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DIORAMA - Even The Devil Doesn’t Care

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Artist DIORAMA
Title Even The Devil Doesn’t Care
Homepage DIORAMA
Label ACCESSION
Leserbewertung
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4.8/10 (9 Bewertungen)

DIORAMA waren von je her ein Garant für atmosphärischen Electro-Darkwave mit hohem Tanzbarkeitsfaktor und hörens- und lesenswerten Texten. Das trifft auch auf „even the devil doesn’t care“ zu, das nach drei Jahren die Nachfolge von „cubed“ antritt: Clubtauglichkeit trifft Nachdenklichkeit, und das auf äußerst gelungene Weise.

Der Sound ist insgesamt etwas organischer geworden und setzt dieses Mal verstärkt auch auf Gitarrensoli und dominante Piano-Elemente. Ihre Kraft ziehen die Songs aber wie immer vor allem aus den ungewöhnlichen, ausgefeilten Melodien, die Torben Wendt mit scheinbarer Kühle und Distanz vorträgt, gleichzeitig aber mit Arrangements versieht, die perfekt die emotionale Energie freisetzen, die darunter schlummert. Das ist extrem clever gemacht und wirkt trotzdem nicht kalkuliert: „even the devil doesn’t care“ hat klar erkennbar gefährliche Untiefen, die trotz der unüberhörbar sorgfältig aufgebauten Synthesizerstrukturen ein chaotisches Element in sich tragen.

Natürlich kann man zur neuen DIORAMA tanzen, jedenfalls zu den meisten Songs. Vermutlich wird man auch gar nicht umhin kommen, zumindest beim Hören mit den Füßen zu wippen, und bei Titeln wie „The Scale“ ist der Beat so offensiv, dass er wenig Raum für anderes lässt, obwohl gerade dieser Song einen großartigen, kapitalismuskritischen Endzeit-Text mitbringt, der genaues Zuhören lohnt. Der hedonistische Soundtrack und die sarkastische Abrechnung mit Dekadenz und Konsumgesellschaft fügt sich gut zusammen und verstärkt sich gegenseitig: „Come out and celebrate“, singt Wendt zu den pulsierenden, treibenden Beats, und ruft zum gnadenlosen Amüsement auf in einer Welt, in der es zwar keine Liebe mehr gibt, aber genügend Einkaufsmöglichkeiten. Textlich eher poetisch und musikalisch eckig kommt „My Favourite Song“ daher: Die ruppigen Strophen, mit kantigen Rhythmen und Bläsersätzen akzentuiert, weichen nach einem spannenden Tempo- und Stimmungswechsel im Refrain einem opulenten Arrangement, das in seiner Dramatik beinahe den frühen Solowerken Scott Walkers nahe steht. Ähnliche Wege geht auch „Summit“, das zwar wesentlich gefälliger daherkommt und nicht nur extrem tanzbar ist, sondern sich sogar mit Mitsingen eignet, aber vor allem durch das ausdrucksvolle Klavier besticht. Bei „Hellogoodbye“ kombiniert Wendt harte Elektronik mit orientalischen Elementen, die in diesem Kontext erstaunlich wenig fremd wirken: Der Rhythmus verbindet, und die nüchternen Synthesizer sorgen dafür, dass die Ethno-Anleihen ohne jeden Kitschfaktor auskommen.

So vielseitig die Songs dieses Mal ausfallen, gemeinsam ist ihnen der Hang zum Schaurig-Schönen – wie beispielsweise in der Kombination von lupenreinen Popmelodien im Refrain von „Hope“ und den düsteren Akkorden und Arrangements in den Strophen. Verstärkt wird diese Wirkung durch das Artwork der CD, geschaffen von der Malerin Katharina Schellenberger aus Landsberg, deren Bilder trotz der überwiegend hellen Farben verstören und bewegen, vor allem aber Wendts Musik ideal ergänzen und vertiefen. Wobei: Diese atmosphärisch dichte Songauswahl wirkt auch allein für sich genommen, sowohl vordergründig zum Tanzkonsum, als auch hintergründig zum intensiven Studium von Text und Musik. Rundum gelungen.

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