
Artist | GUNS N’ ROSES |
Title | Chinese Democracy |
Homepage | GUNS N’ ROSES |
Label | GEFFEN RECORDS |
Leserbewertung |
Weltrekord! Satte 17 Jahre nach dem letzten Album erscheint nun endlich der schon zum Running-Gag verkommene Nachfolger „Chinese Democracy“! Manche Bands brauchen vielleicht noch länger, aber die Gunners waren im Gegensatz zu denen nie aufgelöst. Nun denn. Ägsl hat im Laufe der Jahre mit einer illustren Musikerschar tatsächlich 14 Songs aufgenommen, macht satte 71 Minuten. An denen sich alle selbsternannten Geister scheiden werden. Die Gunners ohne Slash sind nicht die Gunners, fertig. Das mag vielleicht irgendwann noch mal passieren, doch bis dahin ´müssen´ wir mit den „neuen“ G n´ R vorlieb nehmen.
Und die tönen von Beginn an enorm modern und haben mit den Musikhistorischen Großtaten der Vergangenheit nicht sehr viel gemeinsam auf den ersten Hör. Außer Axls gewohntem Gesang und Genöle erkennt man nicht viel Altbekanntes. Und auch er singt ab und an eher „modern-schreiiger“, verschließt sich also nicht gänzlich neuen Strömungen. Das ist auch gut so! Der Titeltrack-Opener kommt sehr modern-krachig daher und dürfte alte Fans zumindest nach dem ellenlangen ruhigen Intro beruhigen. Rockt und bleibt nach mehrmaligem Hören im Ohr hängen. Das Industrial-Riffing in dem glatt NINE INCH NAILS-artigen „Shackler’s Revenge“ wird Hardlinern allerdings sauer aufstoßen! Kracht aber im weiteren Verlauf gut und im geilen Chorus blitzt die alte Songwriter-Klasse des Meisters auf. Also mir gefällt das Dingen, taugt zu nem Radio-Hit und sollte auch Fans ansprechen, die die Band damals noch gar nicht miterleben konnten. „Better“ beginnt auch mit modernsten Sounds, entpuppt sich dann aber als krachiger melodic-Ohrwurm erster Güte, der glatt neben den alten Gassenhauern bestehen kann! Na ja, er geht zumindest – ebenso wie das ganze Album – nicht vollends unter, wie man befürchten konnte. Erstaunlicherweise schafft es Herr Rose mit seinen wechselnden Mitstreitern einen ziemlich guten Spagat zwischen eigener Historie und Moderne zu kreieren. Dabei spielt natürlich auch das feine Piano eine große Rolle, nachzuhören in der tollen Ballade „Street of Dreams“… dieses Stimm-Timbre ist und bleibt einfach unverkennbar! Man muss auch sagen, dass die beteiligten Musiker einen starken Auftritt hinlegen, allen voran die Gitarristen, die etliche starke Soli raushauen. „If the World“ plätschert dann etwas belanglos dahin, das wird aber gleich wieder von dem wunderbaren „There was a Time“ ausgebügelt, classic Gunners. Das krachige „Scraped“ weckt auf, gefolgt von dem schnellen „Riad ’n the Bedouins“, bevor es in „Sorry“ wieder gefühlsbetont wird – ganz großer Refrain erneut! Nach hinten raus geht dem guten Axl zwar etwas die Luft aus und die letzten 4 Tracks sind größtenteils ruhig gehalten, aber man muss unterm Strich erfreulicherweise den Hut ziehen vor dieser überraschend starken Scheibe!
Alte Fans werden sich anfangs vielleicht etwas schwer tun mit „Chinese Democracy“, aber hört euch die Scheibe mehrfach an und ihr werdet sehr viele alte Gunners-Elemente entdecken. Ob das Album gegen die Klassiker der Bandhistorie bestehen kann, wird die Zeit zeigen. Es ist zumindest ein enorm starker Versuch, ohne dabei altbacken zu klingen! Ich find’s geil!
MOSES
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GUNS N‘ ROSES und ich, dass ist ohne Frage eine persönliche Sache… Schließlich hat mich diese Band so 1990/1991 zum Rock ’N’ Roll, Metal und generell in die alternative Musik geführt. Lange Jahre hat es gedauert, bis erstes neues Songmaterial im Internet auftauchte und sich die neue Band um Axl Rose bei den MTV Awards 2002 vorstellte. Und auch, wenn der Auftritt noch nicht das Gelbe vom Ei war, konnte man schon dort erkennen, welch grandiose Musiker sich Mr. Rose mit u.a. Buckethead und Robin Finck (NINE INCH NAILS) da geangelt hatte, und dass man von den neuen Tracks einiges erwarten durfte. Weitere 6 Jahre sind vergangen, Buckethead ist raus und der nicht weniger starke Ron „Bumblefoot“ Thal ist drin und die Gerüchte, ob es ein Doppelalbum wird oder welche Gitarrenspuren nun zu hören sein werden und welche nicht etc. pp. verstummten nicht. Plötzlich ist „Chinese Democracy“ da und ich muss an dieser Stelle vorausschicken, dass ich das Album aus 2erlei Blickwinkeln betrachte.
Grundsätzlich gesehen ist dieses Album stark… verdammt stark! Schon der Titeltrack rockt so ziemlich alles, der Sound drückt ohne Ende und Axls Stimme ist on top! Es würde mich nicht wundern, wäre dieser Track aus Ideen der Songwriting-Ansätze nach „Use you lllusion“ enstanden. Auch das kantig-groovige „Better“ und die starke Ballade „Street of Dreams“ passen gut ins Bild einer möglichen Entwicklung nach dem erwähnten Doppel-Album, besonders als Nachfolger von „Use your Illusion II“. Auch der gefühlvolle Rocker „There was a Time“ und das epische „Madagascar“ dürften deutlich machen, dass Axl trotz allen Größenwahns nicht das Talent für großartige Songs verloren hat. Aber GUNS N’ ROSES 2008 (bzw. ab 1995) haben auch ein anderes Gesicht: So passt der Industrial-Rocker „Shackler’s Revenge“ trotz aller Klasse überhaupt nicht ins Bild der Gunners, ob alte oder neue Formation. Bei „Scraped“ übertreibt es Axl mit seinen neuen Einflüssen und den stimmlichen Experimenten einfach. So krass seine Stimme von Natur aus auch ist, man muss es einfach nicht zu extrem werden lasssen. „Sorry“ und „This I love“ gehen plötzlich in die poppige Soul-Richtung und auch das abschließende „Prostitute“ ist nicht mehr als Pop/ Rock von der Stange in etwas pompöserer Aufmachung.
Musikalisch ist „Chinese Democracy“ ein wahres Meisterwerk! Es ist einfach unglaublich, was die Herren Buckethead, Ron „Bumblefoot“ Thal und insbesondere der meisterhafte Robin Finck hier präsentieren. Auch Chris Pitman erzeugt mit seinen Synth-Türmen eindrucksvolle Sounds und Effekte. Und Mr. Rose hat alle Beiträge drauf gelassen. Ob nun der KFC-Maskenmann, der ausgeflogenen Drummer Brain oder der ehem. Schlagwerker Josh Freese (ex-NINE INCH NAILS), selbst der zweifelhafte Paul Tobias bekommt seine Credits. Auch die Produktion ist mehr als stark ausgefallen. Ob das alles nun unbedingt 15 Jahre dauern und 15 Millionen Dollar hat kosten müssen, steht natürlich auf nem anderen Blatt. Nun kommt natürlich die entscheidende Frage, ob GUNS N’ ROSES mit „Chinese Democracy“ denn nun noch GUNS N’ ROSES sind. Und diese Frage ist eindeutig mit „Nein“ zu beantworten! Keine Frage, niemand hat eine Rückkehr zum dreckigen Rock der „Appetite for Destruction“ erwartet und Songs wie z.B. das Titelstück oder auch „Better“, „There was a Time“ und „Street of Dreams“ hätten zusammen mit Duff, Izzy und Slash ohne Frage potenzielle Gunners-Meisterwerke werden können. Die neuen Einflüsse, die sicherlich nicht nur Axl, sondern auch z.b. Robin Finck und Paul Tobias zuzuschreiben sind, stehen allerdings absolut nicht für den Namen GNR. Und auch wenn die neue Formation um Axl die alten Songs live tight und druckvoll ohne Ende rockt (siehe Livereview aus Nijmegen 2006), werden es nie wieder die „echten“ GUNS N’ROSES sein.
Sollte man auf klassischen Rock ’N’ Roll stehen, ist man sicherlich bei VELVET REVOLVER (mit den ex-Gunners Slash, Duff und Matt) an der richtigen Stelle. Doch auch Axl hätte ein neues Kapitel aufschlagen, die neuen und starken Songs von „Chinese Democracy“ nehmen und ein neues Projekt gründen sollen. Das hätte vielleicht nicht ganz soviel Publicity gebracht, wäre aber um einiges ehrlicher und glaubwürdiger gewesen!
Fafnir
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