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IAN ANDERSON - Homo Erraticus

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Artist IAN ANDERSON
Title Homo Erraticus
Label K SCOPE/ EDEL
Leserbewertung
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9.4/10 (7 Bewertungen)

Gerade wurde ich mit dem neuesten Album von IAN ANDERSON etwa 30 bis 40 Jahre akustisch zurückgebeamt und an solche Titel wie „Locomotive Breath“ oder „Thick As A Brick“ erinnert. Die dominierende Querflöte und auch die außergewöhnliche Stimme des Frontmanns von JETHRO TULL haben nichts von ihrem Charme verloren. Ebenfalls eine große Rolle spielt die elektronische Orgel in fast allen Titeln. Ihre Begleitung, wie sie von sehr vielen Bands in den 60er und 70er Jahren eingesetzt wurde (z. B. DEEP PURPLE), trägt nicht unwesentlich zu der Stimmung bei, in die der Hörer bei diesen Liedern versetzt wird. Dennoch würde ich das Genre dieser Scheibe nicht unumwunden als Rock bezeichnen, wie es damals vielleicht noch der Fall war. Die Musikstile haben sich viel zu sehr diversifiziert, als dass man nicht auch eine kleinere Schublade finden würde. Schließlich hat der typisch britische Gesang, dessen Akzent man deutlich heraushören kann, etwas von Folk und Medieval. Auch die beiden Instrumente Querflöte (von Anbeginn das Markenzeichen IAN ANDERSONs) und Akkordeon sind mittlerweile in der musikalischen Mittelalter- und Folkszene generell etabliert. Die Ähnlichkeit mit „Thick As A Brick“ kommt nicht von ungefähr, denn sowohl das 1972 erschienene Album wie auch das jetzt veröffentlichte sind beides Konzeptwerke, deren Texte auf Gedichte von Gerald Bostock zurückgehen, ein uraltes Pseudonym von IAN ANDERSON. Anders als damals hat der fiktive Bostock sich dieses Mal um die Auswahl der Texte des bereits 1928 verstorbenen britischen Historikers Parritt bemüht und versucht, Ereignisse der britischen Geschichte musikalisch umzusetzen.

Mit dem Opener „Doggerland“ wird sofort an die alten Zeiten des „Locomotive Breath“ angeknüpft. Das Spinett unterstützt den teilweise sanften Gesang, bevor der Refrain seinen kräftigen Takt präsentiert, dessen Text schnell mitgesungen werden kann. Eher folkloristisch schließt „Heavy Metals“ an und erinnert an ein Kinderlied. Düster und bedrohlich dann „Enter the Uninvited“, das musikalische Monster weckt bedrohliche Assoziationen. „Puer Ferox Adventus“ beginnt mit einem krachenden Gewitter. Doch schon bald wird der erzählende Gesang von der elektronischen Orgel und den Gitarren begleitet. Glockenklang und Chorgesang erinnern an die bekannte Volksweise bei „Meliora Sequamur“, die auch von anderen Musikern und Musikerinnen (z. B. LOREENA MCKENNITT“) dargeboten wurde. Stampfender Rock, nicht nur von den Bässen und Gitarren, sondern vordringlich mit dem Akkordeon intoniert, wird mit „The Turnpike Inn“ präsentiert. Das Akkordeon ist auch bei „The Engineer“ dafür verantwortlich, an ein Seemannslied zu denken, wohingegen die „Tripudium Ad Bellum“ mit der treibenden Flöte und den Rasseln einem James-Bond-Film entstammen könnte – würde prima auf eine Verfolgungsjagd passen. Eher in ein Märchen stimmt das sanfte „After These Wars“ ein und erzählt von dem Drangsal nach der Schlacht. Einer Ballade gleich beginnt die singende Gitarre den Gesang abzulösen. „Per Errationes Ad Astra“ wird erzählt und bringt außer Geräuschen aus der „Galaxie“ kaum tanzbares mit. Es scheint das klanglich viel Gefahr mitbringende „Cold Dead Reckoning“ anzustimmen, das mit einem kräftigen Takt stampfend marschiert.

IAN ANDERSON und JETHRO TULL, wie man sie seit Bestehen kennt. Rock mit folkloristischer Note, britischem Akzent, umherflirrender Querflöte und stets begleitender Hammond-Orgel. Ein Ohrenschmaus für den, der sich darauf einlässt.

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