
Artist | ASAF AVIDAN & THE MOJOS |
Title | The Reckoning |
Homepage | ASAF AVIDAN & THE MOJOS |
Label | TELMARVAR RECORDS |
Leserbewertung |
Die für mich größte Überraschung beim Hören von „The Reckoning”? Der Gesang von Bandleader ASAF AVIDAN, der mit seiner ungewöhnlich hohen Stimme wie die Reinkarnation von JANIS JOPLIN klingt. Das Ganze ist so erstaunlich, dass ich noch einen zweiten Blick auf die Infos der Promo-Agentur geworfen habe, ob denn Cellistin Hadas Kleinman wirklich nicht für die Vocals zuständig ist. Daheim in Israel hat es das Quintett ganz ohne Plattenfirma, massive Medienpräsenz und umtriebige Booker geschafft, auch große Hallen zu füllen. Inzwischen haben die Musik-Fachleute ihre Versäumnisse erkannt und das internationale Release von „The Reckoning“ steht vor der Tür.
Uns erwartet ein explosiver Mix aus Sixties-Songwriter-Folk, Blues und Indie-Rock, der mich ab der ersten Sekunde gefesselt hat. Mehr Intensität, Eigenwille, Unbeirrbarkeit und kreative Kraft sind kaum denkbar. Auch wenn ASAF AVIDAN & THE MOJOS Anleihen in der Vergangenheit machen, klingt „The Reckoning” nicht die Spur verstaubt oder retro. Los geht’s mit einem wundervollen Liebeslied namens „Maybe You Are“ und Asafs Akustikgitarre, ehe „Honeywoman“ die MOJOS ins Spiel bringt. Der Blues groovt wie der Teufel, schwer vorzustellen, dass bei der Nummer irgendein Fuß stillstehen könnte. „Her Lies“ lässt es derweil ruhiger angehen, während man die rauchige Stimme einer zweiten JANIS JOPLIN zu hören glaubt – wirklich unfassbar! Wir bleiben im Slow-Motion-Modus und wechseln mit „Weak“ ins Folkige, wo erneut Asafs akustischer Sechssaiter neben seinen Stimmbändern für Gänsehaut sorgt. Beim Titeltrack „Reckoning Song“ setzt sich dies mit emotionsgeladenen Indie-Gitarrenakkorden fort, bevor „Sweat & Tears“ andere Töne anschlägt. Das Stück unterscheidet sich stilistisch deutlich vom Rest, da die musikalischen Einflüsse sind noch vielfältiger sind, was sich entsprechend in der Umsetzung durch die einzelnen Instrumente niederschlägt. Ursprünglich als Akustik-Gitarren-Song mit Mundharmonika geschrieben, waren es auch die Instrumentalisten, die aus „Rubberband Girl“ eine treibende Rocknummer gemacht haben. Herrlich! Indianische Gesänge könnten die Vorlage für „A Phoenix Is Born“ gewesen sein, wohingegen bei „Over Your Blues“ und „Them Empty Handed Saturday Blues“ MUDDY WATERS oder JOHN LEE HOOKER Pate gestanden haben könnten. Im Anschluss besticht „Ghost Before The Wall“ mit minimalistischer Einfachheit, ehe das dynamische „Growing Tall“ knackig Gas gibt. „Little More Time“ gegreifen ASAF AVIDAN & THE MOJOS als einen kleinen Outtake, der eigentlich nur auf der Platte ist, um die Akteure daran zu erinnern, dass sie einfach nur ein Haufen Leute sind, die mit Leidenschaft auf ihre Instrumente eindreschen – was definitiv nicht das Schlechteste ist. Beim „Devil’s Dance“ übernimmt das Cello den lockenden Ruf des Teufels, der im Mittelalter die jungen Mädchen zu sündigen Handlungen verführt haben soll. Heutzutage braucht es dafür keinen Teufel mehr, schließlich gibt’s alles was man wissen muss im Privatfernsehen zu sehen. Schade, dass es dort solche feinen Songperlen leider viel zu selten zu hören gibt. In diese Liga gehört dann auch das finale „Of Scorpions & Bells“ mit seinem Schifferklavier und bittersüßen Melodien, die „The Reckoning“ neben einem beschwingten Hidden Track sanft ausklingen lassen.
Im November wurden ASAF AVIDAN & THE MOJOS in Berlin bei den MTV Europe Music Awards zum besten israelischen Act gekürt. Meine Stimme hätte der Fünfer auch auf breiter europäischer Ebene bekommen, weshalb ich mir auch auf gar keinen Fall die Tour entgehen lassen werde, die am 21. Januar in Berlin beginnt und die fünf Israelis einen Monat lang durch deutschsprachige Gefilde führen wird. Wenn das Quintett nur annähernd das live rüberbringen kann, was „The Reckoning“ verspricht, werden es grandiose Abende!
Hinterlassen Sie einen Kommentar.
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.