
Artist | LONG DISTANCE CALLING |
Title | s/t |
Homepage | LONG DISTANCE CALLING |
Label | SUPERBALL |
Leserbewertung |
Als David Jordan (Gitarre), Janosch Rathmer (Drums), Florian Füntmann (Gitarre), Jan Hoffmann (Bass) und Reimut van Bonn an den Samples vor fünf Jahren LONG DISTANCE CALLING ins Leben gerufen haben, hätten sie wahrscheinlich nicht gedacht, dass sie mit ihrem instrumentalen Post-Rock mal „Platte der Woche“ im Focus werden würden. Genauso ist es mit ihrem selbstbetitelten dritten Longplayer jedoch gekommen und das ganz zu Recht! Eigentlich war LONG DISTANCE CALLING mal ein Spaß-Projekt von ein paar Leuten, die inzwischen in Münster, Dortmund und Berlin zuhause sind. Daraus ist mit der Zeit jedoch eine absolut ernst zunehmende Größe in Sachen Gitarrenmucke geworden und entsprechend können die Deutschen auf eine breite Fanbase bauen, die sich aus verschiedenen musikalischen Lagern rekrutiert, auch wenn böse Zungen behaupten, mit Gesang könnten LDC gleich doppelt so viele Anhänger zählen.
Dass ihr vielschichtiger, straighter Gitarrensound allerdings gar keine Vocals benötigt, beweist der Fünfer mit seinem jüngsten Baby einmal mehr. Gleich der Opener „Into The Black Wide Open“ überzeugt mit perfekten Arrangements, die komplex, aber nicht zu vertrackt sind und über achteinhalb Minuten zur vollen Blüte gelangen. LONG DISTANCE CALLING sind ganz eindeutig Langstreckenläufer, unter fünf Minuten geht bei den Jungs gar nichts. Die Songs bekommen Zeit, sich zu entwickeln und so wird auch aus „The Figrin D’an Boogie“ ohne Hast und Eile ein mächtiges Gitarrenmonster. Dem schließt sich umgehend das druckvolle „Invisible Giants“ an – schwer vorstellbar, dass zu diesem Zeitpunkt noch Füße stillstehen oder Köpfe nicht im Takt mitnicken. „Timebends“ startet mit puckernden Heartbeats eher verhalten, was jedoch nicht zulasten der Intensität geht. Vielmehr laufen sich die Herrschaften bei dieser Nummer erneut erst ordentlich warm, um dann das volle Brett abzuliefern, das in diesem Fall allerdings tatsächlich einmal etwas frickeliger und ruhiger ausgefallen ist. Davon ist bei „Arecibo“ nichts mehr zu spüren. Hier schlagen LONG DISTANCE CALLING härtere Töne an, die von der Rhythmusfraktion eine solide Basis erhalten. Für „Middleville“ hat der Fünfer einen Gastsänger verpflichtet – eine schöne Tradition, die bereits bei den beiden Vorgängern gepflegt wurde. War auf dem 2007er Debüt „Satellite Bay“ Peter Dolving von THE HAUNTED bei einem Track mit von der Partie und konnte zwei Jahre später bei den Arbeiten zu „Avoid The Light“ der KATATONIA-Sänger Jonas Renske am Mikro begrüßt werden, fiel die Wahl dieses Mal auf Ex-ANTHRAX- und ARMONED-SAINT-Member John Bush, der sofort zugesagt hat. Das Zusammenspiel der Instrumente und des Gesangs ist dabei absolut ohne jeden Fehl und Tadel! Der LONG DISTANCE CALLING-Sound funktioniert halt mit und ohne stimmliche Unterstützung ganz hervorragend, wobei man sagen muss, dass der knackige Track zweifellos zu den Höhepunkten der Langrille gehört. Fehlt nur noch der 11:40-minütige Abschluss namens „Beyond The Void“, mit dem LDC ein weiteres Mal ihr gesamtes Können unter Beweis stellen. Dem Song wohnt die gesamte künstlerische Bandbreite des Band-Universums inne, sozusagen eine komprimierte musikalische Essenz auf der Zielgeraden, die manifestiert, was der Fünfer zu bieten hat.
Der dritte Streich ist im Vergleich zu den beiden ebenfalls sehr gelungenen Vorgängern kompakter und rockiger ausgefallen. Darunter hat glücklicherweise jedoch nicht das diffizile Songwriting gelitten. LONG DISTANCE CALLING rocken was das Zeug hält, tun dies aber keineswegs platt oder auf ausgefahrenen Wegen, sondern mit hypnotischen und atmosphärischen Sounds, die über eine ganz eigene Handschrift verfügen. Verständlich, dass LONG DISTANCE CALLING deshalb weniger von Post-Rock sprechen, wenn es um ihre Musik geht, sondern die eigene Mucke lieber unter dem weit gefassten Label „instrumentaler Rock“ genannt wissen wollen. Wie auch immer: Mit ihrem jüngsten Baby sind LONG DISTANCE CALLING definitiv in der ersten Liga angekommen und dürften mit ihrer Musik in der Tat genreübergreifend jede Menge Liebhaber finden.
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