
Artist | ANTLERED MAN |
Title | Giftes 1 and 2 |
Homepage | ANTLERED MAN |
Label | NOISOLUTION |
Leserbewertung |
Da ist sie also, die Debüt-Langrille von ANTLERED MAN. Sie hört auf den Namen „Giftes Part 1 and 2“ und ist eine Zusammenfassung von selbstveröffentlichten Singles und neuen Songs. Wer jetzt denkt, er habe es mit ein paar zusammengeschusterten Tracks zu tun, kennt ANTLERED MAN nicht und sollte dies schnellstens ändern, denn die vier Londoner Jungs sind mit soviel Herzblut und Musikalität bei der Sache, dass ihnen definitiv jede Aufmerksamkeit gebührt.
Im letzten Herbst hatte ich bereits das Vergnügen, den Vierer als Support von KELLERMENSCH live zu erleben und persönlich kennenzulernen. So wie die Bandmitglieder selbst strotzt auch der Longplayer vor Energie und startet mit dem psychedelisch angehauchten „Outrages 1 Ta 3“, um gleich mit dem verspielten „If You Can’t Beat Them, Try Solvents“ abwechslungsreich nachzulegen. Derweil lässt es „Platoono of Uno“ gewaltig krachen, bevor „Better The Calamity You Now“ den Hörer zunächst mit dezenten Gitarrenakkorden in Sicherheit wiegt, um schließlich wahre Soundgewitter loszulassen. Einer meiner Favoriten ist das tiefer gelegte „Surrounded By White Men“ mit dem Flüstergesang von Damo Ezekiel Holmes, das mit aller Kraft nach vorn prescht. Wenn er nicht gerade singt oder seinen vor ihm liegenden Sechssaiter bearbeitet, greift Damo übrigens auch schon mal zur Flöte. So geschehen bei „Buddhist Soup“, was dem lärmenden Song einen (in Teilen) lieblichen Anstrich verpasst. Ruhige, staubtrockene Klänge folgen mit „Schizo Tennis“ – zumindest zu Beginn, denn ANTLERED MAN wären nicht ANTLERED MAN, wenn sie nicht auch hier eine musikalische Überraschung in der Hinterhand hätten. Und so bekommt der Sound fast unmerklich Unterstützung von einer Violine, die dem Ganzen eine gewisse exotische Färbung verleiht. Mit der vermeintlichen Ruhe ist es dann mit „Mr. Runner-Up Teenage Bloomfield“ ganz schnell vorbei. Es wird geschwurbelt, gejault und geächzt, das es nur so eine Freude ist. Trotzdem bleibt die Nummer erstaunlich eingängig und bringt in Windeseile den Kopf zum Nicken. Genauso wenig kann man sich dem morbiden Charme von „Ballonss, Needles, Sunlight And Evil“ entziehen, das noch mal alle sperrigen Desert-Rock-Register zieht, ehe „Misruly Roo“ zum finalen Frickel-Rundumschlag ausholt.
Das Mainstream-Publikum werden Danny Fury (Gitarre), Damo Ezekiel Holmes (Vocals), Sam Ray (Bass) und Oliver Parker (Drums) mit „Giftes 1 And 2“ mit Sicherheit nicht erreichen. Dafür schlagen ihre Lieder viel zu viele Haken und bergen zu viele vertrackte Strukturen, die nun einmal nicht fürs Radio taugen, aber das Herz eines jeden Noise-Rockers höher schlagen lassen. Meines haben ANTLERED MAN im Sturm erobert und wenn sie mal wieder in der Nähe sind, gewähre ich gern wieder Unterschlupf.
ump
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Londoner Quartett, schon seit Ewigkeiten gemeinsam unterwegs. Plötzlich das große Umdenken, Stilbruch und neuer Bandname. Furiose Pressemeldungen, grandiose Liveshows und jetzt der erste Longplayer „Giftes 1 and 2“. Ja, ANTLERED MAN sorgen für Aufsehen – das wollen sie aber auch.
Die CD ist ein wuchtiger, energischer Stilgrenzensprenger, schlägt Haken wie Feldhasen und fordert Hörvermögen und Gehirn gleichermaßen. Bereits der Opener „Outrages 1 to 3“ sorgt mit vertrackter Gitarrenrockesoterik und mehrstimmigen Gesängen für eine orientalisch anmutende Psychose, eben dort spinnen die Briten mit „If you can‘t beat them, try solvents“ ihr Netz aus versponnenen, verworrenen Ideen weiter. Zupfende Gitarren im Kakophonie-Reigen zu drogenträchtigem Gesang sind ebenso präsent wie knallharte Riffs und angepisster Plärrgesang, die „Platoono of Uno“ zum FUTURE OF THE LEFT-Soundalike machen. Später orientiert man sich an verwinkeltem Slidegitarrenwahnsinn, wenn „Surrounded by White Men“ die NINE INCH NAILS ins Gehörgedächtnis ruft oder „Buddhist Soup“ mit seinen schnorrenden Banjogitarren MODEST MOUSE im Intro rezitiert, nur um letztendlich im heillosen Chaos zu versanden. Ja, Vielseitigkeit wird bei den ANTLERED MAN großgeschrieben. Extreme auch. So sägt „Mr. Runner-Up Teenage Bloomfield“ am Stuhl der Eingängigkeit, auf dem sich „Balloons, Needles, Sunlight and Evil“ mit spinnerten Lyrics und schmucken Gitarrenzupfen bereits niedergelassen hat.
Londoner Quartett, vielseitigstes Rockerlebnis und knallender Synapsen-Spaß. Hören!
Markus Soellner
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