
Artist | DARKWOOD |
Title | Schicksalsfahrt |
Homepage | DARKWOOD |
Label | HEIDENVOLK |
Leserbewertung |
„Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein“ – auch wenn Henryk Vogels DARKWOOD-Projekt musikalisch nur wenig mit dem alten deutschen Liederbarden REINHARD MEY zu tun haben mag, lyrisch finden sich durchaus Bezugspunkte auf dem neuesten Werk namens „Schicksalsfahrt“. Der Nachfolger vom „dunklen Land“ (erschienen 2009) widmet sich der Fliegerei, genauer dem Freiheitsdrang zweier Ikonen der Luftfahrt, die jeweils auf ihre Art und Weise das Leben ihrer Leidenschaft unterordneten und letztendlich daran zerbrachen.
„Wir werden füreinander einzig sein in der Welt.“ (Antoine de Saint-Exupéry)
Dabei lesen sich die Biographien durchaus unterschiedlich: Der Franzose Antoine de Saint-Exupéry (1900-1944) sang das hohe Lied der Kameradschaft unter Männern und der Pflichterfüllung, kämpfte im 2ten Weltkrieg gegen die Deutschen wie auch gegen das unterstützende Kriegsregime in seiner Heimat und führte insgesamt ein mehr als abenteuerliches Leben. „Nebenbei“ machte er sich auch einen Namen als Autor, „Der kleine Prinz“ dürfte hierzulande sein bekanntestes Schaffen sein. Am 31.7.1944 begab er sich auf seinen letzten Flug, von dem er niemals wieder zurückkehrt und über den sich die unterschiedlichsten Legenden ranken. Von Selbstmord (er sollte als zu „alt“ für die Fliegerei danach ausgemustert werden) bis hin zum Abschuss durch die Deutschen (was sich 2006 dann auch bestätigte) ranken sich die Legenden.
„Fliegen ist notwendig. Leben nicht.“ (Melli Beese)
Melli Beese (1886-1925), die auch das Cover ziert, fand ein weniger heroisches Ende. Nach einem Flugunfall 1910 morphinsüchtig, wurde sie aufgrund ihrer Ehe mit einem Franzosen im ersten Weltkrieg interniert und fand danach nicht mehr ins Leben zurück. Verarmt und krank war sie nicht mehr in der Lage, ihren Traum zu leben und zerbrach letztendlich daran. Bereits ihr Einstieg in die Fliegerei war mehr als mühsam, zu Beginn des 20 Jahrhunderts war von Emanzipation noch sehr wenig zu spüren, und es dauerte lange, bis Melli die Chance bekam, in die Lüfte zu steigen. Bis dahin eine reine Männer-Domäne. So wurde sie die erste Deutsche mit einer Flugzeugführerlizenz, die bei diversen Wettbewerben ihre Klasse demonstrieren durfte.
Henryk Vogel verknüpft diese beiden kämpferischen Leben zu einer Ode über die Freiheit, die Standhaftigkeit und die Schönheit der Natur abseits des hektischen Erdentreibens. Das alles unterlegt von einer Art sehnsüchtigen Melancholie. Dieses Mal überwiegen die englischen Titel, die aus seiner Feder stammen, wohingegen er bei Heimatsprachlichen auf literarische Werke zurückgreift. Wie etwa bei der „Flughymne“ von Christian Ram oder dem „letzten Flug“, das die oben beschriebene Schicksalsfahrt von Exupéry direkt aufgreift. Musikalisch gehen DARKWOOD altbewährte Wege, anmutiger Neofolk, der im Vergleich zu den Anfängen kaum mehr martialisch wirkt. Akustische Gitarren, dezent eingesetztes Schlagwerk, Streichinstrumente und ein wenig Electronica – das reicht, um einen atmosphärischen Sound zu kreieren, in dem man sich jederzeit verlieren kann. Dazu Vogels markante Stimme, die hier und da von einer Dame gedoppelt wird. Innovation mag anders buchstabiert werden, aber die inszenatorische Klasse, gerade in diesem Genre, kann nicht hoch genug gelobt werden. Besonders erwähnt werden sollte hier noch der Song an Position 4: „Scattered Clouds“ besticht durch prägnant-düstere Percussion und einen gewissen Prog Rock Vibe, wenngleich man das hier nicht zu wörtlich nehmen darf. Es geht in diesem Falle eher um die erzeugte Stimmung.
Somit nach fast 4 Jahren wieder eine Bestätigung der musikalischen Sonderstellung von DARKWOOD, wer sich bis dato zu den Anhängern zählte, darf auch hier bedenkenlos zugreifen. Ein durchdachtes, sehr interessantes (und völlig unpolitisches) lyrisches Konzept kombiniert mit zeitlos elegantem Neofolk der eher filigranen Prägung. Dazu ein ausgesucht elegantes Artwork voller nachdenkenswerter Zitate. Hoffentlich demnächst auch häufiger auf (west-)deutschen Bühnen…
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