
Artist | DIARY OF DREAMS |
Title | Nine in Numbers (DVD) |
Homepage | DIARY OF DREAMS |
Label | ACCESSION |
Leserbewertung |
Was gibt es Schöneres als die Aufzeichnung eines Konzertes, welches einem in ewiger Erinnerung bleiben wird? Ich kann mich noch sehr gut an den fantastischen Abend in der Magdeburger „Factory“ am 05.03.2005 erinnern, an dem DIARY OF DREAMS einen wundervollen Auftritt ihrer „Nigredo-Tour“ absolvierten, der von etlichen Kameras aufgezeichnet wurde. Gute eineinhalb Jahre wurde an diesen Aufnahmen gearbeitet, in mühevoller Arbeit zusammengestellt und perfektioniert, bis die DVD namens „Nine in Numbers“ nun endlich erscheint. In schlichter, edler Aufmachung, im Look eines zerschlissenen Lederbuches mit typischem Bandschriftzug und Logo kommt die aufklappbare DVD-Verpackung daher. Den Bildern der Bandmitglieder im Innenteil wurde durch den bräunlich wirkenden Sepia-Effekt ein Hauch von Vergangenheit verliehen. Der Titel verleitet zum Nachdenken und Grübeln, wie eigentlich bei jeder Veröffentlichung von DIARY OF DREAMS, denn Wortspielereien durchziehen alle Jahre der Bandgeschichte, und Erklärungen gibt es keine vom Mastermind Adrian Hates, der seinen Fans gerne offene Interpretationsmöglichkeiten lässt. Auf ein Booklet zum Gesamtkunstwerk hat man in diesem Fall, ganz im Sinne der Schlichtheit, auch verzichtet.
Die DVD bestehend aus dem Live-Konzert und 4 Extras startet mit dem Titel „Nine in Numbers“ und dem Untertitel „(or the secret value of memories)“ in Schwarz-Weiß-Optik, dazu ertönt das Rattern einer Filmrolle und weiße Fäden, die sich durch das Bild ziehen machen den Retro-Look perfekt. Ganz bewusst wurde diese Art von alten Effekten im Sinne der Ästhetik und Liebe zum Detail genutzt. Das Menü bietet drei Bereiche: „Live“, „Specials“ und „Play All“. Wählt man letzteren Punkt aus beginnt das Konzert mit Aufnahmen der Bühne und dem Intro „Kalt“. Dazu verändert sich das Bild im Takt eines Herzschlags und wird abwechselnd schwarz. Schemenhaft erkennt man die Bandmitglieder auf der Bühne und eine fantastische Lichtshow. Kurze Ausschnitte ebenfalls in schwarz-weiß aus dem Backstage-Bereich werden eingeblendet. Dann beginnt das dunkel-aggressive „Menschfeind“ von der gleichnamigen EP. In blaues Licht und Nebel gehüllt zeigt die Kamera Sänger Adrian Hates mit Gitarre im langen Mantel. Links von ihm ebenfalls an der „Axt“ mit auffälligem Iro steht Gaun:A, auch er entsprechend gekleidet. Die Kamera zeigt abwechselnd auch Schlagzeuger D.N.S. und Keyboarder/ Background-Sänger Torben Wendt (DIORAMA) von allen Seiten, so dass man interessante Einblicke erhält, die man im Vordergrund der Bühne niemals erfahren würde. Eines der besonderen Specials sind die Fragmente, die man entweder zwischen den einzelnen Songs oder auch separat betrachten kann. Diese zeigen beispielsweise den Gang der Band auf die Bühne, Teile der Busfahrt, Schneelandschaften, die Nigredo-Symbole oder einen Lauf durch den Wald mit irrer Kameraführung á la „Blairwitch-Projekt“. Dazu erklingt die Musik von älteren DIARY OF DREAMS-Stücken. Auf mich wirken die Fragmente, die größtenteils Gaun:A in Zusammenarbeit mit Guido Fricke (Audion-x) entwickelt hat, besonders intensiv, künstlerisch eindrucksvoll, ideenreich und ich kann nur empfehlen diese innerhalb des Live-Konzertes anzusehen. Der zweite Titel des Konzerts ist „Reign of Chaos“ vom bereits erwähnten „Nigredo“, bei dem Adrian das Publikum weiterhin mit seinem explosiven Gitarrenspiel und beeindruckender Mimik und Gestik verzaubert. Außerdem fasziniert mich die Gesamtansicht der Bühne mit einer gigantischen Lichtshow, die ich während des damaligen Konzertes nur halb so intensiv wahrgenommen hatte. Die Nigredo-Symbole im Hintergrund und die gebündelten Lichtstrahlen der Scheinwerfer bieten ein umwerfendes Schauspiel. Laute Jubelarien belohnen die Band im Anschluss, und die bekannten Klänge von „The Curse“ verleiten das Publikum sofort zum Mitklatschen. Nach Ablegen der Gitarre bewegt sich Adrian noch agiler auf der Bühne, tanzt und intoniert das Stück besonders ausdrucksstark. Bei der Textzeile „Can’t get you out of my head“ deutet er mit ausgestreckten Armen auf das Publikum und bekommt im Gegenzug ebenfalls hoch gestreckte Arme zu sehen. Zwischenzeitlich kann man immer wieder hohe Schreie von weiblichen Fans vernehmen. Hin und wieder unterstützt auch Gaun:A mit Flüster-Gesang, so beim folgenden „Giftraum“. Gänsehautfeeling entsteht beim ruhig beginnenden „Methusalem“, während Adrian wieder zur Gitarre greift. Torben begeistert an den Keys mit bestechend schöner Zweitstimme. Rhythmisches Klatschen folgt bei den ersten Takten zu „Chemicals“. Tanzend und singend feiert das Publikum die Band, was diese sichtlich anspornt. Hinten links bearbeitet ein beeindruckender D.N.S. mit nacktem Oberkörper schweißtreibend das Schlagzeug. Explosiv und energetisch überzeugt Adrian mit „Play God!“ und seine tiefen, ausdrucksstarke Stimme lässt das Publikum zuerst erstarren und dann dahinschmelzen. Ein perfekter Live-Song und es wird weiter gefeiert und getanzt zum alten Clubhit „Butterfly:Dance“. Torben umarmend singt Adrian zusammen mit ihm einige Zeilen des Songs. Den Refrain kennt einfach jeder und die Reaktionen aus dem Publikum sind überwältigend. Gaun:As Flüsterparts werden ebenfalls bejubelt und belohnt durch heftigen Beifall. Band und Publikum sind gleichermaßen begeistert und spielen perfekt zusammen. Bei „Soul Stripper“ entledigt sich Adrian auch seines Mantels, um mehr Bewegungsfreiheit zum Tanzen zu haben. Kurze Zeit später wird der Zopf zur offenen Mähne, was wie immer zu Kreisch-Attacken im Publikum führt. Voller Energie und Bewegung geht es mit „Psycho-Logic“ weiter und erst danach wird es wieder ruhiger und besinnlicher mit dem wundervollen „Traumtänzer“, welches erneut zu Begeisterungstürmen führt. Immer wieder bildet dieser Song den Höhepunkt des Abends und auch an diesem Abend führt das gemeinsame Singen des Refrains zu wohliger Gänsehaut und sanft hin und her schwingenden Armen im Auditorium. Als letzter Track wird mit „Amok“ in der Akustikversion etwas ganz besonderes geboten. Adrian singt zusammen mit Torben, während dieser ausdrucksstark das Piano bedient. Zwei Stimmen betören die Zuhörer in perfekter Harmonie, mit ganz viel Gefühl und einer wahnsinnigen Ausstrahlung. Ehrfürchtige Stille im Publikum, die sich erst nach Ende des Stücks in begeisterndem Geschrei wieder auflöst. Es kann kein schöneres Ende geben. Doch die DVD ist ja glücklicherweise noch nicht zu Ende.
Ein weiteres Special bietet die Photoshow des Shootings zum „Nigredo“-Album von der größten Vulkaninsel der Welt: Island. Traumhaft weite Landschaften, Himmel und Wolken, hin und wieder Adrian und Gaun:A und in Szene gebrachte schwarze Fahnen mit den mystischen Nigredo-Symbolen (Merlanor, Thalamea, Tzerjanok, Luresia, K’tharsia) inmitten von Schnee, Bergen, dem Meer oder Nebel. Dazu erklingt der stimmungsvolle Song „Cholymelan“ und schafft eine ganz besondere Atmosphäre. Man erhält einen wahnsinnig schönen und vielfältigen Eindruck von der Insel und muss der DIARY OF DREAMS Haus-Fotografin Silke Jochum Lob und Bewunderung für ihre Arbeit aussprechen. Das enthaltene „Making of“ des Fotoshootings kennen viele der Fans sicherlich schon von der Bandhomepage. Zu der „Classical Version“ von „Giftraum“ sieht man, wie die Fotos entstanden sind, wie die Fahnen am Strand in Position gebracht wurden, die Zusammenarbeit der kleinen Crew, Aufnahmen von Gletschern, Eis und bewegten Bilder aus dem Landrover, den Adrian selbst über unwegsame und durch beeindruckende Landschaften fuhr. Wir erleben viele spannende und für die Band fast intime Einblicke hinter die Kulissen, die es in der Form von DIARY OF DREAMS noch nie gab. Das „Interview“ gibt Auskünfte über die Entstehung der Band, die Besetzung, das Touren, einen Rückblick und die Ziele von DOD. Leider konnte D.N.S. nicht daran teilnehmen und so sieht man „nur“ Torben, Adrian und Gaun:A, die allesamt einen müden und kaputten Eindruck machen, was aber nach der anstrengenden USA-Tour und dem Amphi-Festival-Auftritt kein Wunder zu sein scheint. Anfangs wirkt das Interview etwas steif, was sich aber mit der Zeit und einem herzhaften Lachen der drei schnell legt. Es entstehen interessante und unterhaltsame Gespräche, die einem ganz neue Einblicke und Betrachtungsweisen eröffnen.
15 Monate lang hat die Band in bekannter Perfektion an der DVD gearbeitet und ein bezauberndes Werk geschaffen, welches mit hoher Qualität, Liebe zum Detail und Kreativität besticht. In über 200 Minuten Laufzeit erlebt man einen harmonischen Live-Auftritt vor einem tollen Publikum, mit einer ausgesuchten Setlist und Extras, die zeigen, welche Ausnahme-Formation DIARY OF DREAMS waren und sind. Schön, dass dieser Zauber für die Ewigkeit eingefangen wurde!
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