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DISARMONIA MUNDI - Fragments of D-Generation

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Artist DISARMONIA MUNDI
Title Fragments of D-Generation
Homepage DISARMONIA MUNDI
Label SCARLET RECORDS
Leserbewertung
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8.0/10 (1 Bewertungen)

Man kann Metal zum einen als die Verneinung des bereits Etablierten, als Gegenthese zu Pop und Klassik also, verstehen. Als Anfang der 90’er der Wirbelwind des Death Metal aus den Morrisound Studios zuerst durch die Vereinigten Staaten und kurz darauf über den Atlantik durch die Ritzen der ehrwürdigen Gemäuer des alten Europas drang, ging es genauso sehr um die Definition einer neuen Mächtigkeit in der Musik wie um die Sprengung eingerosteter Strukturen und Hörgewohnheiten – oder, um der Sprache der Protagonisten verhaftet zu bleiben: Um den Mord an den alten, falschen Göttern.

Man kann Metal aber andererseits auch als die Fortführung des Bestehenden in eine höhere Zustandsform interpretieren. Denn wenn barocke Harmoniefolgen die Basis für ausufernde Gitarrensoli legen, sich Alben über zwei Stunden erstrecken und mit einer operngleichen Rollenaufteilung aufwarten oder auch die bereits von den BEATLES bekannten, traditionellen Songstrukturen Verwendung finden, dann kann man eine Erdung der harten Töne in ruhigem, friedlicherem Boden nicht leugnen. Bei all ihren äußerlichen Muskeldehnübungen sind Bands wie FEAR FACTORY und IN FLAMES deshalb eher Hüter der Flamme als Prediger einer neuen Religion und auch DISARMONIA MUNDI fallen in diese Kategorie. Man kann sogar mit gutem Recht behaupten, dass „Fragments“ auf elegante Weise die Lücke zwischen „Digimortal“ und „Archetype“ füllt und somit all denen willkommen sein wird, denen die aktuellen Bemühungen des Industrial-Flagschiffs ein wenig zu stringent-maschinell und kopflastig-brutal erschienen. Deswegen erlauben sich die Riffs der zu drei Vierteln italienischen Formation eine gewisse Menschlichkeit, das Schlagzeug einen angedeuteten Swing und schillern die fließenden und manchmal gar ins softerotische gleitenden Keyboardläufe in mehr Tönen als nur den Farben der Tricolore: Hier spielen keine Maschinen, sondern höchstens die Fließbandarbeiter. Dass die übrigen 25% neuerlich durch den schwedischen Sangesgott Bjorn Strid übernommen werden, hat der durchschlagenden Wirkung der Instrumentalleistungen sicherlich nicht geschadet, denn „Speed“ versteht es nicht nur furchterregend zu shouten, sondern auch zu gleichen Teilen glasklar wie kraftvoll zu singen und in den breit angelegten Refrains badet seine Stimme geradezu im perfekt arrangierten Harmoniegesang seiner Kollegen und in der beeindruckend realisierten Produktion: Dass die futuristisch lärmende und sich frontal vor dem Hörer aufbauende Klangkulisse des Albums im Heimstudio des Bandleaders Ettore Rigotti entstanden sein soll, mag man kaum glauben.

Mit „Common State of Inner Violence“, „Morgue of Centuries“ und vor allem dem sensationellen „A mirror behind“ sind DISARMONIA MUNDI zudem drei zeitlose und sich voll auf der Höhe der Zeit bewegende Songs gelungen, mit denen sie die Tore in eine große Zukunft ganz weit aufstoßen. Der Rest des Materials ist eher auf Abwechslung, denn auf Geschlossenheit angelegt und verzichtet, so scheint es, aus Angst sich zu wiederholen auf mehr derartig offensive Hymnen. Doch in den stärksten Momenten hat man das unabwendbare Gefühl, als habe man das Ziel endlich erreicht, als habe man hier die „Colours of a New Era“ vor Augen.

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