Band Filter

AARNI - Bathos

VN:F [1.9.22_1171]
Artist AARNI
Title Bathos
Homepage AARNI
Label FIREBOX
Leserbewertung
VN:F [1.9.22_1171]
8.0/10 (2 Bewertungen)

AARNI und „Bathos“ sind nicht die neusten Helden aus einer altnordischen Version der Sesamstraße und sie wurden auch nicht nach lettischen Provinzstädtchen benannt. Vielmehr liegt hier das Debütalbum eines Mitarbeiters des finnischen Firebox Labels vor, der seine Industriekontakte schamlos ausnutzte, um Musik zu veröffentlichen, die ihn ohne Vitamin B wahrscheinlich schnurstracks in die Irrenanstalt geführt hätte. Es ist nämlich nicht mehr ´69, wisst Ihr.

Und da kann die von Markus Marjomaa, wie unser Protagonist nämlich im wirklichen leben heißt, zur Schau getragene Experimentierfreude, Wirrheit und sein vollständiger Nonkonformismus schon mal für scheele Blicke sorgen. So sieht Marjomaa AARNI als Quintett, bestehend aus ihm und den vier Abspaltungen seiner Seele gemäß der Jungschen Quaternitätslehre (für die korrekte Bezeichnung übernehmen wir keinerlei Gewähr), trägt eines der hier versammelten Stücke einen altgriechischen Titel und dudelt bei „Mental Fugue“ ein Keyboard derart falsch und nervtötend im Hintergrund, dass man es kaum mehr aushält. Wobei letztgenannter Lapsus auch daran liegen könnte, dass besagter Track anstelle eines ursprünglich geplanten 20-minütigen Überepos und in dringendster Zeitnot auf die Scheibe gebannt wurde. Man kann sich das sehr bildlich vorstellen, wie Markus stunden-, wochen-, monatelang auf der Couch hockt, das VHS-Tape mit den Woodstock-Aufnahmen weiter ausleiert und im entscheidenden Moment dann in argen Stress gerät. Trotzdem, und das ist sehr, sehr wichtig, handelt es sich keineswegs um das Produkt eines Spinners oder gar eines Amateurs. Man darf sogar davon ausgehen, dass über jede einzelne Note, jedes Wort, jedes Arrangement ausgiebig sinniert und meditiert wurde. Vielmehr ist „Bathos“ die Folge eines rastlosen, bunt denkenden Kopfes, der kaum jemals den Erwartungen des Hörers entgegenkommen mag. Auch wenn nun der Aufkleber „Doom“ vorne drauf pappt, überschneiden sich diese pathologisch umtriebigen Kompositionen lediglich phasenweise mit AARNIs frühen Inspirationen BLACK SABBATH oder PARADISE LOST. In „Squaring the Circle“ zum Beispiel, versucht Marjomaas Stimme, auf den Boden des Mariannengrabens vorzudringen, während die Instrumente beinahe unbeteiligt an der Oberfläche bleiben. „The Thunder, perfect Mindfuck“ tendiert ebenfalls ins Dunkle, lässt aber mit allzu bemühten Growls, dünnen Keyboards und einer Badezimmerproduktion viel zu wünschen übrig. Besser wird es immer dann, wenn Melodie und Methode Raum erhalten: „V.I.T.R.I.O.L“ kommt als barfüßiger, seklusiver Neo-Folk aus zerbrochenen Akkorden und warmem, beschwörenden Gesang daher, Quinotaurus (laut Markus ein Song „über die EU-Agenda“) als fließendes, flötendes Mysterium, „Kesäyö“ als pastorales Landschaftsgemälde. Selbst im ewiglangen, in Stein gemeißelten „Kivijumala“ wird man niemals zu tief nach unten gezogen. Die im Presseinfo vorgeschlagenen Versuche einer Stilbezeichnung sind zu albern, um sie an dieser Stelle widerzugeben. Uns fällt, ehrlich gesagt, keine auch nur um einen Deut bessere ein.

Gut, dass das gar keine Rolle spielt. Gut außerdem, dass es immer noch Labels gibt, die derart an ihre Künstler glauben, dass sie ihnen Alben wie „Bathos“ durchgehen lassen. Erstaunlicherweise haben die ersten Pressestimmen indes gezeigt, dass AARNI mit ihrem offenen Geist einen Nerv treffen und nun gar als Erneuerer gefeiert werden. Was vielleicht ein Zeichen dafür ist, dass ein verstärkter Wunsch nach Echtheit vorherrscht: Wenn schon der Sommer der Liebe, dann gefälligst auch richtig verrückt!

Es ist noch kein Kommentar vorhanden.

Hinterlassen Sie einen Kommentar.

Mehr zu AARNI