
Artist | DER EREMIT |
Title | Kali |
Homepage | DER EREMIT |
Label | THEXOOMO RECORDS |
Leserbewertung |
Die Eidgenossen von DER EREMIT, zur Zeit bestehend aus „der Gian“ (Stimme, Programming) und Dirk (Gitarre), haben mit ihrem aktuellen Album „Kali“ die provokante Texterei nicht gerade neu erfunden, aber ihre außergewöhnliche Linie beibehalten. 1995 gründete Gian sein Soloprojekt und er geht seitdem seinen eigenen musikalischen Weg mit der Maßgabe, ungewöhnliche elektronische Musik zu machen. Der Bandzuwachs ließ nicht lang auf sich warten und kam in Person von besagtem Dirk hinzu. Gemeinsam und mit wechselnder Verstärkung nahmen sie bisher 5 Scheiben auf, wobei auf der einen oder anderen Veröffentlichung auch schon mal klassische Instrumente wie zum Beispiel eine Geige zu vernehmen waren.
„Kali“ ist nun logischerweise der 6. Silberling, der wieder rein elektronisch ausgefallen ist und den Schwerpunkt auf kernige, harte Texte setzt. Die Feinheit der einzelnen Lieder erschloss sich mir erst nach mehrmaligem Hören, wobei zwar die Lyrik im Vordergrund steht, die aber leider doch ab und zu durch Geräusche übertönt bzw. gestört wird. Als ich mich schließlich zu den Inhalten vorgekämpft hatte, bemerkte ich, dass deren Qualität recht unterschiedlich ausfällt, wobei mir insbesondere der „Todeskuss“ positiv auffiel. Ich habe schon lange kein Lied mehr gehört, das so offen und unverblümt mit dem Thema „sexueller Missbrauch an Kindern“ umgeht. Ich finde es wichtig, solche Themen nicht zu tabuisieren oder zu verheimlichen, daher meine Vorliebe für diese Kompisition.
Desweiteren sich im Repertoire befindliche Tabuthemen bei den Schweizern sind beispielsweise Selbstmord („Schlusstrich“ – wie treffend), Drogenkonsum („Nadeljesus“ – auch hier kann man die Ironie deutlich herauslesen bzw. hören) und die ungerechte Gesellschaft im Allgemeinen. Soziologisch gesehen schaffen es die Musiker von DER EREMIT, unserer heutigen Gesellschaft und den dazugehörigen moralischen Widersprüchlichkeiten sehr ansprechend den Spiegel vorzuhalten. Mir stellt sich am Ende nur die Frage, ob die Hörer den tieferen Sinn der Texte wahrnehmen und sich ihre Gedanken dazu machen werden oder ob es doch auf der oberflächlichen, provokanten Ebene bleibt?! Denn ich musste mir doch wiederholt die einzelnen Stücke anhören, um an die Inhalte zukommen, die im Morast des Klangteppichs zum Teil untergegangen sind.
Wie man merkt, konnte ich mich nicht so mit der elektronischen Untermalung der Texte anfreunden, aber dies ist eben Geschmackssache, wer also auf aggressive, teilweise tanzbare elektronische Klänge und provokante Texte steht (in etwa vergleichbar mit DAS ICH), dem wird dieser Longplayer gefallen. Was die lyrischen Zeilen angeht, würde ich mich über jeden freuen, der diese nicht nur zum Abreagieren hört, sondern auch mal hinter die Fassade schaut.
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