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MASTODON - Crack the Skye

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Artist MASTODON
Title Crack the Skye
Homepage MASTODON
Label WARNER
Leserbewertung
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8.2/10 (6 Bewertungen)

Schwere Zeiten für harte Metaller: Gefühlt täglich erscheinen derzeit absolute Ausnahme-Releases. Wenn ich nur an die Scheiben denke, die ich selbst rezensieren durfte: DISBELIEF, RAZOR OF OCCAM, die neue KREATOR. Lauter Sahnestückchen, und das in so verschiedenen Bereichen. Letztgenannte mit einem späten Thrash Klassiker, DISBELIEF, die zu alter Stärke zurück finden, RAZOR OF OCCAM, die einen zumindest für mich nicht erwarteten Paukenschlag in die Schneise von Black und Death Metal klöppeln. Und jetzt MASTODON mit einem Prog Meilenstein!

Immer schon hatten die Liebhaber avantgardistischer, (sehr) harter Rockmusik diese Band für Größeres auf dem Zettel. Bereits beim ersten Album „Remissions“ hatte man aufhorchen dürfen, schon zu diesem Zeitpunkt war das außergewöhnliche technische Potenzial der Formation zu erkennen, insbesondere Schlagzeuger Brann Dailor verblüffte mit schier unglaublichem Spiel. Zudem gab es mit dem „March of the Fire Ants“ einen ersten kleinen Hit zu goutieren. Auch der Respekt der legendären Labelmates NEUROSIS war sicherlich hilfreich, mit denen MASTODON auch gelegentlich duettierten, so beispielsweise auf dem famosen „Aqua Dementia“ vom Zweitling „Leviathan“. Ein weiterer Karrierebegleiter sind und waren Konzeptalben, die sich teilweise Themen widmeten, mit denen andere Bands ihre Laufbahn beerdigt hätten. So war das erwähnte „Leviathan“ eine abendfüllende Auseinandersetzung mit dem Element Wasser anhand des berühmten „Moby Dick“ Melvilles. Auch die anderen Alben sind konzeptuelle Auseinandersetzungen mit bekannten Elementen nach der griechischen Lehre.

Da aber die Alben durchgehend hochklassige Musik boten, wurde der Kult um das amerikanische Quartett immer größer und schon für den Vorgänger „Blood Mountain“ war der große Durchbruch erwartet worden. Jedoch lieferten MASTODON auch da noch sehr Verkopftes ab und so richtet sich der Fokus jetzt auf den Nachfolger „Crack The Skye“, die MASTODON’sche Auseinandersetzung mit dem nächsten Element, der Luft. Wobei die Geschichte darum eine leicht seltsame ist, wie Brann Dailor verlauten ließ: „Es geht um einen verkrüppelten jungen Mann, der mit Astralreisen experimentiert. Er steigt auf bis in den Weltraum, gerät zu nahe an die Sonne, bekommt seine goldenen Nabelschnur abgebrannt, fliegt in ein Wurmloch, wird in die geistigen Ebenen gestoßen, hat Gespräche mit Geistern über die Tatsache, dass er nicht wirklich tot ist und sie beschließen, ihm zu helfen. Sie bringen ihn in eine Weissagung, die von einer russisch orthodoxen Sekte des frühen 20. Jahrhunderts, genannt Klisti, durchgeführt wird, der auch Rasputin angehört. Im Wissen, dass Rasputin ermordet werden wird, tun sie den Geist des kleinen Jungens in den Körper Rasputins. Rasputin versucht den Thron des Zaren an sich zu reißen und wird von den Yusupovs ermordet, der Junge und Rasputin fliegen aus dem Körper Rasputins durch den Riss in den Himmel und kehren zurück. Rasputin bringt ihn sicher wieder in seinen Körper.“

Damit sollte textlich eigentlich alles klar sein. Kommen wir nun zur Musik. Erwartungsgemäß präsentieren sich MASTODON auch da schlicht und ergreifend abgefahren. Es gelingt den Amis, gleichzeitig völlig eigenständige Musik zu machen und doch bei den großen Vorbildern Inspirationen zu sammeln, zu bündeln und in die Gegenwart zu transportieren. Schwer zu beschreiben ist dieser seltsame Sound. Während die Band immer wieder und zu Recht auf die großen Vorbilder aus dem 70er Prog (KING CRIMSON, LED ZEPPELIN) verweist, kommen mir ständig zwei Namen in den Sinn: Zum einen natürlich NEUROSIS, deren große Fußstapfen MASTODON jetzt endgültig auch ausfüllen. Zum anderen PSYCHOTIC WALTZ, insbesondere das Frühwerk mit den unerreichten Klassikern „A Social Grace“ sowie „Into The Everflow“. Mit diesen teilen sie die Vorliebe für endlos viele Gitarrensoli, die mal in die Strophen, mal in konventionelle Soloparts und mal egal wohin gepackt werden. Dennoch – und hier wird das Album zum vielleicht wichtigsten Release des Jahres – präsentieren MASTODON hier sieben absolut stimmige, ja einfach klingende Songs. Mitten in all diesem Wahnsinn, der mit herkömmlichem Songwriting nur selten viel gemein hat, ergeben sich völlig stimmige, emotionale und mitreißende Gebilde, die eventuell zeigen, wie spektakuläres Songwriting in zwanzig Jahren einmal aussehen könnte.

Einzelne Songs heraus zu heben ist eigentlich überflüssig, da dich jeder Song auf seine eigene faszinierende Reise mitnimmt. Dennoch stechen schon durch ihre schiere Länge die beiden Monsterepen „The Czar“ sowie „The Last Baron“ heraus, die beide die Zehn-Minuten-Marke deutlich überschreiten. Endgültig mit diesen Songs sprengen MASTODON alle Ketten und lassen Emotionalität und Virtuosität wieder und immer wieder gegen einander laufen und sich verschmelzen, bis der Hörer ermattet und glücklich in den Seilen respektive dem heimischen Musiksofa hängt. So sehr der test of time dies noch erweisen muss: Hier könnten Jahrhundertsongs vom Schlage „Child in Time“; „Master of Puppets“; „Metropolis“ oder „Into The Everflow“ entstanden sein! Ich warte gelassen auf Widerspruch!

Das Fazit fällt kurz aus: MASTODON sind die derzeit aufregendste (weil auch noch durchgeknallteste) Band der harten Rockszene. Wer im Progbereich mitreden will, muss 2009 diese Scheibe a) kennen und b) eigentlich auch lieben!

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