
Artist | ELIS |
Title | Dark Clouds in a perfect Sky |
Homepage | ELIS |
Label | NAPALM RECORDS |
Leserbewertung |
ELIS müssen gerade sehr glücklich sein. Der Erfolg ihres ersten Albums auf künstlerischer wie kommerzieller Ebene dürfte sie einen Schritt näher an ihr Ziel geführt haben, endlich von der Musik leben zu können. Zudem haben sie es geschafft, den sehnlichen Wunsch nach einer möglichst kurzen Pause zwischen „God’s Silence, Devil’s Temptation“ und dem aktuellen Output in die Tat umzusetzen. Ziemlich genau ein Jahr nach dem Vorgänger schieben sich nun jedoch dunkle Wolken über den doch so perfekten Himmel der Formation – muss man sich um die Band sorgen?
Nicht wirklich. Wenn ELIS Gut und Böse als zwei sich gegenseitig bedingende Elemente ansehen und, ganz als hätten sie den Einsteigerkurs in Buddhismus an der Volkshochschule besucht, aus negativen Erfahrungen positive Energie schöpfen, dann muss man das nicht als die Folge eines leidsamen Entstehungs-, sondern als Beweis eines läuternden Erkenntnisprozesses deuten. Sabine Duenser hat ja bereits mehrfach betont, sie sei keine pessimistische Person, verarbeite aber in ihren Texten bevorzugt die dunkleren Seiten ihrer Seele – und auch in der gemeinsamen Musik liegen Licht und Schatten zumeist nicht neben-, sondern übereinander. Vielleicht deutet der Titel also auf eine Art Selbstfindung, denn auch inhaltlich klingt die Band vollkommen mit sich im Reinen, unangestrengt und befreit. Lediglich die ersten, aus einem gesprochenen Intro bestehenden, Sekunden verstören: An diese Stimme muss man sich erst einmal gewöhnen. Das gilt auch für die gesungenen Strecken. Duenser findet in den deutschsprachigen Passagen die Mitte zwischen Schulmädchen, verträumtem Teenie und lockender Sirene. Doch all das dient nur der Kontrastierung: Man kann es kaum fassen, wie viel Kraft noch in diesem Organ steckt, wenn sie denn einmal richtig ausholt! Außerdem erstickt „Der letzte Tag“ jeden Zweifel ohnehin im Keim: eine Popperle im Gewand einer Gothic-Granate, süß, flirrend und unwiderstehlich. Härter und hibbeliger geht es dann auf „Lost Souls“ zur Sache: Staccato Riffs und progressiv vertrackte Strukturen paaren sich mit einem Duett aus Himmelsstimme und Höllengrollen. Die im Vorfeld angekündigte Vielfalt ist ebenso offensichtlich wie die verstärkte Beschäftigung mit klassischem Metal. Erst bei „Perfect Love“ und „Heart in Chains“ kickt der Bombast ein, zwei guten Stücken, für welche ELIS aber ihren eigenwilligen Sound kurzzeitig für einen genrekompatiblen eintauschen. Doch die starke zweite Hälfte des Albums wagt wieder mehr. „Devil inside you“ ist mit seinen DREAM THEATER-Anleihen der spannendste Track, wirkt trotz seines prismenhaft verschachtelten Aufbaus niemals wie ein Flickenteppich und kulminiert in einem rockigen Solo, das gerne noch ein paar Minuten länger hätte dauern dürfen. Das abschließende „Ballade“ schließlich verblüfft mit zischelndem Schlagzeug, gebrochenen Klavierakkorden und hauchfeinen Flächen. Melodisch, minimalistisch und dennoch markant bewegt sich die Band da schon beinahe auf triprockigem Terrain.
Der Mut, ein unberechenbares und dennoch eingängiges Album zu schreiben, wird hier voll belohnt. Mit ihrem ersten Video im Gepäck stehen nun auch die Türen zu Viva und MTV offen – der Mainstream kann von dieser Gruppe nur profitieren. Man muss „Dark Clouds in a perfect sky“ ja nicht gleich ein Meisterwerk nennen. Doch glücklich macht es einen auf jeden Fall.
Hinterlassen Sie einen Kommentar.
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.