eltern. Zwar war Marcus Testory nach einigen Aussagen vergleixhsweise redefaul und zu Beginn etwas reserviert, was sich aber nach den ersten paar Liedern aber auch legte. Man merkte der Mannschaft regelrecht den Spaß an den Stücken an, wobei sie einen guten Mix durch die letzten beiden erschienen Alben spielten. Songs wie „Miles away“, „The dead man´s song“ oder auch “Solitude“ durften in diesem Set natürlich nicht fehlen und wurden mit Begeisterung vom Publikum regelrecht aufgesogen. Kein Wunder, dürften sich doch einige Fans von SCHANDMAUL auch sehr gut mit der Musik von CHAMBER anfreunden können (um nicht zu sagen war es für jene Fans wohl regelrecht eine Entspannungstherapie nach dem Schockerlebnis mit der Auftaktband *gg*). So erschien die Zeit des CHAMBER-Auftritts doch viel zu kurz zu sein und wurde mit einer Zugabe der besonderen Art belohnt. Hier übertrafen sich CHAMBER schließlich selbst, denn das letzte Stück ihres Auftritts war kein Geringeres als eine Kammermusik-Coverversion von RAMMSTEINs „Engel“!!! Dies trug natürlich zur allgemeinen Erheiterung der Festival-Besucher bei, war aber eine durchaus ernstzunehmende Version des Stückes mit einer einfallsreichen und genialen Umsetzung, wie ich finde. Das schien auch der Beifall des Publikums zu bestätigen und CHAMBER konnten die Bühne mit dem guten Gefühl verlassen, die Zuschauer rundum zufrieden gestellt zu haben.

JANUS war als nächste Band angekündigt und enterte nach kurzer Zeit auch die Bühne… allein das Intro löste in mir schon einen kalten Schauer aus, und umso gespannter verfolgte ich das Programm, das sich mir bot. Und ich kann sagen, ich wurde nicht enttäuscht. Das Set schlängelte sich durch alle drei JANUS-Alben und ließ im Grunde keine Wünsche offen. Um nur einige der Titel herauszuheben: am meisten begeisterten mich „Saitenspiel“, „Überleben“ (zum ersten Mal live), „Auferstehung“ und „Paulas Spiel“. Hier machte der Sound auch zum ersten Mal richtig Spaß und gebührte endlich den Leistungen der Bands, die sich auf der Bühne so mühevoll abrackerten, um dem Publikum eine gute Show zu liefern. So wurde man regelrecht durch die Atmosphäre, die Sänger RIG in den Stücken aufzubauen weiß, durch die verschiedenen Gefühlswelten getrieben. Für mich war es eines der interessantesten Live-Erlebnisse, die ich bis dato hatte, und ich war sehr von der Leistung der Band angetan. Vor allem war ich schwer beeindruckt von der Tatsache, dass sich die Band live wirklich sehr gut präsentierte, denn ein Programming der Stücke setzt immer ein gutes Timing und ein punktgenaues Spiel der Musiker voraus. Hier fügten sich auch die “neuen“ Bandmitglieder nahtlos ins Gefüge ein, als würden sie schon ewig mit den Liedern vertraut sein und sie quasi mit der Muttermilch eingesogen haben… Als Resümee ihres Auftritts haben mich JANUS schließlich restlos begeistert und verleiten mich zu der Aussage, dass dies mit Sicherheit nicht das letzte Konzert von JANUS war, das ich besuchen werde… denn die aktuelle Tour „Winterreise“ steht ja bekanntlich vor der Tür.

Als vorletzter Act des Tages standen THE VISION BLEAK auf dem Programm – für die meisten Festival-Besucher wohl wieder eine Band, die nicht nach ihrem Geschmack gewesen sein dürfte. So war es vor der Bühne denn wohl auch weniger wegen der Band voll, denn wegen der Tatsache, sich für SCHANDMAUL einen guten Platz zu sichern, was durchaus schade ist, denn TVB hielten von der ersten Minute an das, was sie auf Platte schon versprechen. Damals restlos begeistert vom Debüt-Album „The deathship has a new captain“ war ich nun gespannt auf das neue Material des Albums „Carpathia“, was zum Zeitpunkt des Festivals gerade mal 6 Tage veröffentlicht war, und ich noch keine Zeit hatte, es mir zuzulegen. Mit regelrechter Begeisterung verfolgte ich dann auch die Show, die mir dort geboten wurde und muss sagen, dass ich mich kaum halten konnte. Songs wie „Wolfmoon“ und „Elizabeth Dane“ vom alten Album und „Carpathia“ sowie „Kutulu!“ vom aktuellen Longplayer konnten einfach nicht emotionslos an mir vorübergehen, und ich musste mich zwangsläufig zu der Musik bewegen. Auch hier war der Sound sehr zufrieden stellend und ließ in mir den Verdacht aufkommen, dass man sich im Verlauf des Festivals mit der Größe der Acts wohl mehr Mühe zu geben versuchte… Was die Show von THE VISION BLEAK angeht, so muss ich den Musikern doch den gleichen Respekt zollen wie JANUS. Auch hier wurde mit Samples und auf Programming-Basis gespielt (soweit ich das sehen konnte) und die Leistung war absolut souverän. Auch nicht ein Patzer schlich sich während des ganzen Konzertes ein und zeugt von einer guten Abstimmung zwischen den Hauptmusikern Schwadorf/ Konstanz und ihren Live-Musikern. So ging auch die anderthalbe Stunde unter der Regentschaft des neuen Deathship-Captains THE VISION BLEAK sehr erfolgreich und zur absoluten Zufriedenheit des Auditoriums zu Ende.

Kurze Zeit später war es dann der Headliner des Abends an der Reihe: SCHANDMAUL! In gewohnter Tradition legte die Mannschaft um Frontmann Thomas Lindner auch sofort los und hatte von Anfang an das Publikum im Griff. Egal was auch passiert und gespielt wurde, das Publikum folgte den SCHANDMÄULern wieder einmal überall hin. Gelungene lustige Festival-Einlagen, wie „Jetzt singen hier mal auf der rechten Seite alle Mädchen und danach die auf der anderen Seite!“ oder „Jetzt mal alle in die Knie – auch der junge Mann in dem blauen Hemd da vorne, eher geht’s nicht los!“ sorgten für eine gute Stimmung im Publikum und brachten SCHANDMAUL wie immer viel Applaus ein. Ganz klar, dass die ganze Palette an Liedern nicht fehlen durfte – von „Teufelsweib“ angefangen über „Das Tuch“ bis hin zu „Die letzte Tröte“ war einfach alles dabei, was ein SCHANDMAUL-Fan von einem Konzert seiner Lieblings-Band verlangt. Der ganze Pulk hüpfte, sprang und sang, was die Lungen hergaben und trieb die Band regelrecht an, sich zu verausgaben. Es erstaunt mich doch immer wieder, wie schnell sich Band und Publikum zu dieser Stimmung hochschaukeln, aber man muss einfach neidlos anerkennen, dass SCHANDMAUL dieses Konzept gnadenlos draufhat, und es vollends aufgeht. Dass bei SCHANDMAUL der Frauenanteil im Publikum ungewöhnlich hoch war, dürfte wohl kein Geheimnis mehr sein, aber dennoch verstand die Band es, nicht kitschig zu wirken, so dass auch der männliche Teil voll auf seine Kosten kam. Es wurde gerockt bis zum Abwinken, ohne zwischendrin auch die leisen Töne zu vergessen, die diese Bands in meinen Augen richtig interessant werden lassen. Alles in allem muss man sagen, dass dieser Auftritt wieder einmal ein Zeugnis für die tollen Fans von SCHANDMAUL sowie auch der Band selbst war. Nach drei Zugaben schließlich war auch für die Süddeutschen Zapfenstreich, und alsbald leerte sich das Festivalgelände vor der Bühne. Aber da wartete ja noch ein hochrangiger DJ auf diejenigen Leute, die noch immer nicht genug hatten. DJ ASP legte zum Tanz auf – zum Großteil jene Wünsche, die im Vorfeld auf der Internet-Seite des Zwischenwelten-Festivals abgegeben werden konnten. Eine Idee, die ich wirklich sehr gelungen fand, denn besser kann man auf das Publikum wirklich nicht eingehen. So klang der Abend mit den verschiedensten Klängen an Musik aus und zeigte noch einmal wie vielfältig sich dieses Festival an Musikrichtungen der „dunklen Szene“ zeigt.

FAZIT: Bis auf ein paar kleinere Mankos, wie die Sache mit dem Essens- und den Verkaufsständen (lässt sich für die Zukunft ja ausmerzen!), sowie dem einzig wirklichen Ärgernis, was die Tontechnik betraf, war das Zwischenwelten 4 ein sehr gelungenes Festival, das für jeden Musikgeschmack etwas bereithielt. Von den Acts wurden sehr gute Performances abgeliefert, so dass man für sein Geld wirklich etwas geboten bekam. Bleibt zu hoffen, dass der Besucherstrom die entstandenen Kosten gedeckt hat, damit wir uns im nächsten Jahr wieder auf ein Zwischenwelten-Festivalfreuen können. Ich bin auf jeden Fall wieder mit von der Partie!!!

Copyright Fotos: Torsten Hellge

Es ist noch kein Kommentar vorhanden.

Hinterlassen Sie einen Kommentar.

Mehr zu CHAMBER auf terrorverlag.com

Mehr zu CHAMBER – L´ORCHESTRE DE CHAMBRE NOIR auf terrorverlag.com

Mehr zu JANUS auf terrorverlag.com

Mehr zu NOCTE OBDUCTA auf terrorverlag.com

Mehr zu SCHANDMAUL auf terrorverlag.com

Mehr zu THE VISION BLEAK auf terrorverlag.com