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HIS DIVINE GRACE - Le Grand Secret

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Artist HIS DIVINE GRACE
Title Le Grand Secret
Homepage HIS DIVINE GRACE
Label REUE UM REUE
Leserbewertung
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Am 29. Oktober ergab sich für einen kleinen erlesenen Kreis von Musikliebhabern im niederländischen Amersfoort eine seltene Gelegenheit: Das Mondkind Erik war leibhaftig, wenn auch zur Unkenntlichkeit verhüllt, mit seiner Tonkunst auf der Bühne zu bewundern. Leider war ich nicht da – und viele Leser wahrscheinlich auch nicht. Dennoch – oder gerade deswegen – war diese verpatzte Chance für mich ein Grund (mehr), diese phantastische und herausragende Scheibe noch einmal aus dem Schrank zu holen und an dieser Stelle – besser spät als nie – vorzustellen. Wie oft wurde schon geschrieben, dass Ambientmusik immer Stimmungssache ist? Zu oft, und doch trifft dieser Ausspruch auf HIS DIVINE GRACEs „Le Grand Secret“ in vollstem Umfange zu. Gemeint ist natürlich immer die Frage nach der Intensität der übermittelten Gefühle in der Musik selber – und nicht etwa das Gefühlsleben des Hörers. Dieses gilt es durch die Musik zu transformieren. HIS DIVINE GRACE gelingt dieser schwierige Akt eigentlich immer, ob auf Platte oder live, zu Lande, zu Wasser und in der Luft!

Das ist sogar dann der Fall, wenn sich Erik mit einer so nebulösen Thematik wie auf „Le Grand Secret“ beschäftigt. Die CD ist in drei konzeptionelle Teile fragmentiert: These („Sekens Murdock“), Antithese („Leontin Voigt Abilgaard“) und Synthese („Synthese et Syncretisme“). Sekens Murdock soll von 1967 bis 1999 gelebt haben und beim Lesen eines Buches, welches ihm in die Geheimnisse einer großen Verschwörung einweisen sollte, von Millionen von Wörtern durchbohrt und getötet worden sein. Dies erfährt der Leser aus der Lektüre der (übrigens fein und dezent aufgemachten) Plattenhülle genauso wie die Geschichte vom mysteriösen Selbstmord des Leontin Voigt Abilgaard, nachdem dieser die Aufzeichnungen Murdocks gelesen hat. Fiktion? Sicherlich. Oder zumindest mit großer Wahrscheinlichkeit. Und hier liegt dann auch die Crux und der Witz: Beide Protagonisten kamen, der eine metaphorisch, der andere handgreiflich, durch die Macht der Worte ums Leben. Genau diese Worte sind es aber, die die Existenz dieser tragischen Helden verneinen. Es gibt sie nicht, die Worte, die von ihnen zu berichten wissen, das findet der Interessierte schnell heraus – natürlich durch Suchmaschinen. Eben diese kennen aber auch ganz andere, leibhaftige Personen nicht, die uns so vertraut sind. Die eben nur scheinbar existente Allwissenheit und -macht des Mediums world wide web wird ebenso vorgeführt wie der als Wissensdurst getarnte Voyeurismus des modernen, multimedialen und virtuellen Menschen, der schon lange selbst Medium und Objekt geworden ist. Aber wenn Wörter die Existenz eines Menschens weder zu beweisen noch zu negieren in der Lage sind, welchen Wert haben sie dann?

Ob das „Le Grand Secret“ ist? Ich weiß es nicht. Was ich weiß, ist, dass HIS DIVINE GRACE mal wieder ein grandioses post-industrielles Drone-Ambientwerk gelungen ist – und das mir Besucher des eingangs erwähnten Konzerts versicherten, dass es das Mondkind Erik vermutlich wirklich gibt. Na dann…

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