
Artist | LISSIE |
Title | Carving Canyons |
Homepage | LISSIE |
Label | LIONBOY RECORDS |
Leserbewertung |
Die aus dem Mittleren Westen stammende Künstlerin LISSIE ist ein wahres Multitalent, das unlängst sein neues Americana-angehauchtes Indie-Folk-Album „Carving Canyons” veröffentlicht hat. LISSIE spielte in den Fernsehserien „Twin Peaks“ und „Loudermilk“ mit. Sie ist Miteigentümerin eines Popmusik-Genre-Popcorn-Unternehmens (Otts Pops Indie Pop), hat ihr eigenes Label Lionbay Records und lebt im Nordosten von Iowa, wo sie vier Hektar Land bewirtschaftet. „Carving Canyons“ entstand während der Pandemie und dient auch der Trauerbewältigung einer folgenschweren Trennung. Die sonnendurchfluteten zwölf Tracks wirken wie ein musikalischer Trost. Sie offenbaren die Wellen des Schmerzes, die durch Liebeskummer und Einsamkeit ausgelöst werden sowie die Seele, die inmitten dieses Schmerzes verharrt.
Einen ersten Vorgeschmack gab es bereits mit der Vorabsingle „Flowers“, die weitläufig und offen klingt und vom Prozess der Trauer handelt. Oder wie LISSIE sagt: „Die schönsten Blüten kommen buchstäblich aus der Scheiße, es ist ein Dünger.“ Derweil erzählt „Sad“ mit intensiven Melodien von der Wut über das Ende der Beziehung, während das optimistische „Chasing The Sun“ von den frühen Sonnenuntergängen in Iowas Winter inspiriert wurde und dazu ermuntert, den Blick auf den Horizont zu richten und Hoffnung für die Zukunft zu haben. Weiter geht es mit dem nachdenklichen „Lonesome Wine“ und LISSIEs sehr persönlichen Feststellung, dass sie über Jahre Probleme mit einer Flasche Wein zu lösen versucht hat, diese jedoch dort nicht zu finden war. Das nachfolgende „Night Moves“ erinnert an den üppigen Nocturnal Pop von FLEETWOOD MAC und selbst LISSIEs Gesang zeigt an dieser Stelle erstaunliche Ähnlichkeiten mit den Vocals von STEVIE NICKS. Der Titeltrack „Carving Canyons“ kehrt in ruhigere Gefilde zurück und widmet sich den topografischen Texturen, die sich aus den Erfahrungen eines Lebens ergeben. „I Hate This“ ist ein weiterer sehr gefühlsbetonter Moment auf dem Weg der Trauerbearbeitung, musikalisch vielleicht sogar der schönste. Doch auch das sanft stampfende „Unlock The Chains“ wird von starken Emotionen getragen, die in großartige Musik umgesetzt wurden. So zeigt sich „Hearts On Fire“ von seiner beschwingten Seite, wohingegen „Yellow Roses“ und „Unravel“ mit sehr reduzierten Mitteln zu Herzen gehen, was vom finalen „Midnight“ mit sanftem Gebläse und filigranem Klavierspiel möglicherweise auf die Spitze getrieben wird.
Ein Großteil der Songs entstand in Nashville in Zusammenarbeit mit vorwiegend weiblichen Songwriterinnen. Gemeinsam haben sie ihren Schmerz in Sinn und Schönheit verwandelt, ehe es ab Ende 2020 an die Studioarbeit mit dem Produzenten und häufigen Kollaborateur Curt Schneider ging. Das war der Startschuss für einen einjährigen Aufnahmeprozess, weshalb die Platte auch die Wandlung der Trauer und die daraus folgenden Veränderungen thematisiert und begleitet. Es geht LISSIE auf ihrem fünften Album „Carving Canyons“ darum, nach innen zu schauen, während man sich mit der Ungewissheit der Zukunft auseinandersetzt. Für die bald 40-jährige bedeutet der Longplayer auch, Hoffnung in persönlichen und weltlichen Widrigkeiten zu finden und die endlosen Möglichkeiten zu erkennen, die noch kommen werden. Für den Zuhörer und die Zuhörerin sind es mindestens ein Dutzend wunderschöne Lieder und darüber hinaus vielleicht auch Anker in ähnlichen Situationen.
Hinterlassen Sie einen Kommentar.
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.