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MASTODON - The Hunter

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Artist MASTODON
Title The Hunter
Homepage MASTODON
Label ROADRUNNER
Leserbewertung
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9.5/10 (2 Bewertungen)

MASTODON sind in den letzten Jahren vollkommen zu Recht zu kleinen Superstars der progressiven Rock-Szene geworden. Jedes ihrer bislang vier Alben war hochwertig, der 2009er Jahrgang „Crack the Skye“ gilt schon jetzt als absoluter Klassiker – auch das völlig zu Recht. „Crack the Skye“ markierte aber auch das Ende eines großen Zyklus: alle Scheiben von MASTODON waren Konzeptalben, die sich mit den Elementen der gleichnamigen griechischen Lehre auseinander setzten. Nun gibt es aber davon nur derer vier, die Thematik war mithin ausgereizt. Zudem ist ein Klassiker nicht nur erfreulich, sondern kann auch eine Last sein (gerne nachzufragen bei SLAYER mit ihren „Reign in Blood“ – Komplettaufführungen, die erste Veröffentlichung war 1986; gerne auch bei FATES WARNING und der Frage nach der Reunion mit John Arch, der Split war 1987). Wie also würde die Band diese Situation meistern?

Einfache Antwort: mühelos! Die Amerikaner lassen ihrer musikalischen und textlichen Spielfreude freien Lauf und gewinnen auf ganzer Linie! Dreizehn heftige und energetische Rocker statt der sieben progressiven „Crack the Skye“ Meisterwerke. Vielfach kann man bereits vernehmen, MASTODON spielen jetzt Classic Rock. Das sehe und höre ich nicht so. Diese Band hechelt keinem Genre und keiner anderen Band hinterher – MASTODON stehen vollkommen für sich selbst und klingen in jeder Note, in jedem Akkord und in jeder Strophe nur noch nach MASTODON. Wenn die Songs weniger sperrig sind, als auf den früheren Veröffentlichungen, klingen sie nach weniger sperrigen MASTODON. Sind die Songs nicht so sludgig wie früher, so klingen sie nach weniger sludgigen MASTODON. Sind die Stücke weniger progressiv als früher – nun ja…. Bei allem, was man so hört und liest über die weniger vertrackten, weniger progressiven neuen Songs: diese Band klingt auch 2011 nicht nach DEF LEPPARD oder BON JOVI. Die geliebten Trademarks der Amerikaner, die hyperenergetischen Gitarren, die ständigen, perfekten, wirbelnden Drum-Figuren, der saufette, aber nie zu durchsichtige Groove aus dem Bass sowie die wechselnden Sänger – all das ist unverändert vorhanden und verleiht auch dem „Hunter“ die typische Dynamik, die heuer lediglich etwas entspannter klingt.

Immer gefragt sind die stärksten und schwächsten Songs des Albums. Erstes Highlight ist für mich der Opener „Black Tongue“, der mit einem „South of Heaven“ Gedenk-Trommelwirbel startet (man höre die Anfänge der Songs gerne mal parallel, zumindest nacheinander). Es drängt sich schon früh der Gedanke auf, dass MASTODON in ihrer Diskographie „The Hunter“ mit dem legendären SLAYER Album vergleichen. „South of Heaven“ war seinerzeit eine Reaktion auf eine Veröffentlichung, die damals vorstellbare Extreme ausgereizt hatte: „Reign in Blood“. „The Hunter“ heute ist die Reaktion auf ein Album, das in Sachen Vertracktheit, die noch so gerade eben so hörbar ist, schlichtweg als genial betrachtet werden muss. Hätte es für eine Band, die sich schon aus Prinzip nicht wiederholen will, Sinn gemacht, direkt wieder ein Album mit 14-Minütern zu erschaffen? Scheinbar nicht. „Black Tongue“ mit seinen ständigen Trommelwirbeln, dem hochatmosphärischen und leicht bedrohlichen Chorus und dem förmlich in die Sätze drückenden Groove ist also nicht nur ein endgeiler (man verzeihe die sprachliche Laxheit) Song, sondern auch der ultimative Opener. Mit der folgenden, ersten Singleveröffentlichung „Curl of the Burl“ gelingt den Jungs ein seltenes Kunststück. Obwohl es sich um einen vergleichsweise leicht verdaulichen, für MASTODON Verhältnisse fast schon läppischen Song handelt, gefällt er mir von Mal zu Mal besser. Strange. Dies aber nur am Rande, zu meinen absoluten Highlights zählt das Teil nämlich nicht. In diese Schublade gehört dafür das enorm lässig betitelte „Octopus has no Friends“ (man erwarte von mir bitte keine Hinweise, welche Substanzen für eine solche Songnamensgebung notwendig sind). MASTODON präsentieren hier eine wahre Meisterschaft darin, eine hektische, vertrackte und sehr dynamische Strophenführung mit einem saumelodiösen und packenden Chorus zu kontrastieren. Toll! Für das nächste Stück „All the heavy Lifting“ kann ich im Prinzip 100%ig das gleiche sagen, nur der Titel ist nicht ähnlich kultverdächtig.

Der emotionale Höhepunkt, das Titelstück der Platte, das einem verstorbenen Familienmitglied gewidmete „The Hunter“, ist genau in die Mitte gestellt: vorher sechs Stücke, danach noch sechs Stücke ausstehend. Kein Stück der Scheibe (mit Ausnahme des Schlussjams „The Sparrow“) ist länger. Schlicht eine brillante, tieftraurige Rockballade ohne heftigen Ausbruch, dafür mit zig Gänsehautgitarrensolos. Sollte jeder Rockfan gehört haben. „The Sparrow“ sei hier zum Schluss genannt. Kein Stück dieser Scheibe versprüht mehr 70er Feeling. Langsam, halbakustisch sich aufbauend steigert sich die Nummer zu einem ekstatischen Jamrocker, der die Band als Individualisten an den Instrumenten noch mal kurz von der Kette lässt, um sie dann melancholisch wieder einzufangen. Großartig! Erwartungsgemäß liest sich die Mängelliste deutlich schneller: „Bedazzled Fingernails“ ist nicht nur ein schräger Titel, was wenig ausmachte. Der Song zündet einfach nicht wirklich. Nun gut, das ist zu verschmerzen angesichts der zwölf Perlen, die auch „The Hunter“ zu einem vollwertigen MASTODON Highlight machen.

Damit bin ich beim Fazit angelangt. „Crack the Skye“ bleibt unerreicht. Das ändert aber nullkommagarnix an der uneingeschränkten Kaufpflicht sowohl für dieses, wie auch für jedes andere MASTODON Werk. In ihrer Liga hat derzeit keine andere Band einen Platz. Absolute Musik Gourmets dürfen wetturteilen, ob „The Hunter“ oder COMMUNICs aktuelles Masterpiece die Scheibe 2011 ist, die Frage ist allerdings auch ein wenig versnobt. Besitzen MUSS man sie beide!

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