
Artist | FAUN |
Title | Buch der Balladen |
Homepage | FAUN |
Label | SCREAMING BANSHEE |
Leserbewertung |
Die Spielleute der Gruppe FAUN präsentieren nunmehr ihr zweites Akustik-Album mit dem wohlklingenden Namen „Buch der Balladen“. Der Name trifft auch genau den Kern der Veröffentlichung. Es ist nicht nur eine Musik-CD, sondern eben ein vollständiges Buch. Und damit wird es gleichzeitig zu einer Augenweide und zu einem Geschenk, welches man sich selbst gönnt oder einem anderen lieben Menschen. Das Präsent wird in jedem Fall ankommen, selbst wenn der Beschenkte gar kein besonderer Musikliebhaber ist oder gar die FAUNe nicht kennt. Mit diesem Geschenk ist das Kennenlernen garantiert. Das Buch, welches in der Größe eines CD-Covers stolze 44 Seiten aufweist, ist in Brauntönen gehalten und reichlich mit Ornamenten verziert. Die Schriftarten sind dem mittelalterlichen Ambiente angepasst. Es ist mit einem Vorwort versehen, mittels welchem die Entstehungsgeschichte von FAUN erzählt wird und enthält neben den deutschen und englischen Texten auch die Noten, Gitarrenakkorde und Tabs für alle, die die enthaltenen Lieder selbst einmal spielen möchten. In Anekdoten werden Hintergrundinformationen zu den alten Balladen und ihrer Neu-Intonation von FAUN erzählt (auch dies zweisprachig). Geschmückt werden die Seiten mit zahlreichen Bildern von Drachen, Elfen und Symbolen, dazu die Fotos der Musiker, die dem Design angepasst und in entsprechenden Sepia-Tönen gehalten sind.
Das Intro der Silberscheibe ist ein Text von Rainer Maria Rilke, der von einer weiblichen Stimme (Sylvie Peipe) gesprochen wird. Danach folgt das „Sigurdlied“, eines von mehreren Stücken, die textlich auf eine Volksliedsammlung aus dem 14. Jahrhundert zurückgehen, wahrscheinlich aber viel älter sind. Diese Lieder stammen von den Färöer-Inseln im weit nördlichen Atlantik, wo sie noch heute gesungen werden. Die sanfte Melodie wird im Duett und tonangebend von einer keltischen Harfe geschaffen. Für den Song wurde allerdings nur eine Auswahl von einigen wenigen Strophen aus den insgesamt 238 gewählt. Aus diesen alten Geschichten, die der Nibelungengeschichte nicht unähnlich sind, wurden auch „Brynhildur tattur“ und „Brunhilds Lied“ auf die Scheibe gebannt. Letzteres allerdings nur auf der Limited Edition als Bonustrack. Wie viele Volkslieder auf Färöer werden bei „Brynhildur tattur“ die Strophen von einer Vorsängerin gesungen, während der Chor in den Refrain einstimmt. Unentwegt begleitet wird der Gesang von dem Rauschen des Meeres, das an die mehrere hundert Meter hohen Felswände der Inseln brandet. Das Lied „Herr Heinerich“ geht auf die schottische Ballade „King Henry“ zurück. Der wechselnde Gesang zwischen Sandra Elflein, Fiona Roggeberg und Oliver S. Tyr wird mit einem tanzbaren Rhythmus dargeboten, der über das sanfte Wiegen in den Hüften hinausgeht und von Geräuschen und Schreien begleitet wird. Erzählt wird die Werbung um eine Frau, bei der ein offenes Herz, ein Säcklein Gold und eine Menge Mut benötigt werden. Das schwedische Volkslied „Sen Polska“ ist ein Instrumentaltitel mit einer sehr beschwingten Melodie nach dem virtuosen Geigenvorspiel. Getragen wird das Stück von der Nyckelharpa, die mal mehr, mal weniger von Geige und Flöte begleitet wird. In einem nahezu monotonen Rhythmus wird der „Tanz über die Brücke“ in der FAUN-eigenen Fassung, die auf eine 1957 neugeschaffene Komposition zurückgeht, vorgetragen. „Nahtegal“ bringt dank des gekonnten Flötenspiels von Fiona Rüggeberg den Gesang einer Nachtigall in die Ohren der Hörer. Begleitet wird das melodische Instrumentalstück vom Schlagen der Trommel und anderen Geräuschen. Dominierend wird die Trommel dann zum choralen Gesang bei „Jahrtausendalt“, bei dem es nach nicht ganz drei Minuten zu einem Rhythmuswechsel kommt. Von da an wird ein bunter Tanzreigen auf einem Marktplatz aufgeführt, wie die Geräusche im Hintergrund suggerieren mögen. Anschließend wird in einem beschwingten Tanz die alte Geschichte vom „wilden Wassermann“ und der schönen, jungen Lilofee erzählt. Mit mehrstimmigem Gesang und relativ „großem Orchester“, bezogen auf die andere Lieder dieser Scheibe, wird der Hörer zum Tanzen animiert. Kaum jemand wird hierbei sitzen bleiben können, zumindest wird es schwer werden, alle Körperteile ruhig zu halten, während die Geschichte im Dialog zwischen der weiblichen und männlichen Stimme erzählt wird. Bei der ungemein modernen, leicht rockballadigen Melodie, die Oliver s. Tyr für die englischen Gedichte „Belle Dame Sans Merci“ des englischen Romantikers John Keats geschaffen hat, heißt es ausklingend dann nur: zurücklehnen, hören und träumen.
Alles in allem ist „Buch der Balladen“ ein Album für Genießer. Durch Buch und CD spricht es mehrere Sinne an, liefert ausreichend Hintergrundstoff, um sich näher mit den Themen der Kompositionen zu befassen. Die Texte erzählen wundervolle Geschichten und basieren in der Mehrzahl auf Original-Volksliedern oder Gedichten. Die Musik ist oft von FAUN teilweise neu komponiert oder zumindest adaptiert worden. Wer bis jetzt noch kein Weihnachtsgeschenk für seine Freunde wusste, der kann sich ab heute nicht mehr herausreden.
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