
Artist | JINGO DE LUNCH |
Title | Live in Kreuzberg |
Homepage | JINGO DE LUNCH |
Label | NOISOLUTION |
Leserbewertung |
Anno 1987 war’s, da gründete sich in Berlin-Kreuzberg eine Band, die Geschichte schreiben sollte. Nicht dass Yvonne Ducksworth und ihren Mannen der große kommerzielle Durchbruch vergönnt gewesen wäre, aber JINGO DE LUNCH sind einfach eine Institution, die gleich mit ihrem Debüt „Perpetuum Mobile“ (in nur sieben Tagen eingespielt) für Furore sorgte. Für Punk zu viel Metal, für Hardcore zu viel Punk und für Hardcore wieder zu viel Metal. Ein Mix, der lange vor dem Begriff Crossover nur schwer einzuordnen war, aber für absolut energiegeladene Live-Gigs sorgte. 1996 war damit Schluss, doch es begab sich, dass die Truppe 2006 wieder zusammenfand. Ursprünglich nur für eine Party und zwei Konzerte geplant, gab’s 2007 mit „The Independent Years“ eine Kompilation ihrer alten Songs und im letzten Jahr neues Studiomaterial, welches auf den Namen „Land of The Free-ks“ hört.
Keine Frage, dass da auch eine Tour nicht fehlen durfte, in deren Verlauf JINGO DE LUNCH am 25.11.2010 im Kreuzberger Lido Station machten. Die Band nutzte die Gelegenheit für die erste Live-Platte, die jetzt zu einer druckvollen Reise durch die JINGO-DE-LUNCH-Geschichte einlädt. Wie es sich gehört, natürlich ohne Schummeleien, als zufällige Momentaufnahme, ohne Overdubs, ganz einfach hart, dreckig, rough – JINGO DE LUNCH eben. Angefangen beim scheppernden „Land of The Doom“ vom letzten Studio-Output, dem stante pede der temporeiche Titeltrack „Land of The Free-ks“ eben dieser Langrille folgte. Gitarrendominiert geht’s mit „Cursed Earth“ in die Vollen, ehe der Klassiker „Jingo“ um Aufmerksamkeit bittet. Mit „Lies“ hauten die Herrschaften um die Power-Frontfrau Ducksworth wenig später mit einem weiteren Track des Erstlings raus und preschten mit aller Vehemenz weiter nach vorn. Halsbrecherische Riffs suchen sich ihren Weg – ein Umstand, der sich auch in den neuen Stücken wie „Spineless in Gaza“ oder „Mass/Acre“ wiederfindet. „Dogs Day“ ist 1994 auf „Deja Voodoo“ erschienen und bietet zumindest kurzfristig eine Gelegenheit zum Durchatmen und auch das grandiose „The Job“ lässt es eine Spur ruhiger angehen. Mit einem „Das ist für ihnen“ kündigt die smarte Yvonne, in die wohl nahezu eine ganze Generation Männer mit Vorliebe für härtere Klänge mal verknallt war, „Miss Demeanor“ an, das zu einer Soundorgie zwischen Gitarrist Gary Schmalzl und Miss Duckworth gerät, bevor „Did You Ever“ vom 1989er „Axe To Grind“ wieder den direkten Weg in die Gehörgänge sucht. „Peace of Mind“ hat nach 24 Jahren nichts vom ursprünglichen Drive verloren, der sich in ähnlicher Weise bei „Street Cred Heart“ wiederfindet. Auch „Metherfor“ bringt genau die richtige räudige Attitüde mit, die glücklicherweise den Sprung von der Live-Stage in die Konserve geschafft hat. Und so darf „Trouble“ noch mal kräftig auf die Tube drücken, während Yvonne ihren dreckigen Gesang hören lässt und zu guter Letzt das scheppernde „Jinxed“ noch einmal an die alten Zeiten erinnert.
Viele Leute betrachten Live-CDs mit gemischten Gefühlen. Geht mit ganz ähnlich. Einige sind absolut überflüssig, andere grandios. „Live in Kreuzberg“ bringt auf jeden Fall ein wenig Konzertflair ins heimische Wohnzimmer, wo vermutlich der eine oder andere Fan an JINGO-DE-LUNCH-Gigs Ende der Achtziger denkt und an Besuche in der ehemaligen Insel-Stadt Berlin, die damals noch ein bisschen was von einem Abenteuer hatten. Dazu passte die Mucke damals wie heute ganz hervorragend und zumindest die Band macht nicht den Eindruck, als wäre sie auch nur einen Deut ruhiger geworden.
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