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ATRIUM CARCERI - Ptahil

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Artist ATRIUM CARCERI
Title Ptahil
Homepage ATRIUM CARCERI
Label COLD MEAT INDUSTRY
Leserbewertung
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9.0/10 (1 Bewertungen)

“Cell Block”, das ATRIUM CARCERI Debüt aus 2003, war für mich eines der stärksten Alben des Jahres. Der Nachfolger „Seishinbyouin“ übte dann höchstens noch für kurze Strecken die gleiche düstere Faszination aus, ohne jemals eine mehr als nur mittelmäßige Langzeitwirkung oder einen roten Faden zu entfalten. Bei „Kapnobatai“ hörte ich dann schon gar nicht mehr hin, zu beliebig und austauschbar schien das Konzept da geworden. Dass Simon Heath, der inzwischen die Barriere zwischen sich und seinem Publikum dank eines MySpace Accounts zumindest ansatzweise abgebaut hat, den Willen zu ständiger Veränderung und absoluter Individualität als sein entscheidendes Motto ansieht, hat er in Interviews immer wieder beteuert. Mit „Ptahil“ lässt er den Worten nun auch wieder musikalische Taten folgen.

Das vierte ATRIUM CARCERI Werk ist nämlich zu einem risikofreudigen, weit ausholenden und komplexen Stück atmosphärischer Klangkunst geraten, das trotz der offensichtlichen Nähe zu Industrial and Dark Ambient nie in die Versuchung kommt, auf allzu bewährte Klischees zurückzugreifen. Die Achse dieser fast einstündigen Konzept-Reise bilden zwei lange, mysteriöse Stücke die in verschiedenen Phasen einer endlosen Metamorphose inbegriffen sind: In „A Place to call home“ lässt Heath zunächst Sprengsel eines staubigen Geisterklaviers mit schemenhaften Harmonien und dunkel schwelenden Beats verschmelzen, ehe er den Track in Richtung Minimalelektronik steuert und feines Knarzen und Knistern über einer tiefen Bassdrum und schwebenden Flächen anordnet. „Static of the Kapnobatai“ beginnt offener, mit verhaltenen Drones und einer hypnotischen Melodie und endet dann doch in einer dringlichen, angespannten Collage. Nie verschwindet der rhythmische Puls ganz aus den nur aus wenigen Elementen zusammengesetzten Arrangements, ungewohnt oft wird er zum bestimmenden Faktor – wie beispielsweise in dem zischelnden „Reborn“, das mit seinen elektrischen Entladungen und unmenschlich tief brummenden Generatoren eine überraschende Nähe zu HAUS ARAFNA offenbart, wenngleich die subtilen Chöre eine eigene, eher gotische und weniger aggressive Stimmung erzeugen. Immer wieder gelingt der Spagat zwischen Anspruch und Unterhaltung: Sicherlich ist dies keine leichte Kost, doch sind hier selbst an den eher experimentellen Stellen grundsätzlich kleine Widerhaken angebracht, die einen sofort zum erneuten Hören einladen.

Nach inzwischen vier Studioalben wird dank dieser Scheibe auch klar, dass sich Simon Heath nicht um Erwartungen kümmert und auch kein Problem damit hat, wenn manche seiner Freunde zumindest zwischendurch mal abspringen – denn schon das nächste Werk kann dann schon wieder eine musikalische Offenbarung bringen. „Ptahil“ ist somit zwar eine deutliche Kurskorrektur gegenüber dem direkten Vorgänger, aber innerhalb des Gesamtschaffens lediglich der überzeugende und logische nächste Schritt eines unbequemen Künstlers.

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