ALINA LIESKE - Winter im Mai

„Winter im Mai“ ist nicht unbedingt etwas, was man sich wünscht. Nun heißt jedoch die Platte von ALINA LIESKE eben so und deshalb beschäftige ich mich bei 23°C kurz vor 19 Uhr mit diesem musikalischen Kälteeinbruch einer Musikerin, über die es nicht wirklich viel im Netz zu finden gibt. Die Dame ist wohl identisch mit Alina Gause, die mit acht Jahren das Klavier für sich entdeckt und mit 14 neben KONSTANTIN WECKER, SPLIFF, UDO LINDENBERG und MERCEDES SOSA auf der Berliner Waldbühne gesungen hat. Eine Ausbildung in Tanz, Gesang und Schauspiel schloss sich an, deutlich später ein Psychologiestudium. Bücher wurden geschrieben, eine Künstlerberatung gegründet. Und jetzt unter dem Namen ALINA LIESKE ein Album gemacht.

Elf Songs sind es, die mit deutlicher Verzögerung erst jetzt veröffentlicht werden, weil eine schwere Erkrankung und Corona das Vorhaben konterkariert haben. Auffallend ist bei allen Liedern Alinas außergewöhnliche Stimme, die sich über vier Oktaven erstreckt. Stilistisch erwartet den geneigten Hörer, die geneigte Hörerin ein zeitloser, dezent-jazziger Sound mit Streichern und Bläsern. Die Texte berichten von den großen und kleinen Dingen des Alltags und natürlich der (unerfüllten) Liebe. So beteuert sie im beschwingten Opener „Mir geht es gut – Danke!“ ihr Wohlbefinden und seziert in „Bis dass der Tod…“ eine Ehe, in der die Liebe allgemeiner Langeweile gewichen ist. Gefühlvoll schließt sich derweil „Jedem nur nicht mir“ an und auch der finale Titeltrack „Winter im Mai“ wendet sich voller Melancholie mitsamt Piano und Streichern ans Herz der Zuhörerschaft.

ALINA LIESKE veröffentlicht „Winter im Mai“ jetzt auf Deutsch, im Herbst sollen eine englische Version folgen. Mit beidem wird die Künstlerin nicht den Mainstream-Geschmack treffen, aber zweifellos ist ihr mit diesem Projekt ein ganz besonderes Stück Musik gelungen, das in seiner kleinen, feinen Nische zurecht seine Liebhaber:innen finden wird.

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