
Artist | GASHER G.14 |
Title | Narrkose |
Homepage | GASHER G.14 |
Label | POWERSTRANGE & NOISE |
Leserbewertung |
Hier hat jemand die Kapp auf. Da wir dem Wahnsinn täglich in den Nachrichten und im Kino begegnen, hat die fröhliche, gutgelaunte Seite des Narren deutlich gelitten. Durchgedrehte Killer mit einem Hang zur Necromanie sind sie („Anatomie“!) oder verkannte, treuselige Genies („A beautiful mind“! „Rainman“!), entweder gefährlich-grausam oder ein wenig spinnert. Doch GASHER G.14s Bäckchen leuchten und das süßliche Lächeln auf seinen Lippen legt einem nahe, dass der Titel seiner Platte nicht notgedrungen eine Anspielung auf Krankenhaus und Spritzen, sondern möglicherweise auf eine saftige Aprikose darstellt.
Beisst man in diese hinein, öffnet sich einem eine streckenweise bizarre Welt, die mit dem, was normalerweise im Radio läuft, nur noch wenig gemein hat – Nischenmusik in einer nischenlosen Welt. Neodepressive Umkehrgotik nennt der Urheber das selbst, wir meinen: „Narrkose“ setzt da an, wo Beck sich mit „Odelay“ nicht weiter traute und hört irgendwo im DaDa-Delirium auf. „Ich bin größer als mein Bild, rahmenlos und instabil/ der Bach ist ruhig und gestillt, tiefe Wasser sind das Ziel“ heißt es in „Geschenkt“, doch hinter der scheinbar willkürlichen Oberfläche verbirgt sich eine mysteriöse, wortlose Bedeutung. Die Musik ebenjenes Songs ist eine wahrscheinlich unintendierte Hommage an PINK FLOYD. Flöten säuseln, die Wandergitarre wärmt einem die Hände wie ein prasselndes Lagerfeuer und ein tief orgelnder Bass schiebt sich wie ein Kissen unter den Po. Hip Hop wollte GASHER einst machen, doch von den Rapexperimenten des Frühwerks „Oktober“, welches nun schamesrot im Safe verborgen liegt, ist nur noch der knarzende Elektro von „Unterleben“ geblieben, welches einem ANTHONY ROTHER zu Ehren gereichen würde. Auch in „Jenseits der Illusionen“ klopft entfernt die Bass Drum, ansonsten regieren Pianofiguren aus dem Casio.Keyboard, Folklore-Geigen und großartig arrangierter, dichter Harmoniegesang. Gerade letzterer ist das wesentliche Merkmal dieser Scheibe und man muss sich an den dünnen Sound ersteinmal gewöhnen, ehe man die paranoide Eleganz und anrührende Kraft der Stimme erkennt.
„Die Wumme“ wäre im RAMMSTEIN-Gewand ein sicherer Metal-Hit und die Hotel-California Anleihen von „Zufrieden“ dürfen beim nächsten Candlelight Dinner nicht fehlen. Überhaupt ist „Narrkose“ eine fast schon sentimentale Platte geworden, mit einem liebevoll gestalteten Booklet, schöner und schlauer als bei den „echten Plattenfirmen“. GASHER G.14 hat dem Wahnsinn ein menschliches Gesicht gegeben. Öffnet Eure Herzen und lasst ihn herein.
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