
Artist | GAVIAL |
Title | Vor |
Homepage | GAVIAL |
Label | EXILE ON MAINSTREAM |
Leserbewertung |
Die Geschichte von GAVIAL beginnt vor fast 15 Jahren als Projekt in Anlehnung an einen NIRVANA-Song und aus einem Wortspiel als ‚Two Red Boys‘. Drei Alben als TOURETTE BOYS, Kollaborationen, eine Split-EP mit den Berlinern von GAFFA GHANDI folgen ebenso wie unzählige Gigs und Touren. Die Basis ist eine enge Freundschaft zwischen den Musikern, obwohl sie in verschiedenen Städten leben. Die weitläufigen und unberührten Landschaften zwischen Berlin und Dresden mögen ihren Anteil an der Inspiration für den Sound haben, dessen psychedelische Entrücktheit sich immer wieder in modernem Blues erdet und mehr an den Desert Rock erinnert, den wir aus den Weiten Arizonas kennen als an die urbane Hektik der Großstadt. Inzwischen ist das Trio zum Quartett angewachsen und da war es wohl an der Zeit für einen Cut, auch weil der Bandname TOURETTE BOYS im Jahr 2023 nicht mehr politisch korrekt ist und so wurde GAVIAL aus der Taufe gehoben!
Ihrem Sound sind die Herrschaften allerdings (glücklicherweise) treu geblieben. So gefällt der Opener „Circles, Part 1“ als reduzierte Akustiknummer, die in ähnlicher Form auch von CALEXICO und somit aus der bereits erwähnten Wüste Arizonas stammen könnte. Dann beißt sich allerdings ziemlich schnell „Modern Times“ mit einem gefangennehmenden Basslauf in den Gehörgängen fest. Diesen Bass gibt es auch im nachfolgenden Blues-Monster „Collector“ auf die Ohren, bevor „Bridges“ zu minimalistischen Klängen zurückkehrt. Im Mittelpunkt steht hier zunächst die Stimme von Benjamin Butter, der neben Paul Willy Stoyan bei GAVIAL Gitarre spielt. Der Track wird von einem Heartbeat-Rhythmus getragen, der sich zum Ende hin eruptiv entlädt. „Circles, Part 2“ nimmt den musikalischen Faden von Part 1 auf, präsentiert sich an dieser Stelle jedoch fordernder, ehe das psychedelisch angehauchte „Wheels“ mit einem pumpenden Bass und flirrenden Sechssaitern ins Hirn mäandert. Das instrumentale, zehnminütige „Passing“ ist der perfekte Soundtrack für die einsame Fahrt auf einem staubigen Highway, vorbei an verlassenen Geisterstädten – oder wahlweise über rumpelige Landstraßen irgendwo im bundesdeutschen Nirgendwo am Arsch der Heide. Bleibt noch „Famethrower“, das für einen knackigen Ausklang der beeindruckenden Platte sorgt.
GAVIAL kreieren flirrende Soundlandschaften, die dunkel und melancholisch, dann wieder hoffnungsvoll von gleißendem Licht und der wohligen, aber trotzdem Unheil verheißenden Hitze der Wüste erfüllt sind. „Vor“ beschert seiner Hörerschaft einen großartigen Klangteppich, der aus Blues, Ambient, Soul, Gospel und Country gewebt ist und schlicht mitreißend ist. Eine Empfehlung an Fans von SCREAMING TREES, FLYING EYES, der BLACK CROWES oder auch GIANT SAND. Neben Benjamin Butter und Paul Willy Stoyan gehören noch Paul Kollascheck (Bass) und Conrad Brod (Schlagzeug) zu GAVIAL. Übrigens scheint die Entscheidung, den Bandnamen zu ändern, relativ kurzfristig gefallen zu sein. Zumindest auf meinem Exemplar von „Vor“ ist der Name TOURETTE BOYS mit einem GAVIAL-Aufkleber überdeckt worden. Die Namensänderung war aber zweifellos richtig und zeitgemäß. Aufgenommen wurde des Weiteren im eigenen Proberaum und der Mix entstand in Zusammenarbeit von Benjamin und Bernard Camilleri, mit dem die Band seit 2016 aufnahmetechnisch eng zusammenarbeitet. Das Mastering fand dann in Camilleris Xekillton Studio auf Malta statt. Das Artwork stammt aus der Serie „Flowers of Terrible“ des in Berlin lebenden Künstlers Hamid Yaraghchi – ein Gesamtpaket, das sich sehen und vor allem hören lassen kann!
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