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GARY NUMAN - Splinter – Songs From A Broken Mind

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Artist GARY NUMAN
Title Splinter – Songs From A Broken Mind
Homepage GARY NUMAN
Label MACHINE MUSIC USA/ COOKING VINYL
Leserbewertung
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8.5/10 (2 Bewertungen)

Ich hätte es ja nicht für möglich gehalten, dass mir ein neues Album von GARY NUMAN tatsächlich noch einmal so richtig gut gefallen würde, so gut sogar, dass ich es in einem Atemzug mit den Veröffentlichungen aus seiner besten Zeit Ende der 70er/ Anfang der 80er Jahre nennen kann. Die Rede ist von „Splinter“, jenem Album, das jetzt ziemlich genau zum 35. Jahrestag von NUMANS Musikerkarriere erschienen ist. Vergessen ist die gitarrenlastige Musik der letzten Jahre, mit der der Herr zwar in der Nu Metal-Ecke neue Fans gewinnen konnte, die aber für manche Fans der ersten Stunde wie ein Schlag ins Gesicht war, weil das klar Strukturierte – also NUMANS frühes Markenzeichen – immer weiter in Vergessenheit geriet. Damit einher ging auch ein sich steigerndes Vergessen um die Bedeutung der Stimme für seine Songs, die zunehmend in den Hintergrund rückte und hinter den Gitarrenklängen zu verschwinden drohte.

Das alles ist jetzt Vergangenheit, denn jetzt gibt es „Splinter“, ein Album, das NUMAN gleich nach dem letzten Höhepunkt seiner kreativsten Phase – also um 1983/84 nach „Warriors“ und „Berserker“ – hätte abliefern müssen, um weiterhin angesagt zu sein, aber nicht abgeliefert hat. Stattdessen folgte Eintönigkeit und Beliebigkeit, für die Alben wie „The Fury“ oder „Machine and Soul“ stellvertretend sind, die kaum etwas Erinnerungsträchtiges zu bieten hatten, was wohl auch damit zu tun hatte, dass der Künstler sein eigener Produzent war, dem jegliche Distanz zu seinem Werk abhanden gekommen war. Zwar blitzte zwischendurch auch schon mal etwas von der verlorengegangenen Kreativität auf, etwa bei „New Thing From London Town“ oder beim SHARPE & NUMAN-Titel „Change Your Mind“, aber da war der NUMANsche Erfolgszug bereits abgefahren.

„Splinter“ kommt textlich so düster daher, wie man es von GARY NUMAN seit den ersten Tagen (damals noch als TUBEWAY ARMY) kennt, wobei die Unterzeile „Songs From a Broken Mind“ weniger speziell dieses Album betrifft, sondern eigentlich eher als Oberbegriff für die ganze Karriere steht, denn ein beschwingtes, fröhliches Lied hat es von dem Künstler bis heute nicht gegeben (selbst wenn manche Melodien auf dem 78er Debütalbum fast schon fröhlich klingen – die Texte waren bereits damals bitterböse). Der Gesang steht wieder klar und deutlich im Vordergrund, und (bis auf ein paar kleine Ausnahmen) ist die Musik wieder so klar und strikt strukturiert, wie man es von ihm kannte. Zwar sind die Gitarren nicht im Keller verschwunden, die haben schon immer eine wichtige Rolle gespielt, aber sie überlagern nicht mehr alles andere. Dafür rückt jetzt der Synthesizer wieder mehr in den Vordergrund. Herausgekommen ist dabei aber kein Album, das nach einem Aufguss alter Erfolge klingt, sondern etwas Frisches und Fesselndes, das an die alten Erfolge anknüpft und genau die richtigen Elemente herauspickt, die früher einmal ein gutes NUMAN-Album ausgemacht haben.

Gleich beim Opener „I Am Dust“ geht es temporeich los, ein Song, der das Zeug zum Hit hat – oder besser gesagt: hätte, wenn da nicht das leidige Formatradio mit seinem Einheitsbrei wäre, der neue „Hits“ nur erlaubt, wenn sie belanglos genug sind, um nicht aufzufallen. „Everything Comes to This“ könnte ebenso gut ein Fund aus den Aufnahmesessions zum Album „Replicas“ sein, so zeitlos gut und eingängig ist dieser Song, Ähnliches gilt für „Who Are You“ und „Love Hurt Bleed“. Und bei „Lost“ beweist NUMAN bei spartanischer Instrumentierung, wie wichtig seine Stimme für seine Kompositionen ist. Dass NUMAN einen Blick zurück in die gute alte Zeit geworfen hat (und selbst wenn’s nur unbewusst war), kann er nicht leugnen, denn in „Lost“ zitiert er textlich und melodisch sogar aus einem alten „Berserker“-Titel.

Herausgekommen ist ein abwechslungsreiches Album, das Appetit auf mehr dieser Art macht und dem durchaus prophezeien kann, dass es das Zeug zum Klassiker hat. Diese Rückbesinnung auf alte Zeiten kann nicht so verkehrt gewesen sein, immerhin hat „Splinter “ NUMAN nach genau 30 Jahren in die Top 20 der britischen Albencharts zurückkehren lassen. Erfreulich am Rande ist, dass sich der Herr für „Splinter“ zum ersten Mal seit „Berserker“ wieder ein wirklich originelles Image zugelegt hat, das ihn wie den Chef eines paranormalen Wanderzirkus mitten aus der „Twilight Zone“ wirken lässt, den es aus dem Jahr 1890 in unsere Zeit verschlagen hat. Eine wohltuende Abwechslung von den ziemlich gleich aussehenden Rockerposen, in denen er sich in den letzten Jahren präsentiert hat. Wirklich eine wohltuende Abwechslung – so wie das ganze Album.

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