
Artist | DIORAMA |
Title | A Different Life |
Homepage | DIORAMA |
Label | ACCESSION RECORDS |
Leserbewertung |
Nach dem überzeugenden Vorboten in Form der Maxi-CD „Synthesize Me“ ist es jetzt endlich da: das 6. Album von DIORAMA namens „A different Life“. Und es hat sich viel getan bei der Reutlinger Dark-Wave/ Electro Formation um Torben Wendt, Felix Marc, Sash Fiddler und Marquess. DIORAMA klingen aktuell anders als auf dem Vorgänger „Amaroid“. Nach dem ersten Hören umschreiben es die Worte „experimentell“, „kühl“ und „wütend“ am besten. Die vielen (neuen) Facetten entwickeln sich langsam aber stetig, je öfter die Songs im Player rotieren. Wie gewohnt verbirgt sich auch hinter dem Artwork der CD ein Hinweis auf die Thematik des Albums. Anstelle von Elementen aus einem elektronischen Schaltplan werden Emotionen wie Vertrauen, Hoffnung, Wut, Trauer und Angst als Bauteile dargestellt, die sich durch Regler normen, entschlüsseln und anpassen lassen. Eine Fotoserie (Anmerkung: die komplette Fotoserie gibt es auf www.darkview.de ) im Booklet unterlegt die Theorie von der Symbiose aus Mensch und Maschine, indem Torben und Felix als Teile eines automatischen Kreislaufes dargestellt werden. Zwischen Metall und Technik wirken sie steril, künstlich, unterdrückt und verloren.
Der Opener „Screenface“ steigt direkt in das Konzept ein, ruhig beginnend, steigert er sich aber im weiteren Verlauf bedrohlich. Der Sound entwickelt sich laut und wütend, mit bewusst stupiden und unangenehmen Klängen, welche die Manipulation der Menschen durch die Technik aufwühlend verdeutlicht. Eher untypisch für DIORAMA auch die bis zur Unkenntlichkeit verzerrte Stimme. Doch schon beim zweiten Titel „Definition Power“ kehrt der Wiedererkennungswert zurück. Elektronisch tanzbar – Torbens unverkennbare Stimme, die gewisse Prise Melancholie und passend zum Text auch bedrohliche und fremde Klänge zeichnen den Song aus. Gewollt eintönig und hart ist „Why“ mit technoiden Beats, 80ies Synthie-Klängen und einem konträr zum Sound wunderbaren, melodischem Refrain ausgefallen. Sofort gezündet hat bei mir das nachfolgende „Burning Out“. Der Song wirkt einfach bombastisch und theatralisch, was hauptsächlich an Wendts Stimme liegt. Die sich wiederholenden Beats werden nur sparsam von Drums und Gitarre begleitet, die Zweitstimme, übernommen von Felix Marc, sowie gefühlvolle Pianoklänge verstärken den Ausdruck der Verzweiflung, die durch den Gesang rüberkommt. Nach dem bekannten Singleerfolg „Synthesize me“ folgt mit „Protected World“ eine Midtempo Nummer, die wieder gesellschaftskritisch, anklagend und kritisch ausfällt. Interessanterweise erscheint hier die gleiche Textzeile „Live and Die in Theory“, die auch auf dem Cover neben dem Schaltplan zu sehen ist. Für die Entstehung der Kompositionen reisten DIORAMA unter anderem an die holländische Nordseeküste, um sich inspirieren zu lassen. Ein Ergebnis ist das melancholische „10000 Meter Waves“, welches sich mit der aktuellen Thematik Klimawandel beschäftigt. Die Gesangspassagen klingen eindringlich und direkt und werden umrahmt vom fließenden elektronischen Sound und dezenter Instrumentierung. Der Höhepunkt der musikalischen Aggression wird mit „Sands“ erreicht, welches absolut experimentell ausgefallen ist und unangepasst, kantig und rebellisch wirkt. Industrialklänge von DIORAMA sind in der Form auch noch nie da gewesen. Treibend, schnell und tanzbar folgt mit „Exit the Grey“ ein zukünftiger Clubhit-Kandidat. „Kein Mord“ ist der einzige deutschsprachige Titel des Albums. Auf dessen Live-Präsentation bin ich besonders gespannt, denn die Melodie ist wunderbar eingängig, der Text rätselhaft und anspruchsvoll, ein echter Volltreffer! Zum Ende des Albums schließen sich eher ruhigere Songs an. Die „traurigen“ Balladen „No Tears“ und „Blessed“ enthalten schöne Piano-Passagen, die Hoffnungslosigkeit und Resignation in die Songs bringen. Der offizielle, letzte Titel „Colder“ ist in den österreichischen Alpen entstanden, in einem Moment der Ruhe und Vollkommenheit im Schnee, und drückt Zufriedenheit, Reinheit und Harmonie aus. Wie bei Filmmusik reihen sich schwebende Keys aneinander und vermitteln Dramaturgie und Schönheit. In den Vordergrund rückt Torbens samtige, wundervolle Stimme. Nach circa zwei Minuten Pause ertönt überraschenderweise ein Hidden Bonus, der gleichzeitig auch Titeltrack des Albums ist. Der vollwertige Song sorgt am Ende mit folgender Botschaft „…get out of here, this is a different life!” für weitere Verwirrung.
DIORAMA haben sich wieder weiterentwickelt und experimentiert, um ein facettenreiches, geradliniges und anspruchsvolles Werk zu entwickeln, das sich einem zwar nur langsam offenbart, dafür aber die beste Voraussetzung bildet, niemals langweilig zu werden!
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