
Artist | AVIV GEFFEN |
Title | s/t |
Homepage | AVIV GEFFEN |
Label | MARS RECORDS |
Leserbewertung |
In seiner Heimat Israel ist AVIV GEFFEN eine ganz große Nummer. Rein rechnerisch hat bei 2,5 Millionen verkauften Alben jeder zweite Haushalt in dem 7-Millionen-Land eine seiner Scheiben. In Europa ist der 36-jährige zwar noch ein Geheimtipp, zuhause verkauft der Neffe des früheren Verteidigungsministers Moshe Dajan aber mehr Platten als MADONNA, U2 oder COLDPLAY. Nach 14 veröffentlichen Longplayern in Israel, erscheint jetzt die erste englischsprachige Langrille, die AVIV GEFFEN auch hierzulande bekannt machen soll.
Auf dem selbstbetitelten Silberling sind sowohl neue Lieder als auch alte Tracks wie sein größter Hit „Cloudy Now“ vertreten. In dem dramatischen und sehr emotionalen Song hat Israels Popstar Nr. 1 bereits 1993 seine desillusionierte Jugend thematisiert. Aufgewachsen mit den permanenten Gefahren von Krieg und Terror im Nahen Osten, wurde AVIV GEFFEN nicht nur einer der ersten Wehrdienstverweigerer, sondern auch ein unbequemer Künstler und Friedensaktivist, der in seinem aktuellen Stück „Heroes“ die Mütter der Welt mit viel Gefühl auffordert, ihre Söhne nicht in den Krieg ziehen zu lassen. Aber auch die Liebe hat ihren Platz beim androgynen Beau, der mit „Berlin“ eine Lovestory in der deutschen Hauptstadt mit dezenter musikalischer Untermalung erzählt. Ähnlich gefühlvoll startet auch das Album mit dem Opener „Black & White“, bevor mit „It Was Meant To Be A Love Song“ der Sound flotter, elektrischer und deutlich tanzbarer wird. Mit eingängigen Melodien empfehlen sich die radiotauglichen Nummern „It’s Alright“ und „Now Or Never“, um schließlich mit „October“ eine violinengeschwängerte Pianoballade hinterherzuschicken. Währenddessen erinnert „The One“ eher an einen Gothrock-Kuschelsong skandinavischen Ursprungs, wohingegen beim finalen „Forest In My Heart“ erneut reduzierte Klavierakkorde in Slow Motion im Vordergrund stehen, die schlussendlich auf einen Himmel voller Geigen treffen.
Hier und da ist das von Trevor Horn (TINA TURNER, PAUL MCCARTNEY, SIMPLE MINDS, MIKE OLDFIELD, SEAL) produzierte Europa-Debüt des sanft-rauen Baritons für meinen Geschmack zu schmusig ausgefallen. Mich wundert außerdem, dass „To Cry For You“ es nicht auf die CD geschafft hat. Immerhin gilt das Lied inzwischen als Synonym für die Friedenskundgebung vom 04.11.1995 in Tel Aviv, welche Aviv musikalisch begleitete und in deren Verlauf der damalige Premierminister Yitzhak Rabin nur vier Meter von Geffen entfernt stehend durch einem fanatischen Landsmann ermordet wurde. In einem Land wie Israel handelt man sich mit Aussagen wie „Wir sollten Schminke tragen statt Uniformen!“ durchaus Morddrohungen ein, gleichzeitig avancierte AVIV GEFFEN (nicht nur damit) zum Jugendidol. Die musikalische Umsetzung lässt so viel Background nicht unbedingt vermuten, es ist jedoch allemal lohnenswert, sich mit dem Musiker, der gern stark geschminkt und in Frauenkleidern auftritt, näher zu beschäftigen. Übrigens könnte er dem ein oder anderen bereits mit dem Projekt BLACKFIELD untergekommen sein, das er 2004 gemeinsam mit PORCUPINE TREE-Fronter Steven Wilson aus der Taufe gehoben hat.
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